Köln. Auch gegen den SC Freiburg gelingt kein Tor, so taumelt der 1. FC Köln dem Abstieg aus der Bundesliga entgegen. Wie konnte es dazu kommen?
Die Sätze, die Florian Kainz nach einem weiteren Spiel des 1. FC Köln ohne eigenes Tor formulierte, klangen wie eine ziemlich abgedroschene Fußballer-Binse, und doch trafen sie tief hinein in den Kern dieser traurigen Fußballsaison. „Wenn man wieder zu Hause kein Tor schießt, kann man die Spiele nicht gewinnen, und dann ist es zu wenig”, sagte der Kapitän der Kölner nach dem 0:0 gegen den SC Freiburg, in dessen Folge nur noch Wundergläubige einen Verbleib in der Bundesliga herbeiphantasieren konnten.
Die Worte des Kapitäns beschrieben die abermals frappierende Harmlosigkeit des Kölner Angriffs in diesem Spiel, sie beschrieben das zentrale Grundproblem der gesamten Saison hin, und das „zu wenig“ konnte sogar als Hinweis auf die fehlerhafte Strategie verstanden werden, die dem Niedergang dieses im Rheinland immer noch heiß geliebten Vereins zu Grunde liegt.
Auch der für diese Strategie hauptverantwortliche Sport-Geschäftsführer Christian Keller sprach von einem „roten Faden, der sich durch die ganze Saison zieht“: Die Kölner investieren viel, spielen oft voller Hingabe, werfen sich in Zweikämpfe und verteidigen meist sehr ordentlich: Aber sie sind erschreckend harmlos vor dem gegnerischen Tor. Diese Erkenntnis führt direkt hinein in die Debatte, die den Klub nicht erst seit einem viel diskutierten Interview beschäftigt, das der Präsident Werner Wolf in der vergangenen Woche mit der klubeigenen Medienabteilung führte.
1. FC Köln fehlt Qualität im Angriff
Weil wie immer im Kontext solcher Untergänge personelle Konsequenzen gefordert werden, hatte Wolf klargestellt, dass sowohl die drei Geschäftsführer als auch die drei Präsidiumsmitglieder im Abstiegsfall weiter machen werden. „Wir werden den Rufen nach Rücktritten und Entlassungen nicht nachgeben“, verkündete Wolf. „Das wäre ein Rückfall in die Mechanismen, die seit ganz vielen Jahren verhindern, dass der FC nachhaltig wächst.“
Einerseits ist diese Argumentation nachvollziehbar, fehlende Kontinuität auf Schlüsselpositionen zählt tatsächlich zu den Ursachen für die sechs Abstiege, die der Klub zwischen 1998 und 2018 zu bewältigen hatte. Wobei schon die Frage im Raum steht, was die gegenwärtige Vereinsführung dafür qualifizieren soll, den Klub wirklich in eine bessere Zukunft zu führen. Wolf hat an dieser Stelle nur ein Argument: „Wir wollen den Teufelskreis opportunistischer Maßnahmen der vergangenen rund 35 Jahre durchbrechen“, bekräftigte der Präsident. In der laufenden Saison sei die Geschäftsführung „erstmals seit vielen, vielen Jahren in der Lage, den Betrieb des FC ohne Sondereinnahmen aufrecht zu erhalten, also ohne Transfereinnahmen, Einnahmen aus dem europäischen Wettbewerb oder das vorzeitige Anzapfen künftiger Einnahmen.“
Das klingt gut, wäre da nicht das Problem, dass der Sanierungskurs besonders an jener Stelle des Kaders Schäden angerichtet hat, wo Geldeinsatz besonders wichtig ist: im Sturm. Mit Luca Waldschmidt sowie Davie Selke spielen nur zwei Angreifer beim FC, die ihre Bundesligatauglichkeit bereits nachgewiesen haben. Beide sind allerdings sehr verletzungsanfällig und daher eben auch kostengünstig. Spieler wie Steffen Tigges, Sargis Adamyan oder Faride Alidou hingegen demonstrierten mit ihren Leistungen gegen Freiburg geradezu beispielhaft, warum der FC in 32 Bundesligaspielen nur 24 Tore geschossen haben; es mangelt schlicht an Qualität im Angriff.
Transfersperre: Droht Köln direkt der nächste Abstieg?
Rückblickend lässt sich recht klar sagen, dass dem Sport-Geschäftsführer Keller bei der Konstruktion dieses Mannschaftsteils in Folge der Sparmaßnahmen Fehler passiert sind. Zu einer Katastrophe wurde das Problem aber erst, als der Weltverband Fifa aufgrund von Unregelmäßigkeiten bei der Verpflichtung eines Jugendspielers eine Transfersperre aussprach. Mehrfach verpassten die Verantwortlichen die Möglichkeit, diese Strafe durch eine außergerichtliche Einigung abzuwenden, so dass der schwache Kader im vergangenen Winter nicht verstärkt werden konnte. Nicht einmal im kommenden Sommer dürfen neue Spieler kommen, weshalb Skeptiker sogar einen Abstieg bis in die dritte Liga für möglich halten.
In den klassischen Denkmustern des Fußballbetriebs sind in so einer Situation Rücktritte und Entlassungen fällig, wobei schon die Frage im Raum steht, ob dieser Bestrafungsmechanismus zielführend ist. Klüger ist, die Personalentscheidungen vor dem Hintergrund einer andren Frage abzuwägen: Wer kann den Klub am besten in eine erfolgreichere Zukunft führen? Ob die Opposition um den ehemaligen Spieler Dieter Prestin, der ziemlich brachial durch die lokale Öffentlichkeit wütet, eine klügere Klubführung aufstellen würde, ist zumindest fraglich. Aber Prestin hat seine Unterstützer, weshalb vieles daraufhin deutet, dass dem 1. FC Köln weitere Monate der Unruhe und der Ungewissheit bevorstehen.