Madrid. Das Hinspiel in Madrid geht mit 1:2 verloren. Borussia Dortmund kann aber noch vom Halbfinale in der Champions League träumen.
Plötzlich wurde es auf der einen Seite des Metropolitano so richtig laut, die in den knapp 80 Minuten zuvor einfach übertönt worden ist. „Unser ganzes Leben, unser ganzer Stolz“ sangen die Fans von Borussia Dortmund voller Inbrunst, die sich zuvor nur selbst feiern konnten und im Vergleich zum frenetischen Heimpublikum von Atlético Madrid dabei in großer Unterzahl waren.
Aber vielleicht werden sie die sein, die am Ende lachen. Denn der eingewechselte Sebastien Haller brachte am späten Mittwochabend noch einmal neue Hoffnung. Der BVB-Stürmer bekam in der 81. Minute den Ball von Julian Brandt in den Strafraum gespielt. Dabei stand der Ivorer mit dem Rücken zum Tor, drehte sich um die eigene Achse – und wuchtete die Kugel zum Anschlusstor ins Netz.
Der BVB verlor dieses Spiel, in dem er vor 70.000 Zuschauerinnen und Zuschauern über weite Strecken hoffnungslos unterlegen war, nach Toren von Rodrigo de Paul (4.) und Samuel Lino (32.) zwar mit 1:2 (0:2), doch er hat im Viertelfinal-Rückspiel am kommenden Dienstag (21 Uhr/Prime) noch alle Chancen auf das Champions-League-Halbfinale.
Im Vergleich zum 0:1 gegen den VfB Stuttgart nahm Trainer Edin Terzic eine Änderung in der Startelf vor: Mittelfeldspieler Felix Nmecha bekam eine Chance für Julian Brandt, der nach einer Erkankung in den vergangenen Wochen schwer um seine Form kämpfen musste, aber bei Dortmund gesetzt war. Der zuletzt kränkelnde Kapitän Emre Can war rechtzeitig fit geworden und beackerte das defensive Mittelfeld.
BVB: Mats Hummels erreicht einen Meilenstein
Mats Hummels erreichte derweil einen Meilenstein: Der 35-Jährige absolviert im Metropolitano sein 500. Pflichtspiel für die Borussia. Die vereinsinterne Bestmarke von Michael Zorc (572) dürfte er nicht mehr übertreffen. Mit Saisonschluss endet der aktuelle Vertrag des Innenverteidigers, der im Dezember 36 Jahre alt wird. Ob der Weltmeister von 2014 sich ähnlich wie im vergangenen Sommer wieder überreden lässt und seine bewegte Profi-Karriere, in der er mit dem BVB zweimal Deutscher Meister wurde, noch ein weiteres Jahr fortsetzt, bleibt vorerst offen.
In seiner Laufbahn hat Hummels schon in diversen Hexenkessel gespielt, das Metropolitano allerdings dürfte in der Lautstärkepegel ganz vorne dabei sein. Jeder gewonnene Zweikampf, ach: jeder gelungene Pass wurde frenetisch bejubelt.
Hitzige Atmosphäre erdrückt den BVB bei Atlético
Diese hitzige Atmosphäe setzte den Dortmundern von der ersten Sekunde an zu, erdrückte sie fast. Obendrauf kam das aggressive Atlético-Pressing, mit dem sich der BVB traditionell schwer tut. Das 1:0, nur eine Frage der Zeit. In diesem Fall: vier Minuten. Da spielte Torwart Gregor Kobel einen höchst schlampigen Pass auf Ian Maatsen, der den Ball in der Mitte Rodrigo de Paul überlassen musste. Der Argentinier schob dankend zum 1:0 ein.
Und so ging es weiter. Madrid war stets einen Schritt schneller, im Kopf wie mit den Füßen – der BVB indes überfordert. Kobel erhielt rasch die Chance, seinen Fehler mit einer feinen Flugparade nach einem Schuss des Ex-Dortmunders Axel Witsel wettzumachen (8.). Nico Schlotterbeck blockte in höchster Not gegen Antoine Griezmann (20.). Die Borussia wackelte dramatisch.
Atlético ließ dann etwas Gnade walten, den BVB mal durchpusten, der selbst keine Ideen hatte, wie er denn über die Mittelline kommen wollte. Madrids Keeper Jan Oblak musste nur kurz vor der Pause (43.) nach einem wuchtigen Distanzschuss von Maatsen eingreifen.
BVB gegen Atlético: Slapstick-Gegentor nach Patzer
Da aber schien die Partie schon so gut wie entschieden, es stand ja schon 2:0. Hummels und Schlotterbeck standen sich in der 35. Minute gegenseitig im Weg. Eine Slapstick-Aktion, aus der Griezmann Profit schlagen konnte. Er hob den Ball dann mit feiner Technik auf Lino rüber, der platziert in die rechte Ecke schoss.
Es ging danach für Dortmund nur nach darum, den Schaden in Grenzen zu halten. Immerhin stabilisiert der BVB sich nach der Pause ein wenig, er bemühte sich auch um Offensivaktionen, wenngleich er zunächst keine zustande brachte.
Aber Dortmund zeigte Moral, stemmte sich gegen die Vorentscheidung im Viertelfinale. Der BVB konnte sich auch bei Torwart Kobel bedanken, der gegen Lino rettete (75.). Später auch bei Hummels.
Und natürlich bei Haller, der nach einer Stunde für den überforderten Füllkrug in die Partie kam – und womöglich seinen wichtigsten Treffer im schwarz-gelben Trikot erzielte. Danach traf der ebenfalls ins Spiel gekommene Jamie Bynoe-Gittens noch die Latte, genauso wie Brandt in der Nachspielzeit. Nun schwankte plötzlich Atlético. Zum einem Remis aber reichte es nicht mehr.