Dortmund. Der Schweizer ist in dieser Saison der konstanteste Dortmunder Profi. Nun muss der Klub noch seine Verletzungen in den Griff kriegen.
Nico Schlotterbecks Kommentar war kurz und treffend: „Die Wand vor der Wand.“
Gemeint ist einerseits die Südtribüne des Dortmunder Stadions. Ein Sehnsuchtsort vieler Fußballfans, denen es so wichtig ist, einmal auf den grauen Betonstufen zu stehen, wie es anderen vielleicht ist, einmal im Leben nach New York zu fliegen. An bestimmten Flutlicht-Abenden kann sie Spiele mitenscheiden, ohne selbst Tore zu schießen.
Die andere Wand, auf die Borussia Dortmunds Innenverteidiger anspielte, als er Gregor Kobels Foto vor der Südtribüne bei Instagram kommentierte, war der Schweizer selbst. In der zweiten Halbzeit des Achtelfinal-Rückspiels in der Champions League gegen die PSV Eindhoven (2:0) zeigte der 26-Jährige einen besonderen Reflex, als Johan Bakayoko Abwehrspieler Mats Hummels düpierte und aus spitzem Winkel abzog. Doch Kobel streckte rechtzeitig die Hand in die Luft und wehrte den Ball ab.
BVB: Gegen Eintracht Frankfurt starten wichtige Wochen
Auch in der restlichen Bundesliga-Saison, die am Sonntag mit dem Heimspiel gegen Eintracht Frankfurt (17.30 Uhr/DAZN) beginnt und auf das nach der Länderspielpause die Top-Duelle mit Bayern München, Bayer Leverkusen, dem VfB Stuttgart und RB Leipzig folgen, benötigt der BVB einen herausragenden Schlussmann, eine Wand, um die erneute Qualifikation für die Königsklasse abzusichern. „Gegen Frankfurt ist es aber extrem wichtig, dass wir mit einem Sieg in die Länderspielpause gehen“, sagte Trainer Edin Terzic am Freitag. „Danach geht es intensiv weiter.“
Zuvor geht auch darum, die Eintracht auf Distanz zu halten. Die Frankfurter jedenfalls haben sich viel vorgenommen. „Wichtig ist, den Mut zu haben, selbst rauszuspielen. Im Spiel gegen den Ball hat Dortmund die eine oder andere Anfälligkeit“, erklärte Trainer Dino Toppmöller. „Wir werden uns deshalb nicht verstecken, können aber auch nicht 90 Minuten geradeaus gehen.“
Besonders auf seinen Torhüter kann sich Terzic in dieser Saison verlassen. Er ist der konstanteste Profi im Kader, hat dem Klub schon etliche Punkte gerettet und trug auch in der Königsklasse seinen Teil dazu bei, dass der BVB in der Runde der letzten Acht steht.
BVB: Gregor Kobel ist auch ohne Kapitänsbinde Führungsspieler
Als im Sommer ein Nachfolger für Marco Reus als Kapitän gesucht worden ist, war auch Kobel mit in der Verlosung. Terzics Wahl fiel zwar auf Emre Can, doch das hält den Schweizer nicht davon ab, als Führungsspieler voranzugehen. Fast nach jeder Partie stellt er sich den Medien. In Dortmund sagen sie ihm eine hohe Identifikation mit dem Klub nach, nicht umsonst waren sie stolz, dass Kobel im Herbst seinen 2026 auslaufenden Vertrag vorzeitig um zwei Jahre verlängert hat – trotz Offerten von europäischen Spitzenklubs. „Wir wissen, dass wir auf dieser Position extrem gut besetzt sind“, meinte Terzic. „Wenn wir in den Schlussspurt gehen, wollen wir alle auf dem Peak haben.“
In Zahlen lässt sich das auch belegen. Von den Stammkeepern der Liga hielt bis zum 26. Spieltag nur Leverkusens Lukas Hradecky (80,2 Prozent aller Schüsse) besser als Kobel (74 Prozent). Eine andere Statistik, in der Kobel vor Hradecky liegt, zeigt, dass der 26-Jährige international zur absoluten Torhüter-Elite gehört. Rund fünf Gegentore weniger hat Kobel zugelassen als er hätte laut Expected Goals eigentlich hätte kassieren müssen. In Europa liegt er damit auf Rang zwölf. Einziger Keeper eines Top-Klubs, mit denen sich der BVB im Gegensatz zu Mittelfeld-Teams vergleichen lässt, vor ihm: Gianluigi Donnarumma von Paris Saint-Germain mit einem Wert von knapp 9. Hinter Kobel liegt damit auch Inter Mailands Yann Sommer, der vor dem Dortmunder die Nummer eins der Schweizer Nationalelf ist.
BVB will aus Verletzungsproblemen bei Gregor Kobel lernen
Doch zur Saison von Kobel gehört auch, dass er – ungewöhnlich für einen Torhüter – immer wieder mit kleineren Verletzungen aus der Bahn geworfen wird, zuletzt hat er drei Partien aufgrund von Muskelproblemen verpasst. „Wir gehen dem auf den Grund, es geht darum, aus der Vergangenheit zu lernen“, sagte Terzic. „Wegen seiner Verletzungen sind wir mit der medizinischen Abteilung in einem engen Austausch. Wir sind auf einem richtig guten Weg und zuversichtlich, dass er jetzt gesund bleibt. Gregor geht damit sehr gut um.“ Wie es sich für einen Führungsspieler und Leistungsträger gehört.