Augsburg. Der BVB geht nach dem Patzer der Bayern und dem 3:0-Sieg in Augsburg als Tabellenführer in den letzten Spieltag. Meistertitel zum Greifen nah.
Knapp eine Stunde lang hatten sich die Emotionen unter den Fans von Borussia Dortmund aufgestaut – dann entluden sie sich in einer einzigen schwarz-gelben Eruption: Auf dem Rasen breitete Sebastien Haller die Arme aus, schrie seine Freude hinaus, nach und nach kamen die Kollegen herangesprintet und -gehüpft, begruben den Stürmer unter einer Jubeltraube. Auf den Rängen feierten viele, viele der 30.660 Zuschauer, denn nicht nur im Gästeblock, überall fanden sich BVB-Fans in Schwarz-Gelb, die nun den ersten Schritt zu ihrem ganz großen Traum bejubelten: dem von der Deutschen Meisterschaft.
Hartes Stück Arbeit für BVB in Augsburg nach Patzer der Bayern
Denn Haller hatte soeben das erlösende 1:0 für Borussia Dortmund beim FC Augsburg erzielt, in einem Spiel das der BVB 3:0 (0:0) gewinnen sollte. Ein knapper, aber hochverdienter Sieg, durch den Dortmund vorbeizog am FC Bayern, der tags zuvor beim 1:3 gegen RB Leipzig heftig gepatzt hatte. Der BVB hat nun alles in der eigenen Hand: Ein Sieg gegen Mainz 05 am kommenden Samstag (15.30 Uhr/Sky) bedeutet sicher den ersehnten Titel. Kleiner Dämpfer jedoch in Schlussphase: Abwehrchef Mats Hummels musste verletzt und gestützt vom Platz.
Bis zur Erlösung aber war es in Augsburg ein hartes Stück Arbeit gewesen: Den verletzten Jude Bellingham hatte BVB-Trainer Edin Terzic durch Raphael Guerreiro ersetzt und dem Dortmunder Mittelfeld so eine Menge Spielstärke beigemischt. Das machte sich früh bemerkbar, gegen die extrem mannorientiert verteidigenden Augsburger war es immer wieder der wuselige Portugiese, der mit schnellen Antritten und Doppelpässen Lücken riss.
BVB hat die große Meisterchance: Edin Terzic macht den Unterschied
Wie schon nach acht Minuten, als er rechte Marius Wolf freispielte, dessen Schuss allerdings zu zentral geriet – FCA-Torhüter Tomas Koubek packte sicher zu. Wenig später kam Karim Adeyemi im Strafraum zum Abschluss, traf aber den Ball nicht richtig (10.). Dann bediente Julian Brandt den Torjäger Haller, dessen Abschluss Koubek mit blitzschneller Reaktion über die Latte wischte (21.). Dann wieder Guerreiro, der Julian Brandt mit langem Ball ins Duell mit Koubel schickte, das abermals der Augsburger Torhüter für sich entschied (29.). Und kurz darauf klärte Koubek einen Brandt-Schuss noch vor der Strafraumgrenze mit dem Fuß zur Ecke (33.).
Dortmund drückte, Dortmund riss Lücken und Dortmund stellte den Gegner vor immer größere Probleme. Kurz vor der Halbzeitpause wusste sich Felix Uduokhai nur noch durch ein Foul gegen Malen zu behelfen – dummerweise verhinderte er damit eine klare Torchance und sah folgerichtig die Rote Karte (38.). Den fälligen Freistoß trat Guerreiro und Niklas Süle köpfte an den Pfosten.
Augsburg hatte im gesamten ersten Durchgang nur einmal Gefahr heraufbeschwören können, als Brandt einen Fehlpass spielte, Ermedin Demirovic durchs Mittelfeld marschierte, den Pass in den Rücken von Dortmunds Abwehr aber etwas zu steil für Dion Beljo ansetzte (18.). 17:1 lautete zur Pause das Torschussverhältnis aus Sicht des BVB, ein Saisonrekord. Nur der erlösende Treffer wollte lange nicht fallen.
BVB: Nach Guerreiro trifft auch Can nur den Pfosten
Die zweite Halbzeit sollte das Bild nicht ändern: In Unterzahl besann sich Augsburg nun auf eine Abwehrschlacht am eigenen Strafraum, mit einer tiefstehenden Viererkette und zwei defensiven Abräumern davor. Der BVB spielte die Bälle drumherum, suchte die Lücke im Gebilde – aber wenn er sie fand, fehlte das Abschlussglück: Guerreiros Versuch aus aussichtsreicher Position strich knapp vorbei (52.), Cans Distanzschuss klatschte vom Innenpfosten zurück ins Feld (54.).
Die Partie wurde hektischer, weil die Augsburger zunehmend giftig agierten, die Dortmunder mehr und mehr in Zweikämpfe und andere Scharmützel verstrickten. Selbst taten die Hausherren kaum noch etwas für den Spielaufbau, schlugen vor allem lange Bälle und hofften, dass der Abwehrriegel halten würde.
Haller trifft und der BVB übernimmt die Tabellenführung
Das sollte nicht gelingen, und den Einsturz ihres Bollwerks verantworteten die Gäste höchstselbst. Eine harmlose Malen-Hereingabe stoppte Maximilian Bauer im eigenen Strafraum. Haller nahm ihm den Ball vom Fuß und schoss ihn trocken ins lange Eck (59.). Da war sie endlich, die langersehnte Tabellenführung – und fast wäre sie wenig später schon wieder dahin gewesen: Ein langer Ball flog hinter die für einen Moment unaufmerksame Dortmunder Viererkette, Irvin Cardona nahm den Ball herunter, schoss – doch Kobel parierte (62.). Die Führung gab dem Dortmunder Spiel keine zusätzliche Sicherheit, im Gegenteil: Augsburg drückte nun, Augsburg kam einige Male aussichtsreich in den Strafraum, allerdings nicht mehr zu gefährlichen Abschlüssen.
Anders der BVB: Der eingewechselte Marco Reus schoss, Koubek hielt und Haller staubte zum 2:0 ab (85.), Julian Brandt gelang in der Nachspielzeit (90.+3) das 3:0. Da waren sich die Fans ihrer Sache endgültig sicher: „Deutscher Meister wird nur der BVB“, klang es von den Rängen – und die Chance darauf ist groß wie lange nicht.