Essen/Dortmund. Türkspor Dortmund hat den Sprung in die Regionalliga West geschafft, kämpft seither aber mit dem Profitum. Jetzt soll alles besser werden.

Dicht an dicht drängten sich rund 1500 Zuschauer an die hüfthohen Banden am Dortmunder Mendespielplatz, um wenigstens hier und da mal einen Blick auf das Feld erhaschen zu können. Sogar das türkische Fernsehen war da und berichtete vom Stadtderby zwischen Türkspor Dortmund und dem Aplerbecker Sportclub.

Anfang Mai 2024 war das. Der Sieger dieses Oberliga-Westfalen-Topspiels würde aller Voraussicht nach in die Regionalliga West aufsteigen, so viel war klar. Türkspor Dortmund machte das Rennen, siegte mit 1:0 und spielt jetzt viertklassig. Doch schon nach wenigen Wochen ist Türkspor nur noch Letzter der Regionalliga. Ohne eigenes Stadion spielt der Aufsteiger zur Untermiete in Velbert – und trat am zehnten Spieltag gar nicht erst an. Die Miete im Bergischen Land wäre zu teuer gewesen. Die Punkte gingen kampflos an Fortuna Köln. Das stellt sich die Frage: Wie nachhaltig ist also dieses Projekt?

Türkspor Dortmund: Ein Regionalligist ohne eigenes Stadion

Auf den ersten Blick nicht allzu sehr. Während der MSV Duisburg als Traditionsklub eine fünfstellige Zuschauerzahl zu seinen Heimspielen lockt, hat Türkspor Dortmund nicht einmal eine regionalliga-taugliche Heimspielstätte. Das Ausweichen nach Velbert sei einkalkuliert, aber teuer gewesen. „Mit Steuern reden wir pauschal von etwas weniger als 30.000 Euro pro Spieltag“, sagt Sportchef Tuna Kayabasi.

Jetzt will der Klub das Ischelandstadion in Hagen anmieten, das zu Saisonbeginn noch nicht regionalliga-tauglich war. Am 19. Oktober sollte dort das erste Heimspiel gegen den FC Schalke 04 ausgetragen werden. Das soll sich finanziell lohnen: „In Hagen zahlen wir 1000 Euro Stadionmiete pro Monat. Dazu kommen Kosten für Sicherheitspersonal oder Catering. Im krassesten Fall, etwa zum Heimspiel gegen den MSV Duisburg, reden wir über Kosten von rund 10.000 Euro pro Spiel“, rechnet Kayabasi vor. Weil jedoch die Arbeiten im Ischelandstadion noch nicht abgeschlossen sind, musste die Begegnung auf Mitte November verschoben werden.

Mit der Lösung Hagen komme Türkspor durch die Saison, versichert er. Probleme bei Gehaltszahlungen, die schon Warnstreiks bei den Spielern zur Folge hatten, sollen mit dem Umzug nach Hagen der Vergangenheit angehören. Zudem sollen mehr Fans als die wenigen hundert, die sich bisher in Velbert haben blicken lassen, zu den Partien kommen. „Hagen ist deutlich besser anzufahren als Velbert. Dazu haben wir eine WhatsApp-Fangruppe aus Hagen, in der bestimmt 150 Leute drin sind“, sagt Kuyabasi, der sich Hoffnungen auf Mehreinnahmen aus dem Verkauf von Essen und Getränken macht.

Das Ischelandstadion in Hagen soll bald Regionalliga-tauglich sein.
Das Ischelandstadion in Hagen soll bald Regionalliga-tauglich sein. © www.blossey.eu / FUNKE Foto Services | Hans Blossey

Türkspor Dortmund gehört nicht in die Regionalliga? Kayabasi hält dagegen

So komme Türkspor Dortmund durch die Saison, versichert er. Auch Verzüge bei Gehaltszahlungen, die schon Warnstreiks zur Folge hatten, sollen mit dem Umzug nach Hagen der Vergangenheit angehören. Zudem sollen mehr Fans als die wenigen hundert, die sich bisher in Velbert haben blicken lassen, zu den Spielen kommen. „Hagen ist deutlich besser anzufahren als Velbert. Dazu haben wir eine WhatsApp-Fangruppe aus Hagen, in der bestimmt 150 Leute drin sind“, sagt Kuyabasi, der sich Hoffnungen auf Mehreinnahmen aus Essens- und Getränkeverkäufen macht.

Das wacklige Fundament, auf dem der Klub steht, kommt längst nicht überall gut an. An anderen Standorten ärgert man sich hinter vorgehaltener Hand, dass Türkspor keine gewachsene Infrastruktur hätte vorlegen müssen, mit 35.000 Euro für die Regionalliga-Lizenz und einem Ausweichstadion antreten dürfe. Einerseits habe der Westdeutsche Fußballverband strenge Auflagen für die Spielstätten, andererseits dürfen Vereine wie Türkspor ohne eigenes Stadion an den Start gehen. Unfair sei das nicht, hält Kayabasi dagegen. „Wir haben es sportlich geschafft, aufzusteigen. Wir sollten froh sein, dass es einen Dortmunder Verein in der vierten Liga gibt.“ Ob das so bleibt, ist aber fraglich.

Türkspor Dortmund: Mäzen Akin Kara machte den Erfolg möglich

Denn wenn der Verein Türkspor Dortmund genannt wird, fällt immer auch der Name Akin Kara. Der Doc, wie der Arzt kurz genannt wird, fungierte bei Türkspor in der Vergangenheit als maßgeblicher Geldgeber. Das bestätigte er auch selbst. Ohne ihn wäre der Erfolg, den Türkspor hat, nicht möglich. 2000 gegründet, dümpelte der Klub lange in der Kreisliga herum, bis es in der Saison 2018/19 aufwärts ging. Türkspor füllte den Kader immer wieder mit Spielern, die fußballerisch zum Spitzenpersonal der jeweiligen Liga gehörten. Von September 2019 an war sogar mal Weltmeister Kevin Großkreutz Co-Trainer. So wurde der Grundstein gelegt für den Aufstieg in die Regionalliga im letzten Sommer.

Den Durchmarsch begleitete Kara fast lückenlos. Nur im März 2024 war er mal weg, trat von seinem Amt als Präsident zurück. Die finanzielle Unterstützung solle bleiben, versicherte er damals. Sechs Monate später verkündete er mit großen Worten seine Rückkehr. „Wir sind keine Gäste – wir sind hier, um zu bleiben: der Abstieg? Für uns keine Option!“ Seitdem ist Kara wieder im Amt.

Türkspor Dortmund bejubelt den Aufstieg in die Regionalliga West im Sommer 2024.
Türkspor Dortmund bejubelt den Aufstieg in die Regionalliga West im Sommer 2024. © FUNKE Foto Services | Thorsten Tillmann

Droht Türkspor Dortmund der Absturz in die Bedeutungslosigkeit?

„Nein“, sagen sie im Verein. Allerdings werde die fehlende Heimspielstätte zum Problem. Man zähle auf die Stadt Dortmund, die den Bau eines regionalligatauglichen Stadions unterstützen soll. Das sei für den Senioren- auch für den Jugendbereich notwendig. Für den wiederum wird Türkspor gelobt, auch von der Konkurrenz. Die gute Jugendarbeit bis runter zu den Kleinsten unterscheide sie von anderen Klubs, die nichts als den steilen Weg nach oben im Blick hätten.

Aber reichen das Wohlwollen Karas, die vage Aussicht auf ein städtisch finanziertes Stadion, gute Jugendarbeit und ein wenig Folklore für den langfristigen Verbleib in der Regionalliga? „Der Doc ist verrückt. Der wird alles versuchen“, sagt Kayabasi. Am Prinzip Hoffnung sind schon andere gescheitert.