Hamburg. Equipe Tricolore siegt im Elfmeterschießen gegen Portugal und trifft am Dienstag (21 Uhr) in München auf Deutschlandbezwinger Spanien.
Es war bereits kurz vor Mitternacht am Freitagabend, als ein langer Abend im Volksparkstadion sein lautstarkes Ende fand. Theo Hernandez hatte nach 120 quälend langen Minuten den letzten Schuss aus elf Metern verwandelt und zumindest die französischen Fans unter den 50.000 Zuschauern in totale Ekstase versetzte. Frankreich mit Kylian Mbappé ist damit im Halbfinale und trifft dort auf Deutschlandbezwinger Spanien, Cristiano Ronaldos Portugiesen müssen nach Hause.
Frankreich siegt nach 120 schwachen Minuten gegen Portugal
Doch bereits seit 17 Uhr am Vortag, als Ronaldo und Co. wenige Stunden nach Mbappé und Co. mit ihren Chartermaschinen in Hamburg gelandet waren, war die sonst eher zurückhaltende Hansestadt im Ausnahmezustand. Die 1,4 Kilometer zwischen den Teamhotels in der Innenstadt wurden zur Rennstrecke für Autogrammjäger, die allerdings vergeblich auf eine Unterschrift hofften. Nur einer wollte sich partout nicht am hanseatisch-portugiesisch-französischen Chichi beteiligen: Monsieur Didier Deschamps.
Der Trainer der Equipe Tricolore hatte den Rummel um die beiden Weltstars natürlich mitbekommen, kümmerte sich im Anschluss an den Achtelfinalsieg gegen Belgien (1:0) aber weniger um die Ronaldo-Mbappé-Manie als viel mehr darum, wer gegen Portugal den zuverlässigen, aber dummerweise gelbgesperrten Adrien Rabiot im defensiven Mittelfeld ersetzt. Wie erwartet fiel Deschamps‘ Wahl auf Mbappés zukünftigen Real-Madrid-Kollegen Eduardo Camavinga.
Portugal übernahm die Spielkontrolle zu Beginn
Und der 21 Jahre alte 100-Millionen-Euro-Mann hatte in der Anfangsviertelstunde mehr zu tun, als ihm lieb war. Anders als von vielen gedacht, übernahm die portugiesische Mannschaft von Beginn an genauso die Spielkontrolle wie die rot-grünen Anhänger die Kontrolle über die Tribünen. Portugals Fans waren nicht laut, sie waren muito laut.
Dabei war das Geschehen auf dem Rasen trotz Überlegenheit der Seleção lange Zeit eher muito langweilig. Und Les Bleus? Ausgerechnet Linksverteidiger Theo Hernandez hatte durch einen Fernschuss so etwas Ähnliches wie die erste Halbchance des Spiels (20.).
1,05 Milliarden gegen 1,23 Milliarden Euro
Traut man dem Fachportal transfermarkt.de, dann waren an diesem späten Freitagabend im Hamburger Volkspark Transferwerte von 1,05 Milliarden Euro (Portugal) auf der einen und 1,23 Milliarden Euro (Frankreich) auf der anderen Seite auf und neben dem Rasen versammelt. Doch die Zahlen, die nach 45 Minuten Rasenschach zählten, lauteten null und null. Null Tore, null Großchancen – weder für Team Ronaldo noch für Team Mbappé.
Das lag natürlich nicht ausschließlich an den schwachen Auftritten der beiden angehimmelten Superstars, aber auch. Keiner von beiden konnte in der ersten Halbzeit auch nur ein erfolgreiches Dribbling für sich verbuchen. Ronaldo hatte ernüchternde elf Ballkontakte, Mbappé auch nur 23. Torschüsse von den beiden: null. Torschussvorlagen: null. Flanken: null.
Erst nach einer Stunde gab es Chancen
Und so war ein 0:0 nach dem ersten Durchgang nur folgerichtig. Fußball wurde erst wieder nach einer Stunde gespielt, als der frühere Münchner João Cancelo erst mit einem Zauberpässchen Bruno Fernandes in Szene setzte und es wenige Sekunden später auch selbst versuchte.
Es war für ein paar Minuten eine Art Einverständniserklärung, dass ab sofort so etwas Ähnliches wie der Leckerbissenfußball geboten werden durfte, den sich die 50.000 Zuschauer von Anfang an gewünscht hatten.
- EM 2024: Ronaldo und Mbappé in Hamburg – Fans wurden bitter enttäuscht
- EM 2024: Schwarzarbeit bei Securitys? Nun gab es eine Razzia in Hamburg
- EM 2024 Hamburg: Offenbar Schwarzarbeit und nicht mal Mindestlohn bei Security
Nur die eigentlich Protagonisten dieses Abends hielten sich auch weiterhin sehr vornehm zurück. Da passte es ins Bild, dass Mbappé Sekunden vor dem letzten Pfiff der regulären Spielzeit die große Siegchance hatte – und diese kläglich vergab (90.+2).
Im Übrigen genauso kläglich wie Gegenüber Ronaldo kurz nach dem Beginn der Verlängerung, als Vitinha dem 39 Jahre alten Superstaropa die beste Chance des Spiels auflegte (92.). Für Superstar Nummer eins (Mbappé) war dann wenig später Schluss. Der Franzose musste nach 105 mageren Minuten raus. Und für Superstar Nummer zwei (Ronaldo) folgte, was bei Portugal-EM-K.o.-Spielen folgen muss: Elfmeterschießen.
Im Elfmeterschießen war für Portugal Schluss
Pênaltis, wie die Lotterie aus elf Metern auf Portugiesisch heißt, sind natürlich immer ein Glücksspiel. Ronaldo traf zwar seinen Schuss, doch Kumpel João Félix traf nur den Pfosten. Dann folgte der letzte Schuss des Abends durch Hernandez. Oben rechts in den Winkel.
Ronaldo fliegt raus, Mbappé nach München
Dann war es vorbei. Das 30. EM-Spiel von Rekordhalter Cristiano Ronaldo dos Santos Aveiro war sein letztes. Ob sein 214. Spiel für Portugal auch sein letztes Länderspiel gewesen ist, ließ der 39-Jährige zunächst noch offen. So oder so, die Weltkarriere von CR7 wird bald zu Ende sein. Kylian Mbappé, sein Nachfolger im Weltfußball, darf sich dagegen erneut am Dienstag beweisen – und es dann hoffentlich besser machen.
Dann heißt der Gegner nicht Ronaldo, sondern Spanien.