Leverkusen. Nach dem Halbfinal-Einzug im DFB-Pokal ist Bayer Leverkusen auch bereit für das Spitzenspiel in der Bundesliga gegen den FC Bayern.
Mit einer großen blauen Tasche in der Hand trabte Jeremie Frimpong langsam dem Ausgang der BayArena entgegen, als er doch noch einen Stopp einlegte. Leverkusens Geschäftsführer Fernando Carro verspürte nach dem atemberaubenden Pokalduell gegen den VfB Stuttgart den starken Drang, noch ein paar Sätze mit dem kleinen Außenverteidiger zu wechseln. Dankbar für die kurze Unterbrechung, stellte Frimpong sein schweres Gepäck also für einen Moment ab und verabschiedete sich nach einer kurzen Plauderei mit Carro mit der klar und deutlich vernehmbaren Botschaft: „We have a perfect week.“
Perfekt ist die Woche, da sind sich alle Leverkusener einig, natürlich erst, wenn am Samstag auch der große FC Bayern aus München im großen Liga-Gipfel besiegt sind. Aber das hochklassige 3:2 im DFB-Pokal gegen den VfB war schon mal die denkbar beste Einstimmung auf den Besuch des Rekordmeisters. Den Augenblick, der die BayArena in der letzten Minute der regulären Spielzeit zum Beben brachte, erlebte Klubboss Carro an der Seite von Rudi Völler, von dem er berichtete: „Bei der Ecke sagt Rudi, ‚jetzt macht Jona‘ ein Tor – und er macht es.“
Bayer Leverkusen mit neuer Last-minute-Qualität
Die Last-Minute-Qualitäten des Liga-Primus, diesmal eindrucksvoll unter Beweis gestellt von Jonathan Tah, sind auch dem langjährigen Bayer-Funktionär und jetzigen DFB-Sportdirektor Völler schließlich nicht verborgen geblieben. Im Januar siegte das Team von Xabi Alonso bereits in Augsburg und in Leipzig durch ekstatisch bejubelte Treffer in der Nachspielzeit. Nun folgte der dritte Streich durch Abwehrchef Tah, der im Anschluss an eine zunächst abgewehrte Ecke von Granit Xhaka eine grandiose Flanke von Florian Wirtz mit größter Entschlossenheit per Kopf ins Tor wuchtete.
„Ich wollte den Ball unbedingt haben. Mein Gedanke war: Ich mache den rein. Egal wie“, umschrieb Tah später diesen unbändigen Siegeswillen. Und für Xabi Alonso war damit die nächste Stufe in der Entwicklung seiner Mannschaft hin zu einem echten Mentalitätsgiganten erreicht. Es sei die DNA des FC Bayern, Spiele zu gewinnen, erwähnte Leverkusens Trainer, der zwischen 2014 und 2017 selbst für die Münchner kickte, mit Blick auf den kommenden Samstag. Und dann fügte er hinzu: „Es ist die DNA meiner Mannschaft, auf solche Momente vorbereitet zu sein. Das ist die Botschaft.“
Die Münchner werden die Botschaft vernommen und außerdem erkannt haben, wie Alonsos Ensemble, seit mittlerweile 30 Pflichtspielen ungeschlagen, durch hohes, aggressives Pressing beizukommen ist. So praktizierten es die Stuttgarter in der ersten Hälfte, lagen, wie schon beim Ligaspiel im Dezember, zur Pause verdient 1:0 vorn. Ehe es der Werkself in der zweiten Hälfte nach und nach gelang, die Schwaben mit ihrem rasanten Kombinationsfußball müde zu spielen, mehr vertikale Bälle beim Mitspieler anzubringen und nun öfter schnell über die Außen zu kommen.
Bayer Leverkusen: „Der Kopf ist sehr stark“
„Das war heute kein besonders kontrolliertes Spiel von uns, aber das passiert“, erklärte Alonso, dessen Team zwei Mal einen Rückstand wettmachte. So traf Robert Andrich, der Glück hatte, in der ersten Halbzeit nicht mit Gelb-Rot vom Platz gestellt worden zu sein, mit einem traumhaften 20-Meter-Schuss zum 1:1. Und acht Minuten nach Chris Führichs zweiten Führungstreffer für den VfB schickte Edelkicker Wirtz, der sich nach der Pause immer häufiger freie Räume schaffte, den eingewechselten Amine Adli auf die Reise zum 2:2.
Tahs Siegtreffer brachte das Stadion dann zum Kochen – und Leverkusen als Top-Favorit auf den Titel nicht nur ins Pokal-Halbfinale, sondern vor allem in einen sehr komfortablen Gemütszustand für das Meisterschaftsduell gegen die Bayern. „So ein Spiel muss uns Auftrieb geben – und wir haben schon genug Auftrieb“, brachte Torschütze Andrich das pralle Selbstbewusstsein der Rheinländer auf den Punkt. Und Teamkollege Tah bestätigte: „Das gibt uns einen Push, definitiv.“
Diesen nochmaligen Schub für sein Team lebte auch Xabi Alonso mit allen Fasern seines Körpers aus. „Heute haben wir mit Herz und Seele gewonnen“, betonte der 42-jährige Spanier, der sich innerlich schon auf eine Verlängerung eingestellt und ein paar passende Worte für seine Ansprache ans Team überlegt hatte. „Aber so“, erklärte der Señor aus dem Baskenland, „ist es natürlich viel besser für uns.“ Sprach’s und ließ den Bayern als finalen Hinweis für den Liga-Kracher am Wochenende noch ausrichten: „Manchmal ist der Kopf wichtiger als die Beine. Und der Kopf ist bei uns jetzt sehr stark.“