Essen. 200.000 schottische Fans werden in Deutschland erwartet - darunter Craig Ferguson, der über 1000 Kilometer geht. Aus einem ernsten Grund.

Gerade laufe er an interessanten Häuser vorbei, berichtet Craig Ferguson, und das gute sei, dass es nicht regne. Dabei knarzt sein schottischer Akzent ins Telefon. Acht bis zwölf Stunden gehe er am Tag, im Schottenrock, versteht sich, „und wenn ich da bin, werde ich ein paar Bier trinken, das ist klar“.

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Die EM im eigenen Land - was ist drin für Deutschland?

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Normalerweise wird ein Spaziergänger im Sportteil links liegen gelassen. Craig Ferguson aber ist nicht irgendein Spaziergänger, sondern ein Fan der schottischen Nationalmannschaft, der sich auf den Weg von Glasgow bis nach München gemacht hat. Hier erlebt das kleine Land aus dem Norden Großbritanniens eines der größten Spiele seiner Fußballgeschichte. Am Freitag soll EM-Gastgeber Deutschland im Eröffnungsspiel geärgert werden.

1200 Kilometer hat Ferguson am Ende in den Füßen, mehrere Landesgrenzen hat er überquert, an etlichen Straßen ist er entlang marschiert, wenn er schließlich am Münchener Marienplatz ankommt. „Die schottischen Fans sind speziell“, sagt er. „Sie werden für eine besondere Atmosphäre sorgen.“

200.000 Schotten werden bei der EM 2024 erwartet

Wobei „speziell“ eigentlich ein zu schwaches Adjektiv ist, um den Anhang von der Insel zu beschreiben. Besser eignet sich „verrückt“ oder „leidenschaftlich“ oder „ekstatisch“. 200.000 Schottinnen und Schotten sollen nach Deutschland kommen. „Tartan Army“ werden sie genannt, ihr Motto lautet: „No Scotland, no Party“. Viele bleiben, solange ihre Mannschaft im Turnier mitmischt, egal ob sie eine Stadionkarte besitzen oder nicht. Allerdings, bislang hat das Land noch nie eine Vorrunde überstanden.

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    „Der Einfluss der Fans ist riesig. Auch wenn es nicht viele Eintrittskarten gibt, überrascht mich die Zahl nicht“, sagte Co-Trainer John Carver. Abwehrspieler Scott McKenna meinte: „Wir wollen versuchen, eine Leistung zu zeigen, auf die die Fans stolz sein können.“ Das Quartier der Nationalelf befindet sich in Garmisch-Partenkirchen. Im deutschen Skiort nahe der Zugspitze erklingt deswegen plötzlich Dudelsack-Musik, am Trainingsplatz hängen Schottlandfahnen, die Einheiten werden zu kleinen Ereignissen.

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    Bis nach Garmisch-Partenkirchen wird Craig Ferguson aber nicht gehen, er möchte am Donnerstag in München ankommen. Auf seinen Marsch hat er sich lange vorbereitet, „damit mein Körper bereit ist“. Zwei Paar Schuhe hat er dabei, dies genüge. Deutschland habe er als sehr gastfreundlich erlebt, die Landschaft könne man mit der schottischen vergleichen. „Nur die Architektur der Häuser ist oft anders.“ Ihm gehe es neben der Unterstützung für die schottische Elf darum, das Thema mentale Gesundheit bei Männern aus der Tabuzone zu kramen. Dafür sammelt er auch Spenden, ein mittlerer fünfstelliger Betrag ist zusammengekommen.

    Nach zehn verpassten Welt- und Europameisterschaften sind die Bravehearts, wie Schottlands Auswahl genannt wird, bei der EM 2021 auf die große Fußball-Bühne zurückgekehrt. Bei dem Turnier vor drei Jahren gelang ihnen immerhin ein torloses Unentschieden gegen den Rivalen England. Nun folgt der große Abend beim EM-Eröffnungsspiel gegen Deutschland. „Die schottische Mannschaft hat keine herausragende Historie, wir sind noch nie über das Achtelfinale hinausgekommen“, sagt Ferguson. „Ich hoffe, wir schaffen es diesmal.“ Die Fans werden jedenfalls alles dafür tun.

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