Dortmund. Alexander Meyer überzeugt im BVB-Tor als Vertreter von Gregor Kobel. Für Sportdirektor Sebastian Kehl wäre er bei anderen Klubs die Nummer eins.
Eine gefährliche gegnerische Kopfballablage im Strafraum, Alexander Meyer bringt sich schon in Position. Er trippelt kurz vor der Torlinie nach links, fokussiert dabei stets den Ball, den Frankfurts Omar Marmoush dann aus sieben Metern mit voller Wucht halbhoch aufs Tor schießt. Meyer wehrt die Kugel in leichter Rücklage mit beiden Händen zur Seite ab, verhindert mit einer Glanzparade einen erneuten Rückstand. Der Ersatztorwart von Borussia Dortmund überzeugt als Vertreter des angeschlagenen Gregor Kobel – wieder einmal. Sportdirektor Sebastian Kehl lobt den 32-Jährigen nach dem 3:1-Sieg, durch den der BVB auf Champions-League-Kurs bleibt: „Alex hat eine unglaubliche Stabilität.“
Die Konstanz, mit der Meyer seine Rolle ausfüllt, wenn seine Mannschaft ihn als Schlussmann braucht, bleibt der Konkurrenz natürlich nicht verborgen. Meyer, dessen Vertrag beim BVB bis Sommer 2025 gültig ist, betreibt mit seinen Auftritten zwangsläufig auch Werbung für einen Job bei einem anderen Verein. Ist er aktuell die beste Nummer zwei der Liga? „Ja“, meint Kehl. „Ich glaube, dass Alex mit seinen Leistungen und seinen Fähigkeiten bei anderen Klubs auch die Nummer eins wäre.“ Meyer selbst sagt über seine Situation: „Ich bin sehr zufrieden hier. Andererseits bin ich auch immer ambitioniert.“ Ein Ziel, das er verfolgt, ist eine möglichst lange aktive Karriere: „Ich hätte nichts dagegen, wenn ich bis 38, 39 auf diesem Niveau spielen könnte.“ Dieser Wunsch ist auch darauf zurückzuführen, dass seine Profi-Laufbahn als Spätstarter erst mit 26 begann.
Meyer erlitt drei schwere Verletzungen
In den Jahren zuvor hatte er Rückschläge hinnehmen müssen, nach denen andere ihren Fußballer-Traum vielleicht schon aufgegeben hätten. So zog er sich der gebürtige Schleswig-Holsteiner als 18-Jähriger, während seiner Zeit beim Hamburger SV, eine schwere Schulterverletzung zu, die ihn zu einem Jahr Pause zwang. Er hatte auf einen Profi-Vertrag beim damaligen Europapokal-Teilnehmer HSV gehofft, doch daraus wurde nichts. Als Torwart des Regionalligisten TSV Havelse verletzte er sich anschließend erneut an der Schulter, musste wieder zehn Monate aussetzen. Das Pech schien ihn zu verfolgen, denn im ersten Spiel nach seiner Rückkehr blieb er kurz vor Schluss im Rasen hängen. Diagnose: Knorpelschaden im Knie. Wieder sechs Monate raus. Eine einzige Leidensgeschichte.
Auch aufgrund dieser bitteren Erlebnisse beschloss Meyer, noch mehr auf seine Gesundheit zu achten. Als Profi des damaligen Zweitligisten Jahn Regensburg begann er die Zusammenarbeit mit Privattrainern, unter anderem in den Bereichen Fitness und Ernährung. „Auch in Dortmund habe ich mir ein Netzwerk aufgebaut“, sagt Meyer. „Ich kenne meinen Körper besser als mit Anfang 20, habe nebenbei meine Leute, mache viel in den verschiedenen Bereichen, weil ich einfach das Maximum rausholen möchte. Deswegen investiere ich viel. Für mich ist der Körper das Kapital.“
Am Ostersamstag wartet der FC Bayern
Meyer kann aufgrund seiner eigenen Historie nur allzu gut nachvollziehen, was Kobel empfindet, wenn er immer wieder ausfällt: „Ich weiß, wie man sich fühlt, das ist nicht schön. Aber Greg macht viel für sich und wird auch wieder auf die Beine kommen.“ Allerdings verpasste der 26-Jährige wegen Muskelproblemen vier der letzten sechs Partien. Trotz seines Fehlens im Frankfurt-Spiel am vergangenen Wochenende reiste er zunächst zur Schweizer Nationalmannschaft, ehe am Mittwoch eine Wende folgte. Der Schweizer Verband teilte mit, Kobel solle „nach Absprache zwischen dem BVB und dem SFV keine weiteren Risiken eingehen“. Er kehrte also zurück zu den Dortmundern, für die am Ostersamstag (18.30 Uhr/Sky) der Liga-Klassiker beim Tabellenzweiten Bayern München ansteht.
Dort verloren die Borussen ihre acht vergangenen Pflichtspiele mit insgesamt 31 Gegentoren. Meyer hofft auf ein Ende dieser BVB-Schreckensserie: „Wir wollen uns ein Erfolgserlebnis holen und den Bock sozusagen umstoßen. Wir werden uns gut vorbereiten.“ Das gilt selbstverständlich auch für Meyer selbst, der ja noch nicht wissen kann, ob er vielleicht wieder im Tor stehen muss. Er versichert selbstbewusst: „Die Leute können sich auf mich verlassen. Aber das ist ja auch meine Aufgabe. Wenn man einen Vertrag bei Borussia Dortmund hat, weiß man um seine Verantwortung.“ Alexander Meyer will dieser auch weiterhin gerecht werden.