Barcelona. Robert Lewandowski läuft beim FC Barcelona wieder zur Bestform auf. In der Nations League trifft er mit Polen auf Portugal.

Am Ende seiner jüngsten Gala hatte Robert Lewandowski trotzdem noch eine kleine Klage vorzubringen. „Ich habe noch nie so viele Partien in so kurzer Zeit gespielt“, staunte er angesichts von fünf Matches in zwölf Tagen zuvor: „Das war sehr schwierig für uns.“ Schlecht zu bekommen scheint ihm der infernalische Rhythmus jedoch nicht. Nachdem er erstmals immerhin wieder vier Tage erholen konnte, erzielte er am Sonntag schon in der ersten halben Stunde alle drei Tore zum 3:0 seines FC Barcelona bei Alavés. Ein Kopfball, ein Konterfinish, ein Drehschuss – ein lupenreiner Hattrick.

Im Alter von 36 Jahren knüpft der Pole an beste Bundesliga-Zeiten an und ist soweit der beste Torjäger in Europas großen Ligen. In elf Pflichtspielen traf er zwölfmal, einmal öfter als Manchester Citys Tormaschine Erling Haaland und zweimal öfter als Bayerns Harry Kane. Vor allem aber hat er mit zehn Toren in neun Ligaspielen – dem besten Start in Spanien seit Lionel Messi 2017/18 – doppelt so oft gejubelt wie Real Madrids Neuzugang Kylian Mbappé, der eigentlich zum Star der Saison auserkoren war. Vorerst muss er sich besonders in puncto Effizienz weit hinter einem Senioren anstellen: Lewandowski brauchte für seine zwölf Tore nur 19 Torschüsse.

Funke erloschen: Schwache Vorsaison von Lewandowski in Barcelona

„Er ist derselbe Lewandowski, den ich aus München kannte“, sagt Hansi Flick, der gefeierte Trainer des Aufschwungs bei Tabellenführer Barça: „Der einzige, den ich kenne: Vor dem Tor und im Strafraum ist er der Beste.“ Flick weiß so gut wie kein anderer, wovon er spricht: Unter ihm war Lewandowski noch produktiver als gewöhnlich, verbesserte in der Saison 2020/21 mit 41 Bundesliga-Toren (in nur 29 Spielen) den historischen Rekord von Gerd Müller und gewann zweimal die Fifa-Weltfußballer-Auszeichnung „The Best“. Insgesamt kommt der Pole auf die sagenhafte Quote von 95 Toren in 82 Spielen für Flick-Mannschaften.

In Barcelona lernten sie vorige Saison aber auch einen anderen Lewandowski kennen. Langsam, zweifelnd, verunsichert. „2023 gab es einen Moment, in dem mein Funken erlosch“, gestand er im Nachhinein selbst. Zwar erholte er sich im letzten Saisondrittel, doch nach einer überzeugenden Einstiegssaison als spanischer Torschützenkönig blieb mit 26 Treffern in 49 Pflichtspielen eine so schwache Quote, wie er sie nur in seiner jeweils ersten Spielzeiten bei Borussia Dortmund und dem FC Bayern unterboten hatte. „Lewangolski“ schien ein Auslaufmodell, Trainer Xavi fand sein Pressing zu behäbig und setzte ihn auf eine interne Streichliste. Doch als er Klubpräsident Joan Laporta den Gedanken eines Verkaufs des Polen und seines brasilianischen Sturmpartners Raphinha nahelegte, wurde er letztlich selbst gefeuert.

Barcelonas Sturmduo: Robert Lewandowski und der Brasilianer Raphinha.
Barcelonas Sturmduo: Robert Lewandowski und der Brasilianer Raphinha. © AFP | CESAR MANSO

Exzellente Vorlagen und ultraoffensiv: Fußball nach Lewandowskis Geschmack

Nun stehen die beiden Angreifer besonders eindrucksvoll für das geradezu alchimistisch anmutende Wirken Flicks, der trotz enormer Verletzungsprobleme aus einem stotternden Team eine überschwängliche Elf geformt hat. Verbesserte Fitness, konstantes Pressing und permanenter Torhunger kommen nicht zuletzt dem Mittelstürmer zugute. „Lewandowski lebt im Paradies“, befindet das örtliche Prestigeblatt „La Vanguardia“, weil der Pole in Flicks ultraoffensiven Fußball näher ans Tor rückt und von den Flügelspielern wie Lamine Yamal oder eben Raphinha nicht nur Arbeit im Pressing abgenommen bekommt – sondern auch exzellente Vorlagen. „Natürlich haben wir an dieser Connection gearbeitet“, sagt Flick über die brasilianisch-polnische Liaison: „Die Chemie zwischen ihnen ist unglaublich.“

Dieser Tage nun wird Lewandowski kaum so hochkarätig bedient werden, er befindet sich bei der polnischen Auswahl, und deren Mangel an spielerischem Talent begleitet ihn schon die ganze Karriere. Den Rücken kehrt er ihr trotzdem nicht. Das Coaching seiner Ehefrau und Ernährungsberaterin Anna hält ihn topfit, der Geist bleibt willig, und so wird der 36-Jährige am Samstag gegen Portugal und am Dienstag gegen Kroatien halt auf Torejagd gegen den Abstieg aus der A-Nations-League gehen.

Noch ein Pole beim FC Barcelona: Wojciech Szczesny kommt für verletzten Marc-André ter Stegen

Wenn er danach zurück nach Barcelona kommt, kann er dort einen neuen Landsmann begrüßen. Nach dem Patella-Sehnenriss von Nationaltorwart Marc-André ter Stegen hat der Verein den im Sommer bei Juventus Turin abgetretenen Wojciech Szczesny reaktiviert. „Lewandowski war der Erste, der mich anrief“, verriet der Keeper über die Comebackanbahnung. Der nimmermüde Goalgetter steht bei Barça wieder hoch im Kurs. Als Vermittler – und als Speerspitze einer Mannschaft, die am nächsten Champions-League-Spieltag seinen Ex-Klub FC Bayern empfängt.