Frankfurt/Main. Fünf Neue können im März bei Bundestrainer Julian Nagelsmann vorspielen. Taugen sie zu mehr als nur Kaderfüller zu sein?
Die Hoffnung der kommenden Tage trug Deniz Undav in weißen Buchstaben auf einem blauen Kapuzenpulli durch Frankfurt. „Just a kid with a dream“, zu Deutsch: „Bloß ein Kind mit einem Traum.“ In diesem Fall von der Nationalmannschaft, sogar von der Europameisterschaft im Sommer. Nachdem Alexander Pavlovic erkrankt abgesagt hat, kann sich noch ein Quintett Neulinge um Undav am Samstag in Lyon gegen Frankreich (21 Uhr/RTL) und drei Tage später in Frankfurt gegen die Niederlande (20.45 Uhr/ZDF) für Höheres empfehlen. Taugen sie als Kader-Füller? Oder werden sie vielleicht sogar die fehlende Puzzlestücke in den EM-Planungen von Bundestrainer Julian Nagelsmann?
Deniz Undav (27, VfB Stuttgart): Den ersten Gruß des Platzhirsches sendete Niclas Füllkrug Mitte Februar, als er auf seine DFB-Torquote von elf Tore in 13 Spielen aufmerksam machte. „Da weiß ich nicht, nach was man sucht?“, meinte der Mittelstürmer von Borussia Dortmund. Jemandem, der in 13 Spielen 25 Tore macht? Den findet man nicht in Deutschland.“ Willkommen! Undav, der Mann mit dem Traum, immerhin erzielte 14 Treffer für Überraschungsteam Stuttgart, wirkt noch unbekümmert – ähnlich wie Füllkrug vor anderthalb Jahren, als dieser zum WM-Hoffnungsträger wurde.
Der BVB-Profi aber geht mit einem Vorsprung in das Angreifer-Duell, als Wandspieler spricht für ihn auch Größenvorteil (1,89 Meter zu 1,79 Meter). Undav nimmt es sportlich. „Nur weil ich jetzt zwei Vorlagen gegeben habe“, sagt er, „heißt es nicht, dass ich Stammspieler sein muss.“
DFB-Team: Stuttgart müssen sich in Hierarchie einordnen
Waldemar Anton (27, VfB Stuttgart): Im Klub trägt Waldemar Anton als Kapitän große Verantwortung, im Kreis der Nationalelf wird sich Anton zunächst in die Innenverteidiger-Hierarchie einordnen müssen. Antonio Rüdiger von Real Madrid und Bayer Leverkusens Jonathan Tah sind laut „erstmal gesetzt“. Allein ja schon, weil Anton die Erfahrung aus engen Champions-League-Abenden fehlt. Dass der Stuttgarter den Vorzug vor den drei arrivierten Dortmunder Innenverteidigern Mats Hummels, Nico Schlotterbeck und Niklas Süle erhielt, ist als Vertrauensvorschuss von Nagelsmann zu werten.
Maximilian Mittelstädt (27, VfB Stuttgart): Noch ein Versuch für die Problemposition. Seit Philipp Lahms Abschied vor zehn Jahren suchen Bundestrainer nach fähigen Linksverteidigern und haben seitdem niemanden gefunden, der zu mehr als einer Notlösung taugt – auch nicht Offensivkünstler Kai Havertz. Der dritte neue VfB-Profi kündigte da schon mal forsch an: „Klar traue ich mir zu, der Mannschaft auch in der Startelf weiterzuhelfen.“ Seine Konkurrenten sind die Leipziger Benjamin Henrichs und David Raum. Nagelsmann hält große Stücke auf Mittelstädt und lobte ihn jüngst als „statistisch einer der Top vier Linksverteidiger in Europa“.
Nur Außenseiterchancen für Ex-BVB-Talent Jan-Niklas Beste
Jan-Niklas Beste (25, 1. FC Heidenheim): Und es gibt in Person von Jan-Niklas Beste noch einen weiteren Bewerber für den Platz als linker Außenverteidiger. Beste wurde einst in der Jugendabteilung des BVB ausgebildet und ist Heidenheims erster Nationalspieler. Dessen Nominierung ist insbesondere ein Zeichen gewesen: Nicht nur große Vereinsnamen sollen bei Nagelsmann nicht zählen, auch wer in der Fußball-Provinz überzeugt, wird gesehen. Doch der 25-Jährige hat nur Außenseiterchancen.
Maximilian Beier (21, TSG Hoffenheim): Ein Duell zwischen Undav und Füllkrug? Vielleicht mischt ja auch Beier noch mit, der antrittsstarke Hoffenheimer nämlich ist in dieser Saison der zweitbeste deutsche Torjäger der Bundesliga – vor Füllkrug. Und dann gibt es ja auch noch Thomas Müller und Havertz. Zudem wird in der Offensive ein Platz freigehalten für den derzeit gesperrten Leroy Sané. Es droht ein Härtefall.
DFB-Team: Auch Aleksandar Pavlovic bleibt EM-Kandidat
Das liegt auch daran, dass die Europäische Fußball-Union die Turnier-Kader wieder auf Normal-Größe geschrumpft hat. Um drei Spieler, wenn man Pavlovic hinzurechnet, müsste das jetzige Aufgebot noch reduziert werden. Auch Münchens Senkrechtstarter, der so etwas wie ein Joker in Nagelsmanns Planungen ist, hat noch alle Chancen. Weil es einen Spielertypen mit den Fähigkeiten des 19-Jährigen im deutschen Fußball nicht so häufig gibt, bleibt Pavlovic auch ohne Einsatz im März ein EM-Kandidat.
Gesucht wird ja ein „Worker“ im defensiven Mittelfeld, der sich selbst nicht zu wichtig nimmt und Rückkehrer Toni Kroos sowie Ilkay Gündogan den Rücken freihält. Es dürfte auf einen Drei-Kampf mit Robert Andrich von Bayer Leverkusen und Premier-League-Legionär Pascal Groß (Brighton & Hove Albion) hinauslaufen.
Bis dahin ist für alle träumen weiterhin erlaubt.