Dortmund. Matthias Sammer sorgte in der vergangenen Woche als TV-Experte mit seinen Aussagen zum BVB für Aufsehen. Beeinträchtigt das seine Rolle als BVB-Berater?
Matthias Sammer erklärte mal wieder den Fußball. Er warf die Arme überkreuz, deutete dann einen hohen Pass über die Pressinglinie an, er zuckte mit seinen Händen umher und schlug auf ein unsichtbares Taktikbrett. Nur sein Publikum war am Samstag ein anderes: Nicht die Pay-TV-Zuschauer von Prime Video, sondern Borussia Dortmunds Sport-Boss Lars Ricken, der sich das als Sitznachbar im Stadion recht interessiert anschaute.
Die irritierende Doppelrolle Sammers als Experte und externer Vereinsberater ist eines der Mysterien aus der BVB-Führungsetage - und soll aufgelöst werden. Nach SID-Informationen hat Ricken Sammer nun nahegelegt, zumindest keine BVB-Spiele mehr im TV zu begleiten. Auslöser war Sammers Live-Ausbruch („körperliche und geistige Nicht-Verfassung“) nach der Niederlage zuletzt beim FC Bologna (1:2). Laut Bild soll es sogar ein Ultimatum geben, wonach Sammer entscheiden solle, ob er Experte sein oder BVB-Berater sein will. Sein BVB-Vertrag würde sonst aufgelöst werden.
BVB schweigt über Sammer-Rolle
Die Dortmunder wollten sich dazu am Montag offiziell nicht äußern, hätten damit aber den ersten von vielen Brandherden gelöscht. Parallel laufen auf sportlicher Ebene die Suche nach einem neuen Trainer (gerne erfahren und diesmal von außerhalb) und jene nach Winter-Verstärkungen für die völlig verunsicherte Mannschaft (besonders: Außenverteidiger). Die Zeit rast.
Die Fans haben Ricken und Vereins-Chef Hans-Joachim Watzke zudem am Wochenende überdeutlich aufgetragen, das Führungschaos in den Griff zu bekommen. „Den Elefanten im Raum ansprechen - die Probleme stehen nicht an der Seitenlinie“, stand auf einem Großbanner der Ultras: ein klarer Verweis auf die regelmäßigen „Elefantenrunden“ der Bosse.
BVB: Mislintat und Kehl - löst sich das Problem?
Der Vertrag mit Sebastian Kehl, von Watzke zugunsten Rickens bei der Beförderung übergangen, wurde zuletzt bis 2027 verlängert. Die Entscheidung zog sich über Monate, dennoch erscheint der Sportdirektor in einer stärkeren Position als Sven Mislintat. Kehl und der Technische Direktor sind sich nicht grün: Dass Mislintat seine Machtbasis ausweiten will, obwohl er eigentlich Kehl zuarbeiten sollte, gilt als offenes Geheimnis. In Kürze soll diese verfahrene Lage, vom entlassenen Trainer Nuri Sahin zum Abschied als „Nebenkriegsschauplätze“ benannt, SID-Informationen zufolge ebenfalls bereinigt werden.
Inmitten der Probleme und Machtkämpfe ringt der BVB darum, sportlich seine fast schon heillos verkorkste Saison zu retten. Nach dem Absturz auf den elften Tabellenplatz der Bundesliga ist selbst das Minimalziel Rang vier, für Watzke stets die „rote Linie“, sechs Punkte entfernt. In der Champions League ist der BVB auf Schützenhilfe mehrerer Mannschaften angewiesen, um noch direkt ins Achtelfinale vorzustoßen - einen eigenen Sieg gegen Schachtar Donezk am Mittwoch (21.00 Uhr/DAZN) vorausgesetzt.
Frischen Wind bringt der Interimstrainer. Mike Tullberg redet klar, motivierend und so schnell, als würden seine Aussagen in doppelter Geschwindigkeit abgespielt. „Wir sind mit ihm hervorragend aufgestellt“, sagte Ricken nach dem 2:2 gegen Werder Bremen. Eine Verwalter-Rolle für den intern hoch geschätzten U19-Coach bis zum Saisonende ist nicht ausgeschlossen.