Gelsenkirchen/Budapest. Assan Ouedraogo ist Schalkes größtes Talent in der Knappenschmiede. Doch wie schnell ist der 17-Jährige ein Kandidat für die Profimannschaft?

Ganz ruhig legte sich Assan Ouedraogo den Ball auf den Elfmeterpunkt, nahm rund vier Meter Anlauf. Nichts weniger als den Europameistertitel für U17-Nationalmannschaften hatte er auf dem Fuß, im Elfmeterschießen gegen Frankreich stand es 4:4. Ouedraogo lief an, schoss mit dem rechten Fuß locker in die rechte Ecke - 5:4, Sieg, Titel, Goldmedaille, Pokal, Emotionen!

Ouedraogo ist bei seinem Heimatverein FC Schalke 04 mehr als ein Elfmeterheld in einem EM-Finale. Der 1,92 Meter große Mittelfeldspieler gilt als das größte Talent der Knappenschmiede, nur in den allerhöchsten Tönen wird über ihn gesprochen, er könnte der nächste "Große" werden, den Schalke herausbringt, heißt es oft - auch wenn alle bei den Königsblauen sehr darum bemüht sind, den Hype nicht zu groß werden zu lassen.

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Durch den EM-Titel und Ouedraogos gute Leistungen dürfte das aber schwer werden, was nicht nur am goldenen Elfmeter-Schuss lag. "Ouedraogo gilt als der Beste im 2006-Jahrgang", sagte Sky-Reporter Timo Schäfers nach dem entscheidenden Tor.

Doch wer ist Ouedraogo überhaupt? Das Fußball-Talent wurde ihm in die Wiege gelegt. Sein Vater Alassane Ouedraogo war Bundesliga-Profi, bestritt 62 Länderspiele für Burkina Faso und drei Afrika-Cups. Als 20-Jähriger war Ouedraogo im Jahr 2000 nach Deutschland gewechselt und spielte für den 1. FC Köln (2000 bis 2003), Rot-Weiß Oberhausen (2003 bis 2005), TuS Koblenz (2005 bis 2009), Rot-Weiss Essen (2010), Fortuna Köln (2010 bis 2012), SpVgg EGC Wirges (2012 bis 2015) und den VfB Speldorf in Mülheim an der Ruhr (2016 bis 2018). In Mülheim wurde im Jahr 2006 Sohn Assan geboren - und bei Union 09 Mülheim im Alter von fünf Jahren angemeldet. Drei Jahre spielte Assan für den kleinen Verein, dessen erste Mannschaft in der Kreisliga B spielt. Im Jahr 2014 folgte der Wechsel nach Gelsenkirchen, seitdem durchlief er sämtliche Jugendmannschaften auf Schalke.

Schalke-Talent Ouedraogo mit der S04-U17 2022 Meister

Als der heutige Sportvorstand Peter Knäbel im April 2018 als Knappenschmiede-Chef bei den Königsblauen begann, fiel ihm Ouedraogo schnell auf. Im Mittelfeld-Zentrum fühlt dieser sich wohl, er ist durch seine Körpergröße stets präsent, sehr zweikampfstark, was er im U17-EM-Finale vor allem in der hitzigen Endphase unter Beweis stellte. Außerdem zeichnet ihn eine große Torgefahr aus. In der Saison 2021/22 gehörte er als Stammspieler zu der Schalker U17, die den Meistertitel gewann - als junger Jahrgang.

Im November 2022 unterschrieb Ouedraogo bei den Königsblauen einen langfristigen Fördervertrag. Die Schalker haben die Option, diesen in einen bis Juni 2027 gültigen Lizenzspielervertrag umzuwandeln. Niemand zweifelt daran, dass S04 diese Option zieht. Laut Sport Bild beinhaltet der Vertrag eine Ausstiegsklausel, die im Sommer 2024 greifen würde und je nach Leistungsstärke des Spielers und des aufnehmenden Vereins bis zu 30 Millionen Euro betragen soll.

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Doch wie gehen die Schalker nun mit Ouedraogo um? Sie setzten ein Zeichen: Profi-Cheftrainer Thomas Reis schaute sich in Budapest das U17-Endspiel, in dem in Taylan Bulut auch ein zweiter Schalker zum Einsatz kam, persönlich an. Knäbel berichtete darüber, wie es zu der Entscheidung kam: "Thomas,Sportdirektor Andre Hechelmann und ich saßen mit Mike Büskens zusammen und haben überlegt, was das beste Zeichen wäre. Und wenn ein Cheftrainer der Profis vor Ort ist, signalisiert das den Jungs, dass sie gesehen werden."

Ist Ouedraogo schon jetzt einer für Schalkes Profis? In der vergangenen Saison spielte er schon für die U19, obwohl er noch für die U17 spielberechtigt gewesen wäre. In 13 Pflichtspielen gelangen ihm sieben Tore und zwei Vorlagen.

Schalke kündigt Gespräch mit Beratern und Norbert Elgert an

Knäbel will behutsam vorgehen - bei Ouedraogo und Bulut. "So ein Turnier macht etwas mit den Jungs, so ein Finale ist richtig emotional", sagte er. Was er damit meint: Es ist nicht so leicht, nach einem so großen Erfolg als Teenager auf dem Boden zu bleiben. Es saßen zahlreiche Scouts europäischer Spitzenklubs auf den Tribünen, denen die guten Leistungen nicht entgangen sein werden. "Nach dem Turnier", sagte Knäbel, "werden wir mit den Jungs, ihren Beratern und unserem U19-Trainer Norbert Elgert entscheiden, wie es weitergeht." Hohe Erwartungen hat er definitiv: "Das sind die Jungs, die bei uns sehr viel Perspektive haben."

Dass wenigstens Ouedraogo bei den Profis schon im kommenden Zweitliga-Jahr mindestens einige Male mittrainieren wird, steht indes fest. Trainer Reis hat schon angekündigt, ein paar Plätze im Training für Spieler aus der Knappenschmiede freizuhalten.

Aktuell erscheint es wenig wahrscheinlich, dass der U17-Elferheld schon kurzfristig im Profifußball auftaucht - unmöglich ist es aber nicht. Reis hat schon einmal in seiner Trainerkarriere einen Jugendspieler groß herausgebracht. Bei Ex-Klub VfL Bochum machte er Innenverteidiger Armel Bella-Kotchap in der Aufstiegssaison 2020/21 zum Stammspieler, als dieser gerade 18 Jahre alt war. Nur zwei Jahre später wechselte Bella-Kotchap zum FC Southampton nach England. Inzwischen ist er Nationalspieler.