Dortmund. Paris Brunner soll seinen Vertrag beim BVB verlängern. Es geht um Geld, um eine Perspektive und um einen jungen Fußballer als Wertanlage.
Da fährt man quer durchs Land, ruckelt über die Autobahn, und in Aue, im Osten Deutschlands, begrüßen einen die Menschen mit einem freundlichen „Glück auf“. Vier Flutlichttürme erhellen den Rasen, hinter dem Stadion des Fußball-Drittligisten FC Erzgebirge erhebt sich ein Berg, darauf stehen die kleinen Parzellen mehrerer Schrebergärten. Unten im Kabinentrakt befindet sich ein nachgeahmter Stollen; 450 Kilometer trennen den Ort in Sachsen vom Ruhrgebiet, doch auch hier befindet sich eine Bergbauregion.
Paris Brunner schlenderte am Mittwochabend, eher unbeeindruckt von der ins Auge springenden Kumpel-Folklore, nach dem Schlusspfiff in die Kabine. 1:1 hatte Borussia Dortmund gegen den unterklassigen Klub gespielt. Brunner durfte sich 45 Minuten lang beweisen. Seine Schuhe strahlten in Hellblau, seine Haare hat er sich zu Zöpfen flechten lassen. Der 18-Jährige tritt auf wie ein Star, der er gerne sein würde und vielleicht auch noch sein kann.
Paris Brunner hat einen BVB-Vertrag bis 2025
Wie groß seine Veranlagung aber tatsächlich ist, darüber wird im Hintergrund gerade diskutiert, darum geht es in den Verhandlungen um einen neuen Vertrag. Bis 2025 ist der Außenstürmer an Dortmund gebunden, er wird am Freitag mit den Profis nach Asien fliegen. Erst bewirbt der Champions-League-Finalist die Marke BVB in Thailand, dann in Japan. Für Brunner geht es bei dieser Werbetour darum, in eigener Sache auf sich aufmerksam zu machen. Es dreht sich dabei, natürlich, viel um Geld.
An dem Weg des Talentes lässt sich skizzieren, wie umkämpft der Millionenmarkt des bezahlten Fußballs sein kann. Auf der einen Seite steht der Sportler, der auf große Summe hofft, wie sie diejenigen verdienen, mit denen er in einer Kabine sitzt. Auf der anderen Seite der Klub, der diesen Sportler vor allem als Wertanlage sieht, der die richtige Mischung finden muss aus dem Geld, das er investiert, und dem Gewinn, der sich daraus möglicherweise ergeben kann.
Im nächsten Sommer könnte Paris Brunner ablösefrei gehen, sollte er seinen Vertrag nicht verlängern. Ein Szenario, das Sport-Geschäftsführer Lars Ricken und Sportdirektor Sebastian Kehl unbedingt vermeiden wollen. Ansonsten hätte sich die Ausbildung des in Dortmund aufgewachsenen Offensivspielers nicht gelohnt. Damit er nicht abspringt, soll Brunner daher ein Gehalt von mehreren Zehntausend Euro im Monat erhalten. Viel für jemanden, der noch keine Spuren im Profibereich hinterlassen hat. Ihm geht es aber auch um die Perspektive unter dem neuen Trainer Nuri Sahin.
Nuri Sahin über Paris Brunner: „Ich sehe den Jungen sehr, sehr gut“
In Aue war zu spüren, dass sich Brunner, der bereits einmal wegen einer privaten Verfehlung vom BVB für zwei Wochen suspendiert worden war, empfehlen möchte. Nach 45 Minuten wurde er eingewechselt, Sahin stellte ihn auf die linke Offensivseite. Dort wedelte er immer wieder mit den Armen, um möglichst viele Zuspiele zu erhalten. Manchmal blieb der Geradevolljährige an seinen Gegenspielern hängen. Einmal rauschte er an ein, zwei, drei Abwehrspielern vorbei, fiel jedoch äußerst plump auf den Rasen. Schwalbe, Gelbe Karte.
Er sei sich aber gar nicht so sicher, ob dies eine Schwalbe gewesen sei, entgegnete Nuri Sahin. „Paris ist ein großes Thema in den Medien, ich kriege das auch mit. Ich muss sagen, seit dem Start der Vorbereitung sehe ich den Jungen sehr, sehr gut.“
BVB: So häufig getroffen wie Moukoko hat Brunner nicht
Es dürfte trotzdem schwierig werden, regelmäßig zum Einsatz zu kommen. Die Dichte an Offensivspielern im Dortmunder Kader ist hoch. Die Verantwortlichen sehen deswegen die Möglichkeit, Paris Brunner auch für die U23 in der Dritten Liga einzuplanen. Dort wiederum sieht sich der Emporkömmling nicht angesichts dessen, was er vorzuweisen hat. Bei der U17-Weltmeisterschaft wurde er als bester Spieler ausgezeichnet, in der U19 war er nicht aufzuhalten. Nur lässt sich Jugendfußball nun mal nicht mit dem höchsten Niveau im Erwachsenenbereich vergleichen. Was ja genauso das Beispiel Youssoufa Moukoko (19) zeigt, der in der Jugend deutlich häufiger als Brunner getroffen hatte und nun Schwierigkeiten hat, sich durchzusetzen.
Wie all das ausgeht? Sollten sich beide Seiten nicht einigen, dann könnte es noch in diesem Sommer, spätestens aber im Winter zur Trennung kommen. Und Paris Brunner würde die Bergbauregion, also die im Westen Deutschlands, verlassen.