Leverkusen. Die erste Meisterschaft der Vereinsgeschichte ist perfekt: Bayer Leverkusen feiert mit seinen Fans, der Trainer hat noch viel vor.
Natürlich ist das Stadion noch immer voll, als es gegen 21 Uhr geht, als das Spiel seit guten anderthalb Stunden beendet ist. Wer will schon nach Hause gehen an einem solchen Abend? Bayer Leverkusen hat gerade 5:0 (1:0) gegen Werder Bremen gewonnen, was allein noch nicht außergewöhnlich ist – was die Werkself aber schon am 29. Spieltag zum Deutschen Meister macht, was die elfjährige Dauerregentschaft des FC Bayern beendet.
Es ist die erste Meisterschaft und überhaupt erst der dritte Titel in der 120-jährigen Klubgeschichte nach dem Uefa-Cup-Sieg 1988 und dem DFB-Pokalsieg 1993. Natürlich ist da das Stadion noch voll, als die Mannschaft endlich noch einmal vor die Fans tritt – im VIP-Bereich auf der Westtribüne, unten auf dem Rasen ist es einfach zu voll. Denn das war ja die größte Gefahr für den vorzeitigen Titelgewinn,
dass nämlich die Fans den Rasen vorzeitig stürmten
und zumindest vorstellbar schien, dass die Partie nicht ordnungsgemäß beendet werden würde.
Schiedsrichter Osmers beendet die Partie wenige Sekunden zu früh
Doch nach Florian Wirtz‘ Tor zum 4:0 in der 83. Minute ließen sich die Leverkusen-Anhänger schnell wieder vom Platz drängen, nach dem 5:0, ebenfalls durch Wirtz, drückte Schiedsrichter Harm Osmers beide Augen zu und pfiff die Partie ab, obwohl die 90 Minuten noch nicht komplett beendet waren – aber wer will schon kleinlich sein an einem solchen Tag und in einem Spiel, dass der neue Deutsche Meister derart gnadenlos dominiert?
Und so kann die große Party auf dem Rasen steigen, Wirtz feiert ausgelassen mit den Fans, bevor die Sicherheitsleute ihn und die Mitspieler in die Stadion-Katakomben begleiten, wo es allerdings nicht viel weniger chaotisch zugeht, wo Freunde, Verwandte und Familien der Bayer-Kicker warten – einige, die schon lange dabei sind, heulen vor Glück.
Jeremie Frimpong gibt den ersten Entertainer für Leverkusen
Nun aber sind die Spieler und das Trainerteam erst einmal wieder draußen, auf der Tribüne, zur Begeisterung der Fans. Jeremie Frimpong übernimmt als erster die Rolle des Entertainers. „Leverkusen Ole!“, grölt er reichlich schief ins Mikro, doch die Anhänger singen dankbar mit. „I need more energy“, brüllt er dann: Ich brauche mehr Energie! Und zuletzt: „Campione, campione, olé, olé olé!“
Den Gesang werden noch einige seiner Mitspieler anstimmen, doch den Fans ist es erkennbar egal. So schnell wird das Besingen der Meisterschaft nicht langweilig nach den Jahren des Wartens, nach all den schlimmen Vizekusen-Erlebnissen, den zweiten Plätzen in der Liga, teils auf tragische Weise zustande gekommen, den verlorenen Endspielen in DFB-Pokal und Champions League.
Leverkusen-Boss Caro: „Wir haben die besten Fans Deutschlands“
Alles vergessen in diesen Momenten, auch bei Simon Rolfes, der schon so lange dabei ist und inzwischen als Sport-Geschäftsführer der Architekt dieser Mannschaft. „Wir haben es so lange versucht, jetzt haben wir es alle verdient und ihr habt es alle verdient“, brüllt er den Anhängern entgegen. Dass wenig später Geschäftsführer Fernando Carro im Überschwang ruft: „Wir haben die besten Fans Deutschlands!“ - geschenkt an einem solchen Tag.
Und dann kommt endlich der Mann, auf den die Fans nun eine ganze Weile gewartet, den sie immer wieder lautstark gefordert haben: Xabi Alonso ergreift das Mikro und das Wort, der Mann, der den Klub in der vergangenen Saison auf Rang 17 übernahm und nun zum hochverdienten Meister geformt hat.
Xabi Alonso: Wir wollen den Pokal und die Europa League
Erst einmal genießt er die Gesänge der Fans, die lautstark seinen Namen skandieren. „Es ist sehr besonders, hier zu feiern und deutscher Meister zu sein“, ruft er dann: „Aber: Wir wollen mehr!“ Was das sein soll, geht fast unter im aufbrandenden Jubel, ist aber noch zu hören: „Wir wollen den Pokal und auch die Europa League.“
Darum aber wird es erst ab Dienstag wieder gehen: „Jetzt ist der Moment zu feiern“, gibt Alonso vor – und man darf davon ausgehen, dass die Mannschaft auch diese Anweisung ihres Trainers in Perfektion umsetzen wird.