New York/Minnesota. Leonie Fiebich spielt mit New York Liberty um den WNBA-Titel. Zum Auftakt der Finalserie gab es allerdings einen Dämpfer.
Leonie Fiebich – eine junge Frau, die es geschafft hat. Vom beschaulichen 30.000-Einwohner-Ort Landsberg am Lech in Oberbayern in die Weltmetropole New York – was für eine Geschichte. „Ja das klingt gut, ne? So die Storyline?“, sagt die 24-Jährige in der Trainingshalle ihres Vereins, New York Liberty, kann dabei ein Lächeln nicht unterdrücken, ergänzt jedoch umgehend: „Aber es war ja nicht so.” Sie sei ja schließlich nicht von Landsberg nach New York gekommen. Nein, sie habe ja noch „viele Stationen dazwischen” gehabt, so Fiebich. Und all die Arbeit, die Mühen, die sie in ihre bisherige Karriere hineingesteckt und investiert habe, all das sei schon „sehr, sehr viel und auch sehr anstrengend“ gewesen.
Fiebichs Weg in die WNBA, die stärkste Frauen-Basketball-Liga der Welt, war tatsächlich weder einfach noch direkt, sondern einer, der sie viel herumgebracht hat. Landsberg, München, Wasserburg waren ihre deutschen Stationen – dann ging’s nach Frankreich, Australien, Spanien und im Frühjahr schließlich in die USA. Hier spielt die 1,94 Meter große Deutsche nun mit New York Liberty um den Titel. Das Team vom Big Apple ist zwar als Vorrunden-Erster und Favorit in die Endspielserie gegen Minnesota Lynx gegangen, hat aber am Donnerstag (Ortszeit) den Auftakt der Serie „Best of Five“ daheim 93:95 nach Verlängerung verloren.
Fiebich wirkte anschließend ratlos. Vielleicht war es aber auch einfach nur die Wut und der Ärger über diese Niederlage, die sie so traurig aussehen ließen. Es sei gerade „ein bisschen schwierig, darüber zu reden“, meinte Fiebich. Nur soviel: New York habe viele Chancen gehabt, das Spiel zu gewinnen, die Partie aber „zum Schluss in mehreren Phasen weggeben.“
Liga-Rekord in den WNBA-Finals
Die rund 25 Journalisten, die sich vor der Liberty-Kabine um Fiebich versammelt hatten, wollten von der Flügelspielerin nicht nur die Meinung zum Match hören, sondern auch zu ihrer Leistung. Schließlich hatte sie als erste Deutsche in der mittlerweile 28-jährigen Geschichte der WNBA-Finals getroffen. 17 Zähler standen hinter ihrem Namen. Und ihre fünf verwandelten Dreier waren sogar Liga-Rekord für einen Rookie in den Endspielen. Fiebich nahm all die Zahlen wohl wahr, die ihr da entgegengebracht wurden, doch ihr Blick war trotzdem noch so leer wie 30 Minuten zuvor, als sie nach dem Abpfiff vom Parkett Richtung Kabine schlurfte.
Dass die Flügelspielerin mit der Rückennummer 13 gleich in ihrer ersten Saison eine so wichtige Rolle beim amtierenden Vizemeister einnehmen, ja dass sie aus der Starting Five gar nicht mehr wegzudenken ist, daran war im Frühjahr nun wirklich nicht zu denken. Da war Fiebich gerade nach New York gekommen und froh gewesen, mit Nyara Sabally eine gute Bekannte aus der deutschen Nationalmannschaft im Team zu haben, die “anfangs auf dem Feld und auch außerhalb eine extrem wichtige Stütze für mich war”, sagt sie.
In Europa hatte Fiebich zwar durchaus einen Namen, weil sie in ihren beiden Jahren bei Casademont Zaragossa jeweils zur wertvollsten Spielerin der Spanischen Liga gekürt wurde. Doch im Frauen-Basketball ist nunmal die WNBA das Nonplusultra –und hier war die Bayerin anfangs ein namenloser Nobody. Doch dies machte sich die selbstbewusste Blondine zu Nutzen. So habe niemand gewusst, dass sie „den Ball ganz gut werfen“ könne, sagt Fiebich. Das sei „ganz cool”, gewesen. Denn so habe sie ihre Stärke „ein bisschen ausspielen“ können.
„Difference maker“ bei New York Liberty
Mittlerweile wissen alle in der Liga um ihre Dreier-Qualitäten. Fiebich gilt sogar längst als diejenige, die New York noch stärker – und somit zum Titelfavoriten gemacht hat. „Sie ist echt das, was unserem Team gefehlt hat, einer der Gründe, warum wir dieses Jahr so erfolgreich sind”, betont Sabally. Im US-Fernsehen wurde Fiebich als „difference maker“ bezeichnet, also als Spielerin, die den Unterschied ausmacht.
Wem sie am meisten zu verdanken habe? Da muss Fiebich nicht lange überlegen: „Imre Szittya.“ Der war einst ihr Trainer in der Bayern-Auswahl. Sie wisse gar nicht mehr, wie viele Stunden sie zusammen mit ihm in der Halle verbracht habe, um an Grundlagen und Skills zu arbeiten, so Fiebich. Die Schinderei und all die extra Schichten haben sich gelohnt. Leonie Fiebich hat es in die WNBA geschafft. Und am Sonntag werden im zweiten Finalspiel die Augen der mehr als 17.000 Fans im ausverkauften Barclays Center von Brooklyn auch wieder auf sie gerichtet sein, die 24-Jährige aus Landsberg am Lech. Was für eine Geschichte.