Paris. Angelique Kerber verpasst bei Olympia die ersehnte Medaille, dennoch muss man alle Hüte vor ihrem Auftritt ziehen. Ein Kommentar

Es waren wunderbare Bilder, die am späten Mittwochnachmittag aus Paris in die Welt hinausgestrahlt wurden: Eben war die Tschechin Gabriela Satkova im Canadier-Einer der Frauen ins Ziel gekommen, sie hatte schwer gekämpft mit der Strecke und hatte den Kampf verloren, landete deutlich hinter der Spitze. Und neben dem Wildwasserkanal jubelten und feierten gleich drei Frauen, und es war unmöglich festzustellen, wer sich mehr freute: die Australierin Jessica Fox über Gold, die US-Amerikanerin Evy Leibfarth über Bronze, oder doch die Augsburgerin Elena Lilik über Silber.

So unterschiedlich können Reaktionen ausfallen, Judoka Miriam Butkereit brauchte nach dem verlorenen Finale deutlich länger, um zu realisieren, dass sie den Kampf um Gold verloren, aber Silber gewonnen hatte – und dass das ein grandioser Erfolg war. Lilik, Butkereit, dazu der Doppelvierer der Ruderinnen und Schwimmerin Isabel Gose, die jeweils Bronze holten: Sieben starke Frauen erkämpften am Mittwoch Edelmetall für die deutsche Mannschaft. Eine der ganz großen Gewinnerinnen aber war eine achte Frau, die die ersehnte Medaille zwar verpasste, vor der aber sämtliche Hüte zu ziehen sind.

Angelique Kerber zeigte mal wieder, was sie so stark gemacht hat

Angelique Kerber beendet ihre sensationelle Karriere ohne Edelmetall, sie hatte angekündigt, dass nach Olympia Schluss ist und sie verlor das Viertelfinale gegen Qinwen Zheng. Sie verlor es denkbar knapp, 7:6 (7:4), 4:6, 6:7 (6:8) – und sie verlor es auf eine Art und Weise, auf die sie stolz sein darf. Kerber hatte ihr Herz auf dem Platz gelassen, sie hatte sich wieder und wieder auf Augenhöhe mit der favorisierten Chinesin gewuchtet, obwohl die Kräfte erkennbar zur Neige gingen.

Aber kämpfen, alles zu geben was sie hat, das war schon immer Kerbers große Stärke. So gewann sie drei Grand-Slam-Titel, so drang sie viel weiter vor im olympischen Tennisturnier, als zu erwarten war. Sämtliche Abschiedstexte waren ja schon vorformuliert, als Kerber in der ersten Runde auf Naomi Osaka traf, aber mit ihrem unglaublichen Willen hat Kerber den Abschied noch einmal hinausgezögert. Nun aber ist es so weit – und eine ganz große Sportlerin verlässt die Bühne.