Paris. Der deutsche Tennis-Star bleibt weiter ohne Gesamtsieg bei einem Grand-Slam-Turnier. Bei den French Open war Carlos Alcaraz nicht zu schlagen.
Am Ende von zwei aufreibenden Grand Slam-Wochen war Roland Garros wieder in spanischer Hand – und Alexander Zverev (27) hatte zwar den größten aller Sandplatzspieler geschlagen, in Runde eins den Titanen Rafael Nadal. Aber der neue König von Paris hieß Carlos Alcaraz, der Wunderknabe und Nadal-Erbe, der den deutschen Olympiasieger in einem mitreißenden Tennis-Marathon mit 6:3, 2:6, 5:7, 6:1 und 6:2 besiegte und Zverevs Pokalträume in einem letzten Dreh auf der Ziellinie zerstörte.
Genau um 19.33 Uhr wälzte sich Alcaraz siegesstrunken im roten Centre Court-Sand, während Zverev nach der Tortur über vier Stunden und 18 Minuten mit versteinerter Miene zu seiner Pausenbank schritt – unglücklicher Verlierer in einem Weltklasseduell, das eine finale Achterbahnfahrt mit allen Höhen und Tiefen bot. Er hoffe, „noch einmal eine Chance zu bekommen auf diesen Pokal“, sagte Zverev später bei den Siegerzeremonien geknickt, „das würde auch mein Team verdienen.“
Zverev bleibt wieder einmal nur der Trostpreis
Die Silberschale als Trostpreis für den zweiten Sieger erhielt der gescheiterte Olympiaiseger aus den Händen des sechsmaligen French Open-Siegers Björn Borg. Der legendäre alte Schwede überreichte dann auch Alcaraz den Coupe de Mousquetaires, der 21-jährige hatte mit seinem Sieg wie einst auch Borg Historisches erreicht, nämlich nun als jüngster Spieler auf allen drei Grand Slam-Belägen den Titel zu holen - zuvor schon in New York 2022 und in Wimbledon 2023. „Es ist ein fantastischer Moment für mich, nach vielen Schwierigkeiten in dieser Saison. Es ist unfaßbar, dass ich hier jetzt als Sieger stehe.“
Wie vor dreieinhalb Jahren im New Yorker Finale, bei seinem ersten vielversprechenden Grand Slam-Titelanlauf, konnte Zverev einen Vorsprung nicht über die Ziellinie bringen. Damals, bei den US Open, hatte er gegen den Österreicher Dominic Thiem mit 2:0-Sätzen geführt, ehe er noch im Tiebreak des fünften und letzten Satzes dramatisch verlor. Nun gab Zverev einen 2:1-Satzvorteil preis, wirkte nach vielen auszehrenden Partien auf dem Weg ins Finale auch nicht mehr in bester körperlicher Verfassung, als es hart auf hart ging. „Ein großartiges Endspiel zweier Topspieler. Alcaraz hatte einfach den längeren Atem“, sagte TV-Experte Boris Becker. Nach der Niederlage von Michael Stich 1996 gegen den Russen Jewgeni Kafelnikow ging nun auch der zweite deutsche Endspielauftritt unterm Eiffelturm in der modernen Tennisära ohne Happy-End in die Geschichtsbücher ein.
Nach drei gescheiterten French Open-Halbfinaleinsätzen hatte Zverev erstmals den letzten Grand Slam-Fall für Zwei erreicht, doch die Partie gegen Himmelsstürmer Alcaraz begann geradezu frappierend schlecht. Die beiden ersten Aufschläge des Deutschen: Jeweils Doppelfehler. Dann folgerichtig ein Break gegen sich im ersten Servicespiel. Und zwei weitere in einem verkorksten Auftaktdurchgang, der 3:6 verloren ging. Aber Zverev berappelte sich, wie so oft in seiner Karriere, wie so oft in den zurückliegenden French Open-Wochen. Er gewann den zweiten Satz mit 6:2 und vollbrachte dann im dritten Satz das Kunststück, ein 2:5-Defizit aufzuholen und in ein 7:5 zu verwandeln. Ein Entfesselungsakt, der an Zverevs Aufholjagd in Runde drei gegen den Niederländer Tallon Griekspoor erinnerte, da hatte er mit 1:4 und Doppelbreak im Schlußsatz zurückgelegen und noch gewonnen.
Zverev überzeugte in den zwei Wochen von Paris
Zverev, bei diesem Turnier wie ein Stoiker unterwegs, weit entfernt von seinen hitzköpfigen Flegeljahren, verpaßte dann allerdings, seinen Houdini-Entfesselungsakt auch zu veredeln und im vierten Satz alles zu seinen Gunsten zu entscheiden. Stattdessen übernahm auf einmal Alcaraz die Regie, der trotz mehrfacher Behandlung am Oberschenkel durch herbeigeeilte Physiotherapeuten quicklebendig wirkte. Und dann auch den 2:2-Satzausgleich deutlich mit 6:1 schaffte.
Aufregung dann im fünften Satz: Nach einem Aufschlagverlust zum 1:2 hatte Zverev postwendend die Chance auf ein Rebreak, doch ein Doppelfehler von Alcaraz bei 15:40 wurde vom französischen Schiedsrichter Renaud Lichtenstein nicht erkannt. Bilder des (in Paris nicht offiziell eingesetzten) Hawk eye-Systems zeigten die Fehlentscheidung deutlich an. Statt 2:2 lautete das Defizit 1:3 aus Zverevs Sicht – und zu einer letzten Aufholjagd kam es dann auch nicht mehr für den sichtlich frustrierten, auch leicht resignierenden Hamburger. Der Traum vom großen Grand Slam-Sieg in Paris blieb unerfüllt.