Duisburg. Der MSV Duisburg wird in die Regionalliga sbteigen. Wie konnte es für den Traditionsverein nur so weit kommen? Die Chronik des Untergangs.
Als Gründungsmitglied der Fußball-Bundesliga erlebte der MSV Duisburg 28 Spielzeiten in der höchsten Spielklasse. Nun erleidet der Klub den tiefsten Fall in seiner 122-jährigen Vereinsgeschichte. In dieser Saison ist der Abstieg nur noch Formsache, das Heimspiel des MSV Duisburg heute gegen den SV Sandhausen (14 Uhr) gehört zur Drittliga-Abschiedstour. Der Absturz deutete sich an. Es ist der Tiefpunkt einer jahrelangen Fehlentwicklung. Die Meilensteine des Niedergangs zusammengefasst:
12. Mai 2019: Heimniederlage gegen Heidenheim sorgt für den Zweitliga-Abstieg
Sie kämpfen bis zum Schlusspfiff, holen dreimal einen Rückstand auf. Es reicht am Ende dennoch nicht: Mit einer 3:4-Heimpleite gegen den FC Heidenheim ist der Zweitliga-Abstieg des MSV besiegelt. Die Duisburger machen ihrem Ruf als Fahrstuhl-Mannschaft alle Ehre.
+++MSV steht mal wieder am Abgrund - Dietz ist beunruhigt+++
1. Juli 2020: Aufstiegschancen verpuffen im Spiel beim FC Bayern München II
Zweimal führt der Drittligist MSV Duisburg beim Spitzenreiter FC Bayern München II. Zweimal gleicht der Tabellenführer wieder aus. Es sind die entscheidenden Punkte, die den Zebras fehlen, um sich am Ende der Corona-Saison den Relegationsplatz im Aufstiegsrennen zu sichern. Dabei war das MSV-Team am 32. Spieltag noch souveräner Tabellenführer.
10. November 2020: Trennung von Torsten Lieberknecht – der Beginn des Trainerkarussells
Kontinuität und der MSV Duisburg – das passt in den vergangenen Jahren nicht zusammen. Seit Torsten Lieberknecht (2018 bis 2020 im Amt) ist die Fluktuation hoch: Nur ein Trainer macht die zwölf Monate voll. Zählt man Uwe Schubert, Leiter des Nachwuchsleistungszentrums und Feuerwehrmann par excellence für den MSV, mit, werden es in den nächsten vier Jahren acht weitere Trainer sein.
5. April 2023: Streit mit Hauptsponsor Schauinsland-Reisen
Angebahnt haben sich die Streitigkeiten schon in der Winterpause 2022: Andreas Rüttgers, Touristikleiter bei Schauinsland-Reisen und Repräsentant des Duisburger Hauptsponsors, ist unzufrieden mit der Personalpolitik des MSV und übt öffentlich Kritik an Sportchef Ralf Heskamp. Der Höhepunkt: Im April 2023 kündigt der Reiseanbieter an, seine Unterstützung für die Zebras nach über zehn Jahren einzustellen. Für den hochverschuldeten Revierklub eine Katastrophe. Doch beide Seiten schaffen die Wende, Verein und SLR versöhnen und einigen sich auf den Verzicht auf eine Darlehensforderung samt Zinsen in Höhe von knapp sechs Millionen.
MSV Duisburg: Heskamp versagt bei der Kaderplanung
1. Juli 2023: Moritz Stoppelkamp und die verfehlte Personalpolitik
Der hohe Trainerverschleiß spiegelt sich bis heute auch in der Spielidee wider – beziehungsweise im Fehlen ebendieser. So wirkt der Auftritt der Duisburger nicht nur in der aktuellen Saison oftmals planlos. Hinzu kommt die verfehlte Personalpolitik: Alexander Esswein, Daniel Ginczek, Marvin Knoll – große Namen sollten beim großen MSV Duisburg für den Aufschwung sorgen, gehen musste dafür vor der aktuellen Saison Moritz Stoppelkamp, Ex-Kapitän und Torgarant. Bei Regionalligist Rot-Weiss Oberhausen fand der gebürtige Duisburger ein neues Team, wurde zum Toptorschützen und erzielte in dieser Saison bisher 13 Tore. Ein Knipser, den die Zebras bis heute schmerzlich vermissen. Beste Torschützen der Duisburger sind aktuell die Verteidiger Niklas Kölle (5 Tore) und Sebastian Mai (4 Tore).
+++Lesen Sie auch: MSV-Aufreger des Jahres: Rüttgers, Heskamp, Stoppelkamp+++
1. Oktober 2023: Trennung von Sportchef Ralf Heskamp
Nach 17 Monaten endet die Amtszeit von Ralf Heskamp in Duisburg. Als Präsident Ingo Wald den Abgang von Stoppelkamp öffentlich als Fehler bezeichnet, fühlt sich Heskamp endgültig angegriffen. Nachdem Ulf Schott zum Kaderplaner ernannt wird, wütet Heskamp: „Ich habe gerade gehört, wie Entscheidungen hier getroffen werden. Das ist nicht zum ersten Mal. Immer hintenrum, das ist nicht fair.“ Fest steht jedoch, dass seine Kaderplanung nicht aufging.
MSV Duisburg schafft die Wende nicht mehr
07. April 2024: RWE besiegelt den Absturz
Ausgerechnet bei Rot-Weiss Essen. Ausgerechnet im Derby gegen den anderen Drittliga-Revierklub wird im ausverkauften Stadion an der Hafenstraße der Untergang mit einem deutlichen 1:4 so gut wie besiegelt. Die RWE-Fans stimmen Schmähgesänge an: „Ihr fahrt nach Wuppertal“ und „Absteiger“. Die Demütigung ist perfekt.
23. April 2024: Gleichgültigkeit und Spott statt Trauer und Frust
Besonders bitter: Bei den Anhängern des MSV Duisburg wurden der Frust, die Trauer und die Wut von etwas noch Schlimmeren abgelöst, nämlich Spott und Gleichgültigkeit. Mit einer Parodie auf den in die Jahre gekommenen, aber seit einiger Zeit wiederauferstandenen Hit der Flippers „Wir sagen Dankeschön“ reagieren die Zebra-Anhänger auf den Abschied aus dem Profifußball. „Wir fahren nach Gladbach, Köln und Schalke. Doch leider nur gegen die Zweite.“