Essen. Die Bayern trennen sich im Sommer von Trainer Thomas Tuchel. Für sein Scheitern ist er nicht allein verantwortlich. Ein Kommentar.
Da Thomas Tuchels Aus beim FC Bayern München zum Saisonende nun bestätigt ist, lohnt es sich noch einmal darauf hinzuweisen, dass es diesen Fußballtrainer in zwei Versionen gibt. Das ist vor allem für ihn tragisch.
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Da ist jener Thomas Tuchel, der einer der größten Fachmänner seines Sports ist. Der in seiner noch guten Zeit beim BVB den schönsten und in weiten Teilen auch erfolgreichsten Fußball spielen ließ, seitdem der Heiland Jürgen Klopp Dortmund in Richtung Liverpool verlassen hatte. Der so klug und rhetorisch bewandert ist, dass er einer Mannschaft die bestmögliche Marschroute an die Hand geben kann, um von Triumph zu Triumph zu eilen.
Thomas Tuchel legte sich mit seinen Kritikern an
Da ist aber auch jener Thomas Tuchel, der selbst sein größter Gegner ist. Der sich bei Borussia Dortmund, bei Paris St.-Germain und beim FC Chelsea mit leitenden Angestellten überwirft. Der sich über mangelnde Wertschätzung beklagt. Der jetzt auch beim FC Bayern mit Herzenslust in die Konfrontation mit Kritikern einsteigt, sich die Welt malt, wie er sie sehen möchte, mit seiner fordernden Art aber Spieler entweder überfordert oder gar menschlich verprellt und am Ende resigniert.
Als der FC Bayern 2011 zum zweiten Mal Jupp Heynckes als festen Trainer an der Säbener Straße installierte, bekam der deutsche Rekordmeister ein viel entspanntere Version des einst introvertierten, aber allesbestimmenden Trainers. Thomas Tuchel ist in seiner Zeit bei den Weltklasse-Mannschaften Paris und Chelsea, mit denen er ins Champions-League-Finale einzog oder gar den Henkelpott gewonnen hat, kein bisschen ausgeglichener und auch nicht cleverer geworden. Er hat es in München erneut nicht geschafft, sein außergewöhnliches Trainertalent mit ausreichender Konstanz und anerkennender Zuneigung zu manifestieren, um selbst aus einer Gruppe von Ausnahmetrainern herauszuragen, wie es Jupp Heynckes und Ottmar Hitzfeld gelungen war. Warum Tuchel allerdings noch als „lame duck“ weiter auf der Bank sitzen soll, ist trotz der weiteren Verpflichtung in der Champions League inkonsequent.
Mannschaft des FC Bayern hat an Qualität verloren
Für sein Scheitern ist er allerdings auch nicht allein verantwortlich. Bayern München hat in der jüngeren Vergangenheit auf der Managementebene zu oft Nerven gezeigt, sich in Streitereien aufgerieben. Darunter litt die Mannschaft, die trotz namhafter und millionenschwerer Zugänge mit zuletzt Harry Kane an Qualität und Charisma einbüßte. Zur Aufarbeitung des Tuchel-Aus‘ muss jedoch auch gehören, dass die schwachgoldene Generation um Joshua Kimmich und Leon Goretzka in den letzten Jahren in München und in der Nationalmannschaft vier der renommiertesten deutschen Trainer verschlissen hat: Joachim Löw, Hansi Flick, Julian Nagelsmann und nun Thomas Tuchel. Ein Neuaufbruch des FC Bayern kann mit ihnen nicht funktionieren. Den Gefallen, sich von Kimmich und Goretzka zu trennen, sollte der FC Bayern Xabi Alonso tun, für den er als Tuchel-Nachfolger nun Himmel und Hölle in Bewegung setzen wird.