Duisburg. Sportpersönlichkeiten wie Susi Wollschläger, Stefan Janßen, Dietmar Schacht und Bernard Dietz äußern sich zu Abstieg und Perspektiven.
Der Abstieg des MSV Duisburg aus der 3. Fußball-Liga bewegt die Menschen – darunter auch die übrigen Sportler Duisburgs. „Ich bin MSV-Fan seit...“, überlegt Eishockey-Stürmer Martin Schymainski und ergänzt dann, „... ach, seit ich Kind bin. Und mein Sohn ist auch MSV-Fan.“ Für den langjährigen DEL-Profi der Krefeld Pinguine, der inzwischen wieder für die Füchse Duisburg in der Oberliga aktiv ist, ist der Abstieg der Zebras eine Katastrophe. „Ich war in dieser Saison ein paar Mal im Stadion. Man muss einfach sagen, dass da einfach die Qualität gefehlt hat. Das klingt zwar hart, aber wenn man selbst Sportler ist, sieht man das“, so „Schymmi“. Was für den 38-Jährigen aber schlimmer ist, „dass da einfach der Biss, der absolute Kampfgeist gefehlt hat. Das war vielleicht phasenweise da, aber das ist viel zu wenig. Wenn du für so einen Traditionsverein spielst, dann musst du dich zerreißen.“
Nun hofft Schymainski darauf, dass die Zebras schnell wieder aufsteigen. „Aber die Regionalliga ist ein Haifischbecken. Man sieht es an anderen Vereinen, wie lange es dauern kann, wieder aufzusteigen. Der Kader braucht nun viel Qualität und Einsatzwillen“, so der Eishockey-Stürmer, der noch einmal in sich geht. „Regionalliga ist echt scheiße. Das war eigentlich auch schon die 3. Liga, denn für mich ist der MSV immer noch ein Verein, der gegen Dortmund und die Bayern spielt.“
Auch Susi Wollschläger ist Fußball-Fan. „Durch meine Mutter ist es für mich immer erst Bayern, aber dann kommt sofort der MSV“, sagt die Trainerin des Hockey-Bundesligisten Club Raffelberg und olympische Silbermedaillengewinnerin von 1992 in Barcelona. „Für eine Stadt, die sich gerne Sportstadt nennt, ist es schon traurig, dass wir im Fußball nun nur noch einen Viertligisten haben. Früher bin ich immer mit meinem Vater zu den Spielen des MSV gegangen. Damals durften die Kinder noch auf der Treppe der Tribüne sitzen, wenn ein Elternteil eine Karte hatte“, erinnert sich die Hockey-Fachfrau.
Eine Sache macht den Abstieg für sie besonders bitter: „Das war doch über Jahre abzusehen. Es war klar, dass es irgendwann passieren würde. Warum setzt man denn nicht mal auf die Talente aus dem eigenen Nachwuchsleistungszentrum? Die würden auf dem Platz alles geben, um für den MSV zu spielen. Aber stattdessen holt man ältere Spieler wie Daniel Ginczek, die woanders niemand mehr wollte. Ob sich auch strukturell etwas ändern sollte, kann ich nicht sagen. Aber ständig wurden immer nur die Trainer entlassen. Wie viele hat der MSV aktuell eigentlich auf der Payroll?“
Doch auch die verdienten Zebras aus erfolgreichen Tagen sind entsetzt. Hans Peter Mathei, zu alten Bundesliga-Zeiten Vorstandsmitglied, ehemaliger Handball-Chef und aktuell Mitglied des Ehrenrates sagt: „Ich bin jetzt 80 Jahre alt und schaue seit 75 Jahren Fußball. Als Kind bin ich an der Hand meines Vaters zu den Spielen gegangen. Es ist einfach entsetzlich. Das ist die schlechteste Mannschaft seit Jahrzehnten. Was haben Grlic und Heskamp nur für Spieler geholt? Es muss jetzt dringend etwas passieren. Ich werde auch in der Regionalliga zu den Spielen gehen.“
MSV-Ikone Bernard Dietz erklärt: „Der Abstieg tut sehr weh. Ich spüre einfach nur eine große Leere. Aber die negative Entwicklung hat sich doch über Jahre hingezogen. Es wurde immer schlimmer. Ich habe es schon öfter gesagt: Wie kann ein Verein wie der SC Verl über uns stehen. Wir müssten doch viel mehr Möglichkeiten haben. Ich verstehe auch die Kaderplanung der letzten Jahre nicht.“
Ralf Kessen ist jemand, der für die Zebras spielte, nachdem sie 1986 in die damals drittklassige Oberliga abgestürzt und 1987 Amateurmeister geworden waren. „Du brauchst jetzt Spieler, die wissen, für welchen Verein sie da auflaufen. Ich bin heute noch stolz darauf, für den MSV gespielt zu haben“, sagt der 63-Jährige. „Jedem muss klar sein, dass es für die Gegner ein Highlight sein wird, gegen den MSV zu spielen. Daher muss der MSV Spieler haben, die noch motivierter sind. Du brauchst Spieler wie Marvin Knoll, die auch mal die nötige Härte reinbringen. Nur mit Fußballspielen steigst du nicht wieder auf. Und nur mit Ballhochhalten hätten auch wir es 1989 nicht geschafft“, so Kessen.
Kessen plädiert für Leute, die sich in der Regionalliga auskennen: „Du brauchst Leute wie Moritz Stoppelkamp, Dietmar Hirsch und Uwe Weidemann. Wenn nicht viel Geld da ist, musst du gut scouten. Ich sage, mit gutem Scouting hätte man nur mit Spielern aus den Regionalligen ein besseres Team formen können als das der nun zu Ende gehenden Saison.“ Kessen, der im Amateurbereich über ausreichend Erfahrung als Trainer und Sportlicher Leiter verfügt sagt: „Ich bin niemand, der Ingo Wald die Hauptschuld zuschiebt. Er stellt Leute für den Job des Sportlichen Leiters und des Trainers ein. Die werden dafür bezahlt, dass es sportlich läuft. Die Aufgabe des Vorsitzenden ist es, dafür zu sorgen, dass es wirtschaftlich läuft.“ Und Kessen betont: „Ich bin niemand, der nachtritt, wenn jemand auf dem Boden liegt. Ich werde am Wochenende zum MSV gehen. Und ich werde in der kommenden Saison zum MSV gehen.“
Auch Stefan Janßen will seinem Verein die Treue halten. „Ich bin im nächsten Jahr 50 Jahre Mitglied, habe 15 Jahre aktiv für den MSV gespielt, er bleibt für immer mein Verein“, sagt der mehrfache Duisburger Trainer des Jahres, der mit dem VfB Homberg in der Oberliga gerade auf einer Erfolgswelle reitet, die emotional aber kontrastiert wird von seiner Enttäuschung über die Zebras. „Mir blutet das Herz. Ich hätte mir gewünscht, dass mir Ennatz Dietz im nächsten Jahr die goldene Nadel überreicht, wenn wir Zweitligist sind. Jetzt ist es die 4. Liga. Bitter, bitter, bitter“, so Janßen, der 1989 an der Seite von Ewald Lienen, Michael Tönnies und Uwe Kober zum erweiterten Zweitligakader gehörte.
Von ungefähr kommt die Entwicklung für ihn nicht. „Es ist sportlich so, dass die schlechteste MSV-Mannschaft aller Zeiten verdient abgestiegen ist, das muss man leider so sehen. Die Fans haben mehr verdient, die Menschen in unserer Stadt und alle, die es mit dem MSV halten. Ich persönlich glaube, dass selbst Jürgen Klopp mit dieser Mannschaft nicht den Klassenerhalt geschafft hätte, weil einfach die Spieler zu schlecht sind und die Zusammenstellung überhaupt nicht gepasst hat“, so Janßens hartes Urteil. Doch aufgeben mag er die Zebras noch längst nicht: „Wir in Duisburg sind es gewohnt, zu kämpfen, aufzustehen und nie liegen zu bleiben. Unsere Mentalität ist es, anzupacken und zu unserem Verein zu halten. Ich hoffe, dass nun neue Spieler kommen, die Bock haben, den Rasen umzupflügen und das Stadion zum Beben zu bringen, so dass wir nicht wie andere Traditionsvereine elf oder 13 Jahre in der 4. Liga ertragen müssen.“
Dietmar Schacht richtet den Blick nach vorn. Der Laarer, der seine ersten Profijahre beim MSV verbracht hat und später dort zum Trainerstab gehörte, blickt optimistisch auf die personelle Entwicklung hinter den Kulissen: „Ich finde es gut, dass Michael Preetz auch in der Regionalliga weitermacht. Total richtig ist, dass im Präsidium ein Neuanfang stattfinden soll mit Thomas Maaßen und Kai-Uwe Otto, der ein absoluter Fachmann im Fußball ist, sich sehr gut auskennt und sehr gut vernetzt ist. Wenn man jetzt Toto Wohlert noch mit dazuholen möchte, der schon in Berlin mit Preetz zusammengearbeitet hat und MSV-Stallgeruch hat, finde ich das sehr positiv.“
Viel Zeit haben die Entscheider aus seiner Sicht nicht. „Man muss versuchen, schnellstmöglich eine spielstarke Mannschaft zusammenstellen, die direkt im nächsten Jahr wieder hochgeht. Als MSV zwei Jahre in der Regionalliga? Das geht nicht. Aber ich bin zuversichtlich, dass das klappt. Trainer wird ja, wie ich gehört habe, zu 90 Prozent Dietmar Hirsch. Auch das wäre eine gute Entscheidung. Er kennt die Regionalliga, er weiß, wie eine Mannschaft dort spielen muss.“