Stuttgart/Frankfurt. Mit einer enttäuschenden Leistung beim 0:0 gegen die Ukraine zieht Tedescos Team ins EM-Achtelfinale ein. Die Slowakei und Rumänien jubeln.

Als kurz nacheinander die beiden abschließenden Spiele der Gruppe E zwischen der Ukraine und Belgien in Stuttgart und zwischen der Slowakei und Rumänien in Frankfurt abgepfiffen wurden, lieferten die Bilder aus den beiden Stadien größtmögliche Kontraste. Während in Frankfurt Slowaken und Rumänen nach dem 1:1 (1:1) ihren gemeinsamen Einzug ins Achtelfinale der EM feierten, herrschten in Stuttgart nach dem 0:0 Trauer und Enttäuschung.

Das galt aber nicht nur für die Ukrainer, die zwar wie die drei anderen Mannschaften der Gruppe E vier Punkte geholt hatten, wegen ihrer schlechteren Tordifferenz aber als Tabellenvierter trotz eines leidenschaftlichen Vortrags ausgeschieden waren. Schlechte Laune herrschte auch bei den Belgiern. Mit einem ohrenbetäubenden Pfeifkonzert verabschiedeten die Fans der Roten Teufel ihre Mannschaft, dass sich diese gar nicht traute, zum eigenen Anhang zu gehen. Nur die Ergänzungsspieler wurden später beklatscht, was viel darüber erzählte, welche Meinung die Fans von der Leistung der Stammformation haben. Dass die Belgier das Achtelfinale gegen Frankreich am Montag in Düsseldorf als Gruppenzweiter erreicht haben, war wegen der enttäuschenden Darbietung nur ein schwacher Trost.

Tedesco stellt sich vor seine belgische Mannschaft

Belgiens deutscher Trainer Domenico Tedesco stellte sich später auf der Pressekonferenz vor seine Mannschaft. „Wenn die Fans pfeifen, müssen wir das akzeptieren“, sagte der frühere Schalke-Coach, betonte aber: „Wir haben uns qualifiziert, das ist das Wichtigste.“ Mit Blick auf das Achtelfinale gegen Frankreich sagte er: „Das sind die Spiele, auf die wir uns freuen. Wir können alle herausfordern.“ Dennoch dürften sich ähnlich wie bei den Engländern und Franzosen auch die Debatten um die ambitionierten, aber spielerisch oft enttäuschenden Belgier verschärfen.

Ondrej Duda jubelt mit seinen Teamkollegen über Platz drei
Ondrej Duda jubelt mit seinen Teamkollegen über Platz drei © AFP | Angelos Tzortzinis

Schon vor dem letzten Spieltag in der Gruppe E hatte es Befürchtungen gegeben, dass die Ukraine im Falle eines Unentschiedens Opfer eines Paktes zwischen der Slowakei und Rumänien im Parallelspiel werden könnte. Ein Remis hätte diesen beiden Mannschaften ja in jedem Fall zum Weiterkommen gereicht. Doch einen Nichtangriffspakt wie zwischen Deutschland und Österreich bei der sogenannten „Schande von Gijón“ bei der WM 1982 war in Frankfurt 42 Jahre nicht erkennbar gewesen.

Zeitweise sah es danach eher in Stuttgart zwischen der Ukraine und Belgien aus. Tedescos Mannschaft bestimmte erwartungsgemäß das Geschehen, offenbarte aber wie schon in den beiden Spielen zuvor Defizite im Offensivspiel und vor allem Abschluss. Nur auf Kapitän Kevin De Bruyne gingen die wenigen torgefährlichen Szenen vor der Pause zurück.

Ukraine lässt gute Chancen liegen

Mindestens ebenso gut wie eine Führung hätte sich allerdings auch ein Rückstand aus Sicht der Belgier einstellen können. Allerdings spielte die Ukraine ihre Konter gegen die erstaunlich luftig arrangierte Defensive der Roten Teufel oft nicht gut aus, zuweilen sogar regelrecht fahrlässig. Das hatte zur Folge, dass aussichtsreiche Angriffe in Fehlpässen oder schwachen Abschlüssen versiegten.

In der zweiten Halbzeit besaßen zunächst die Belgier weiterhin die größeren Spielanteile, Chancen allerdings stellten sich in der Stuttgarter Arena ungefähr so häufig ein wie Meistertitel für den VfB in der jüngeren Vergangenheit. Mehr als ein Schüsschen von Lukaku gab es bis zur 73. Minute nicht zu bestaunen. Erst dann wurde es wirklich gefährlich, als der eingewechselte Yannick Carrasco scharf abschloss, Turbin aber parierte.

Enttäuscht: Die Spieler aus der Ukraine.
Enttäuscht: Die Spieler aus der Ukraine. © Getty Images | Clive Mason

Kurz nach Carrascos Chance fehlte nicht viel zur Führung für die Ukraine, als Artem Dovbyks Schuss aus kurzer Distanz gerade noch geblockt wurde. Wenig später traf er mit einem Rechtsschuss das Außennetz, ehe Koen Casteels einen direkt aufs Tor gezogenen Eckball von Ruslan Malinovskyi geradeso auf der Linie abwehrte. Verteidiger Timothy Castagne musste auch noch seinen Oberkörper in Malinovskyis gesundheitsgefährdenden Gewaltschuss bewegen, um ein Gegentor zu verhindern. Und dann verpasste nach einem Solo auch noch Georgiy Sudakov mit seinem zu zentral platzierten Schuss die Führung für die Ukraine.

Es waren Großchancen, die verdeutlichten, auf welch schmalem Grat die Belgier gewandelt waren. Bei einer Niederlage wären sie wegen des gleichzeitigen Remis zwischen der Slowakei und Rumänien nach der Gruppenphase ja ausgeschieden, wie schon bei der WM 2022. Doch so war am Ende die Ukraine das Opfer des 1:1 in Frankfurt und ihrer schlechteren Tordifferenz im Vergleich zu Rumänien, Belgien und der Slowakei.