Kaiserslautern. Friedhelm Funkel hat Erfahrung in Endspielen gesammelt. Der FCK-Trainer spricht über die Außenseiter-Chance gegen Leverkusen.
Friedhelm Funkel trug die goldene Trophäe damals wie einen Helm durch das Berliner Olympiastadion. Im Mai 1985, nachdem er mit Bayer Uerdingen im Finale den FC Bayern München 2:1 bezwungen hatte, entstanden so jene Bilder, die ihn zeigen, wie er den Pokal verkehrt herum auf seinem Kopf zwischen den Händen hält und in die Kameras lächelt. Es sind Szenen, die vielen gerade jetzt wieder in den Kopf kommen, vor dem Endspiel an diesem Samstag (20 Uhr/ARD), wenn Funkel als Trainer mit dem 1. FC Kaiserslautern auf Bayer Leverkusen trifft.
Was löst der Gedanke an dieses Pokalfinale bei Ihnen aus, Herr Funkel?
Friedhelm Funkel: Wir freuen uns alle wahnsinnig darauf, dass wir das erleben dürfen − ich jetzt noch einmal, die Spieler zum allerersten Mal. Es herrscht tatsächlich eine riesige Vorfreude: im Trainerstab, bei der Mannschaft, den Fans, den Verantwortlichen.
Sie stehen schon zum fünften Mal in einem Pokalfinale. Was haben Sie aus Ihren bisherigen Endspielen gelernt?
Dass man immer eine Chance hat, selbst wenn der Gegner übermäßig stark ist. Das war 1985 so, aber auch 1998 und 2006, als wir zweimal knapp gegen die Bayern verloren haben. Auch gegen Leverkusen wird das jetzt der Fall sein. Diese Bayer-Mannschaft ist natürlich haushoher Favorit. Aber es gibt immer wieder Möglichkeiten, zu überraschen. Die Spieler müssen über sich hinauswachsen, der Spielverlauf muss auch ein bisschen glücklich für dich sein. Wenn man von den wenigen Tormöglichkeiten, die man wahrscheinlich bekommt, eine nutzt, kann ein solches Spiel lange Zeit offen bleiben.
Als Spieler verloren Sie ein Finale 1981 mit Kaiserslautern, als Trainer mit dem MSV Duisburg und Eintracht Frankfurt. Welche Niederlage tat am meisten weh?
Die Niederlage 1998 mit dem MSV war sehr, sehr schmerzhaft. Weil wir über 70 Minuten das klar bessere Team waren, geführt haben und das Spiel sich nur durch das brutale Foul von Michael Tarnat an Bachirou Salou gedreht hat. Das war eine klare Rote Karte, die der damalige Schiedsrichter Hartmut Strampe nicht gegeben hat. Bachi musste vom Platz getragen werden. Genau in der Phase, drei Minuten nach der Verletzung, bekam Bayern einen Eckball und Markus Babbel köpfte das 1:1. Damals hat man noch gegen den Mann verteidigt bei Eckbällen. Bachi war da eigentlich eingeteilt, er hatte vorher jedes Kopfballduell gegen Babbel bei Standards gewonnen. Nach dem Ausgleich hat Bayern ein bisschen Übergewicht bekommen und durch einen Glückstreffer in der 89. Minute gewonnen. Diese Niederlage war sehr, sehr bitter. Ich musste die Jungs hinterher trösten.
Wie bereiten Sie Ihre Lautern-Profis nun auf dieses große Spiel vor?
Wir hatten ja mit dem Zweitliga-Spiel bei Hertha BSC vor zwei Wochen schon das Glück, vor 70.000 Fans im Olympiastadion zu spielen. Da waren aber 63.000 gegen uns. Jetzt werden wir mindestens 30.000 Lauterner im Stadion haben. Und ich glaube, dass die neutralen Zuschauer auch eher auf unserer Seite sind. Ob das dann ausschlaggebend sein wird, muss man abwarten. Ich bereite die Mannschaft ein bisschen auf die Atmosphäre vor, die ganz anders ist als bei Liga-Spielen. Und erzähle den Jungs diesmal von meinen Endspielen, was ich normalerweise nicht mache. Ich gebe ihnen meine Final-Erfahrungen mit. Das kann wichtig sein. Ich denke, dass ich das gut rüberbringen kann.
Sie sind mittlerweile 70 und haben im Profifußball viel erlebt. Was sind die wichtigsten Dinge, die Sie für sich mitgenommen haben?
Man muss immer mit Demut an eine Aufgabe herangehen, aber niemals negativ. Man muss immer wieder versuchen, eine positive Grundstimmung zu erzeugen.
Was bedeutet das konkret für diese Partie?
Die Jungs sollen Spaß haben trotz all der Qualen, die sie erleben werden. Sie werden permanent dem Ball hinterherlaufen und Zweikämpfe bestreiten müssen. Sie dürfen nie aufgeben, nie aufstecken, müssen alles menschlich Mögliche auf dem Rasen leisten – und sollen es trotzdem genießen. Niemand erwartet etwas von uns am Samstagabend, es herrscht kein Erwartungsdruck. Auch das kann ein Vorteil sein, auch darüber sprechen wir.
Setzen Sie vorher also eher auf Lockerheit statt auf Anspannung?
Bis zu einem gewissen Zeitpunkt muss es locker ablaufen. Wenn dann zweieinhalb Stunden vor dem Spiel die letzte Mannschaftsbesprechung abgehalten wird, kommt die Anspannung von allein, auch die Konzentration. Wenn man ins Olympiastadion reingeht, werden auch gewisse Glücksgefühle hervorgerufen.
Sie sind mit einer Rettungsmission nach Kaiserslautern gekommen, haben wieder einmal einen Klub vor dem drohenden Abstieg bewahrt. Wie machen Sie das eigentlich?
Dafür gibt es kein Rezept. Ich mache das auch nicht allein. Ich hatte jedes Mal und nun auch in Kaiserslautern ein sehr gutes Trainerteam um mich herum. Wir haben menschlich sehr schnell zueinander gefunden. Wir haben uns auch intensiv mit der Mannschaft und dem, was auf uns zukam, beschäftigt. Als älterer Mensch hat man zudem die Ruhe und Erfahrung. Man hat schon viele Situation erlebt und durchlebt. Die Spieler haben immer wieder geäußert, dass es wichtig war, dass sie einen Trainer haben, der Ruhe bewahrt hat. In Kaiserslautern, wie bei vielen anderen Traditionsvereinen auch, gibt es ein sehr unruhiges Umfeld. Davon darf man sich als Trainer gar nicht beeinflussen lassen, sondern muss mit der Mannschaft seinen Weg gehen. Das habe ich auch in Köln und Düsseldorf so gemacht, so haben wir nun auch mit Kaiserslautern wieder die Klasse gehalten.
Führen Sie Lautern vor ihrem Abschied als FCK-Trainer nun gar noch nach Europa?
(lacht) Dafür müssen wir ja jetzt gewinnen. Die Chance ist in diesem Spiel da. Aber dafür muss schon sehr viel auf unserer Seite sein.