Frankfurt. Der DFB-Star steht mit 21 Jahren vor seinem 37. Länderspiel und ist auf dem Weg zum kompletten Fußballer. Bleibt er Bayern erhalten?
Jamal Musiala hatte sich einen Kaffee mitgebracht. Der Nationalspieler saß am Dienstagmittag auf dem Podium des Medienraums im DFB-Campus und war offenbar auf viele Fragen vorbereitet. Schließlich ist Musiala der Mann der Stunde beim FC Bayern München. Man könnte aber auch sagen: Er ist der Mann des Jahres in der Nationalmannschaft. Der Torschützenkönig der Heim-EM blickt bereits auf ein herausragendes 2024 zurück, obwohl er weder mit den Bayern noch mit der DFB-Auswahl einen Titel gewinnen konnte.
Doch vor allem mit seinen Toren in den vergangenen Wochen für die Bayern in der Champions League und der Bundesliga ist er auf dem besten Weg, ein kompletter Fußballer zu werden. Musiala, von Sky-Experte Dietmar Hamann vor wenigen Wochen noch für seine einseitige Spielweise mit zu vielen Dribblings kritisiert, macht neuerdings auch Kopfball- und Weitschusstore wie beim 1:0-Sieg auf St. Pauli. „Der Ball ist mir ein paar Mal auf den Kopf gefallen“, sagte der 21-Jährige ganz bescheiden über seine zwei Kopfballtore zuletzt gegen Bochum und Benfica Lissabon.
Nagelsmann lobt neue Gier von Musiala
Bundestrainer Julian Nagelsmann, der Musiala bereits vor zwei Jahren beim FC Bayern München trainiert hatte, zeigte sich am Montag beeindruckt von der jüngsten Entwicklung des DFB-Stars. „Jamal macht es gerade herausragend. Er hat eine große Bedeutung für die Bayern, weil er jetzt die absolute Gier zeigt, Tore zu machen. Er entscheidet, wie die Bayern die Spiele gewinnen. Er gewinnt jetzt eine sehr gute Seniorität dazu, eine Geradlinigkeit“, sagte Nagelsmann. Also genau das, was Musiala in seinen ersten Herrenjahren noch vermissen ließ. Mit seinen Tempodribblings auf engsten Räumen verzückte er im Alter von 17 Jahren die Fans schon in seinen ersten Spielen für die Bayern und die Nationalmannschaft. Doch die letzte Genauigkeit oder der richtige Moment für die richtige Aktion fehlte oft.
In dieser Saison hat Musiala schon zehn Tore in vier Wettbewerben erzielt. Eines davon im Nations-League-Hinspiel Anfang September gegen Ungarn, als er beim 5:0-Sieg überragte und dafür sorgte, dass die Nationalmannschaft die gute Stimmung aus der Heim-EM mit in die Nations League nehmen konnte. Gegen Bosnien am Samstag (20.45 Uhr/RTL) und am kommenden Dienstag im Rückspiel in Ungarn (20.45 Uhr/ZDF) will Musiala das gute Jahr der DFB-Auswahl nun zu einem richtig guten Abschluss bringen.
Musiala noch leicht angeschlagen
Am Dienstag war der Münchener einer von 18 Feldspielern, die sich im Training in Frankfurt auf das erste Spiel vorbereiteten. Musiala reiste zwar wie sein kongenialer Zauberpartner Florian Wirtz leicht angeschlagenen ins DFB-Quartier. Aber bis zum Spiel gegen Bosnien sind ja noch ein paar Tage Zeit.
„Ich muss mich durchpushen“, sagte Musiala bei der Pressekonferenz, als er über die vielen Fouls in der Bundesliga sprach, die er Woche für Woche einstecken muss. Die englischen Wörter streut der gebürtige Stuttgarter in jeden zweiten Satz ein. Er spricht von seiner guten Entwicklung in der letzten „season“, macht noch etwas „mystery“ aus seiner Vertragslage bei den Bayern und ist einfach „happy“, dass er sich vor drei Jahren dazu entschieden hat, für Deutschland zu spielen.
Musiala steht vor seinem 37. Länderspiel
Happy ist vor allem der Deutsche Fußball-Bund, dass Musiala für sein Geburtsland aufläuft und am Samstag bereits sein 37. Länderspiel machen wird. Mit sieben Jahren zog er mit seiner Familie nach England, besitzt die englische Staatsbürgerschaft und spielte auch in den englischen Nachwuchsteams. „Ich will nicht zurückschauen“, sagte Musiala am Dienstag über seine Entscheidung gegen England.
Künftig könnte er im deutschen Mittelfeld nicht nur an der Seite von Wirtz spielen, sondern möglicherweise auch zusammen mit Paul Wanner, den er noch aus der Jugend des FC Bayern München kennt. Der 18-Jährige, aktuell von den Bayern an den FC Heidenheim verliehen, steht vor einer ähnlich weitreichenden Entscheidung, kann zwischen Deutschland und Österreich wählen. „Für Paul ist es wichtig, dass er sich Zeit nimmt“, sagte Musiala, baute aber direkt dezenten Druck auf. „Wir würden ihn gerne hier haben.“
Das gilt auch für den FC Bayern und Musiala. Der Münchener Topstar wurde natürlich auch am Dienstag gefragt, ob er seinen bis 2026 laufenden Vertrag beim FCB verlängern werde. Oder zieht es Musiala im nächsten Sommer zurück auf die Insel nach England? „Ich kann dazu nicht viel sagen“, sagte Musiala und lächelte. Nach 16 Minuten hatte er dann auch schon alles beantwortet – und seinen vollen Kaffeebecher ganz vergessen.