München. Die Gedenkfeier des FC Bayern für Franz Beckenbauer trägt vor zahlreichen Weggefährten und Persönlichkeiten Züge eines Staatsaktes.
Spätestens, als Uli Hoeneß am Rednerpult die Anekdote erzählte, dass Franz Beckenbauer einst nach dem Meistertitel 2000 auf den Fidschi-Inseln nachts vor dem Zimmer des damaligen Fifa-Präsidenten Sepp Blatter „Steht auf, wenn ihr Bayern seid“ gesungen hatte, erhielt die Gedenkfeier für Beckenbauer auch eine heitere Note. Zudem hatte es am Freitagnachmittag in der Münchner Arena viele emotionale und auch tröstliche Momente gegeben. Deutlich geworden war während vor rund 30.000 Menschen immer wieder, dass es sich trotz aller Trauer vieler Weggefährten und Fans um eine Feier im Wortsinne handelte. Gefeiert worden war von den Menschen und dem Verein FC Bayern, Beckenbauer erlebt und begleitet zu haben. „Du fehlst mir sehr“, sagte Hoeneß in Richtung des am 7. Januar verstorbenen Beckenbauer am Ende seiner Rede.
„Franz. Spieler – Kaiser – Mensch“, stand auf jener Bühne, auf der Vereinspräsident Herbert Hainer, Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Bayerns Ministerpräsident Markus Söder und Beckenbauers früherer Mitspieler, Bayern Münchens Ehrenpräsident Hoeneß, ihre Reden hielten. Zudem richtete Kardinal Reinhard Marx vor seinem Gebet für Beckenbauer sogar Grüße von Papst Franziskus aus, die dieser per E-Mail übermittelt habe, wie Marx erzählte.
Bundeskanzler Scholz: „Abschied von einem großen Deutschen“
Die Veranstaltung vor zahlreichen Weggefährten und Persönlichkeiten aus Sport, Politik und Kultur trug Züge eines Staatsaktes, dem auch Bundeskanzler Olaf Scholz beiwohnte. Man nehme „Abschied von einem großen Deutschen“, sagte Steinmeier. Das deutsche Staatsoberhaupt bedankte sich im Namen aller Deutschen und befand: „Er hat sich um unser Land verdient gemacht.“ Kränze wurde auf dem Rasen niedergelegt, wo aus roten Rosen auch Beckenbauers frühere Rückennummer 5 geformt worden war. Der in München geborene Startenor Jonas Kaufmann sang unter anderem „Time to say Goodbye“ in der italienischen Version „Con te partiro“. Im Rahmenprogramm hatte der Tölzer Kinderchor bereits „Gute Freunde“ intoniert. Jenes Lied also, mit dem sich Beckenbauer zu seiner Zeit als Fußballer 1966 auch als Schlagersänger versucht hatte. „Von Franz konnte man nicht nur auf dem Fußballplatz, sondern überall im Leben viel lernen“, sagte Hoeneß. Die WM 2006 nach Deutschland zu holen, sei Beckenbauers „Meisterstück“ gewesen. Und Hoeneß erinnerte am Schauplatz der Gedenkfeier auch daran, dass die Münchner Arena wohl nie gebaut worden wäre, „wenn Franz nicht die WM nach Deutschland geholt hätte“.
Gedacht worden war Beckenbauer an selber Stelle bereits am Freitag vor einer Woche. Doch die Schweigeminute und die zahlreichen Aktionen fanden damals im Rahmen des Bundesligaspiels des FC Bayern gegen die TSG Hoffenheim statt. Nun aber ging es einzig und allein darum, Beckenbauer zu ehren, also den Weltmeister von 1974 als Spieler und von 1990 als Teamchef sowie die mit ihrem gesamten Wirken und auch Wesen wohl prägendste Figur des deutschen Fußballs. Als solche hatte Beckenbauer auch international eine enorme Strahlkraft entfaltet und zu den bekanntesten Persönlichkeiten aus Deutschland gezählt, weit über den Sport hinaus.
Fifa-Boss Infantino und Uefa-Chef Ceferin auf der Tribüne
Gekommen waren zur Gedenkfeier viele Freunde und Gefährten aus dem nationalen und internationalen Fußball und Sport. Fifa-Präsident Gianni Infantino und Uefa-Präsident Aleksander Ceferin saßen ebenso auf der Tribüne wie DFB-Präsident Bernd Neuendorf und Bundestrainer Julian Nagelsmann. Auf der Gästeliste standen zudem Präsident Joan Laporta vom FC Barcelona und Stürmerlegende Emilio Butragueño von Real Madrid. Übertragen wurde die Gedenkfeier von mehreren TV-Sendern und Streaminganbietern, auch international wurde die Veranstaltung verfolgt. Zu Beginn der Zeremonie hatten die elf deutschen Fußball-Legenden Rainer Bonhof, Andreas Brehme, Paul Breitner, Lothar Matthäus, Günter Netzer, Wolfgang Overath, Franz Roth, Karl-Heinz Rummenigge, Georg Schwarzenbeck, Bastian Schweinsteiger und Berti Vogts rote Rosen am Mittelkreis abgelegt. Beckenbauers Witwe Heidi schaute von der Tribüne aus zu.
Beckenbauer war am Sonntag vor einer Woche im Alter von 78 Jahren gestorben. Beigesetzt worden war Beckenbauers Leichnam am 12. Januar auf dem Münchner Friedhof am Perlacher Forst im Stadtteil Giesing, in dem er kurz nach dem Zweiten Weltkrieg geboren worden und aufgewachsen war. Seine letzte Ruhestätte hatte Beckenbauer am Freitag vor einer Woche im Familiengrab seiner Eltern Antonie und Franz gefunden. Schräg gegenüber liegt auch Beckenbauers Sohn Stephan, der 2015 im Alter von 46 Jahren an den Folgen eines Gehirntumors gestorben war. Dieser Verlust hatte Beckenbauer schwer zugesetzt. Nahezu zeitgleich waren damals erste Berichte über die mutmaßliche Bestechungen im Zuge der Vergabe der Fußball-WM 2006 in Deutschland aufgekommen. Dadurch trübte sich nicht nur das Bild des sogenannten Sommermärchens ein, sondern auch das des vermeintlichen Glückskindes Beckenbauer, dem scheinbar alles zuflog. Die mutmaßlichen Bestechungen, die wegen dubioser Zahlungen zumindest nahelagen, konnten allerdings nie eindeutig nachgewiesen werden.
Um die möglichen Schattenseiten der sogenannten Lichtgestalt Beckenbauer ging es bei der Gedenkfeier selbstredend nicht. Sondern vielmehr darum, den vielen Erfolgen und Verdiensten des „Kaisers“ zu gedenken. Und auch darum, sich von Beckenbauer mit einem Lächeln zu verabschieden.