Dortmund. Borussia Dortmund meldet sich im Titelrennen eindrucksvoll zurück. Das Gefühl ist plötzlich wieder ein besseres. Das sind die Gründe.

Edin Terzic fühlte sich an eine ähnliche Situation zurückerinnert. Vor zwei Wochen schon saß Borussia Dortmunds Trainer auf dem Podium und sollte einen hohen Sieg seiner Mannschaft einordnen. Mit 4:0 schlug der BVB damals Eintracht Frankfurt und sprang an die Tabellenspitze. Eine Woche später allerdings habe er wieder „ein paar blöde Fragen“ beantworten müssen nach dem leichtsinnigen 1:1 beim VfL Bochum.

„Blöde Fragen“ waren es für Terzic nicht, weil sie dem 40-Jährigen unangemessen schienen, sondern weil sie ein paar unangenehme Erkenntnisse aufdeckten – insbesondere die Frage, wie diese Auswahl an Hochbegabten in diesem Frühjahr Woche für Woche in ihren Darbietungen so schwankend auftreten könne.

BVB: Adeyemi und Bellingham jeweils mit zwei Toren

Denn nach dem unnötigen Remis in Bochum zeigte die Borussia am Sonntagabend wieder ihr anderes, spielfreudiges, euphorisches Gesicht. Der VfL Wolfsburg hatte beim 6:0 der Dortmunder nicht den Hauch einer Chance. Karim Adeyemi (14./59.) und Jude Bellingham (54./86.) trafen jeweils doppelt, die weiteren Tore erzielten Sebastien Haller (29.) und Donyell Malen (37.) – nicht mal Adeyemis verschossener Foulelfmeter (65.) trübte die schwarz-gelbe Freude. „Das macht schon Eindruck“, lobte Sportdirektor Sebastian Kehl. „Der eine oder andere wird heute vor dem Fernsehen gesessen und gesagt haben: Das ist schon ein Ausrufezeichen.“ Ein Gruß nach München.

Doppelpacker unter sich: Karim Adeyemi jubelt mit Jude Bellingham (r) über das zwischenzeitliche 4:0.
Doppelpacker unter sich: Karim Adeyemi jubelt mit Jude Bellingham (r) über das zwischenzeitliche 4:0. © Bernd Thissen/dpa

Der FC Bayern quälte sich ja am Samstagabend zum einem 2:1-Auswärtssieg bei Werder Bremen, zitterte in den Schlussminuten regelrecht um die Führung gegen eine lange unterlegene Bremer Mannschaft, die sich eigentlich schon längst mit der Niederlage abgefunden hatte. Mia san angeschlagen.

Traum von der neunten Meisterschaft lebt beim BVB

Einen Punkt sind die Münchener zwar weiterhin voraus, doch das Gefühl im Ruhrgebiet ist plötzlich wieder ein besseres – der Traum von der neunten Meisterschaft lebt. „Vielleicht ist es nicht die Saison der vergebenen Chancen, sondern die der Rückschläge“, mutmaßte Trainer Terzic. „Wir werden gerade getestet mit ganz vielen Themen in dieser Saison. Aber es geht darum, immer wieder aufzustehen und zu zeigen, dass man es besser kann.“

Hat allen Grund zur Freude nach einer bärenstarken Leistung beim 6:0 gegen den VfL Wolfsburg: Mats Hummels (M.) mit Marius Wolf (li.) und Nico Schlotterbeck.
Hat allen Grund zur Freude nach einer bärenstarken Leistung beim 6:0 gegen den VfL Wolfsburg: Mats Hummels (M.) mit Marius Wolf (li.) und Nico Schlotterbeck. © dpa

Das bewies die Dortmunder Mannschaft am Sonntagabend mit Bravour. Karim Adeyemi war für Wolfsburgs überforderte Abwehr ein permanenter Unruhestifter, das zentrale Mittelfeld um Jude Bellingham und Julian Brandt sprühte vor allem in der zweiten Halbzeit vor Spielvorfreude. Seinen Ursprung jedoch hatte Dortmunds Machtdemonstration in einer starken Abwehr. Innenverteidiger Niklas Süle verlor keinen einzigen Zweikampf, und Kapitän Mats Hummels strahlte wie kein Zweiter unbedingten Siegeswillen aus, leitete durch ein Tackling an der Mittellinie gar das zweite Tor durch Haller ein. „Mats war bei allen wichtigen Aktionen präsent, man konnte sich immer auf ihn verlassen“, lobte Sportdirektor Kehl. Auch Wolfsburgs einzige nennenswerte Torchance durch Patrick Wimmer und den Nachschuss von Jakub Kaminski (20.) überstand der BVB dank eines blitzschnellen Reflexes von Torwart Gregor Kobel und einer Not-Grätsche von Hummels.

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Was den Dortmunder ferner Mut macht ist der Blick auf den Spielplan. Zwei Heimspiele sind darin verzeichnet, am kommenden Samstagabend gegen Borussia Mönchengladbach (18.30 Uhr/Sky) und am letzten Spieltag gegen Mainz 05. „Wir haben hier eine unglaubliche Energie“, stellte Kehl fest und Torwart Kobel meinte: „Wir sind eine Mannschaft die sehr von dem Flow leben kann. Diese Leichtigkeit kannst du nicht immer haben.“ Vor allem auswärts nicht. Zwischen den Partien gegen Gladbach und Mainz muss der BVB ja noch zu einem potenziellen Strauchel-Gastspiel beim FC Augsburg.

Die BVB-Profis jubeln nach dem zwischenzeitlichen 2:0 von Sebastien Haller (hinten).
Die BVB-Profis jubeln nach dem zwischenzeitlichen 2:0 von Sebastien Haller (hinten). © firo

In der eigenen Hand haben die Dortmunder den Titel nicht mehr. Der FC Bayern muss patzen – vielleicht schon am Samstag (15.30 Uhr/Sky) gegen Ruhrpott-Rivale Schalke 04? „Wir wären nicht böse, wenn wir ein bisschen Hilfe bekommen würden“, gestand Kehl und lächelte, „wir brauchen Hilfe. So ehrlich müssen wir sein.“

BVB legt Fokus auf die eigene Leistung

Der Fokus soll aber trotzdem auf dem eigenen Spiel liegen. Holt der BVB aus den restlichen drei Spielen nicht drei Siege, dürften die Titelhoffnungen ohnehin platzen. „Wir sind zufrieden, aber noch nicht glücklich“, mahnte Trainer Terzic daher. Doch die Saison habe gezeigt, „wie verrückt es ist“. Man werde alles dafür tun, „dass es bis zum Schluss verrückt bleibt und wir was zu feiern haben“. Auf blöde Fragen würde Terzic von nun an gerne verzichten.