Kiel. Mit 35:31 besiegen die deutschen Handballer Portugal im letzten Test vor der Heim-EM. Erfolg gibt Rückenwind für den Start am Mittwoch.
Die Ostseehalle ist ein magischer Ort für den deutschen Handball, und für Alfred Gislason zählt sie ohnehin zu den „schönsten Hallen der Welt“. Der THW Kiel hat hier seine Heimat, 23 Meistertitel und zwölf Pokalsiege wurden in dem 1952 fertiggestellten Gebäude in Rathausnähe gefeiert, jeweils sechs davon in Gislasons Zeit als THW-Trainer selbst. Auch die Nationalmannschaft ist immer wieder gerne zu Gast im Norden der Republik. Und der 64-jährige Bundestrainer wird die Halle auch weiterhin in bester Erinnerung behalten. Die Nationalmannschaft besiegte am Samstagabend Portugal in der Generalprobe mit 35:31 (20:15). Die EM kann kommen. „Pure Vorfreude, jetzt steht die EM an, das war ein guter letzter Test“, bilanzierte Rückraumspieler Julian Köster.
Am Mittwoch beginnt das Heimturnier in Düsseldorf. Mehr als 50.000 Zuschauer werden zum offiziellen Eröffnungsspiel gegen die Schweiz erwartet (20.45 Uhr/ZDF). Weitere Gegner in der Vorrundengruppe A sind Nordmazedonien (14. Januar/20.30 Uhr/ZDF und Dyn) sowie Rekordweltmeister Frankreich (16. Januar/20.30 Uhr/ARD und Dyn). Das Halbfinale gilt als Wunschziel, doch das Überstehen der Vorrunde wird von Gislason und Co. als erste große Hürde nicht unterschätzt.
Erneut starke erste Halbzeit
Zurecht, denn noch lief nicht alles perfekt im finalen Test gegen die Portugiesen, die es in der Vorrundengruppe F in München mit Dänemark, Tschechien und Griechenland zu tun bekommen werden. Am Donnerstag hatte es in Flensburg im ersten Test gegen Portugal zu einem knappen 34:33-Erfolg für das deutsche Team gereicht, diesmal hatte Gislason vor allem von den Abwehrspielern eine Leistungssteigerung gefordert. Und generell mehr Konstanz. Denn nach einer phasenweise starken ersten Halbzeit hatte sein Team nach der Pause mehrere schwache Minuten folgen lassen.
Nun, in Kiel, zeigte das deutsche Team vor 9113 Zuschauern erneut eine starke erste Halbzeit. Da auch die Portugiesen verbessert auftraten, gab es bis zur 20. Minute ein fröhliches Stelldichein vor dem jeweiligen Tor, die Führung wechselte mit fast jedem Angriff. Schon früh kam in Renars Uscins der erste der Neuen aufs Spielfeld (7. Minute), es folgte Justus Fischer am Kreis (19.). Und gerade der 20-Jährige zeigte dann, dass er als mit Julian Köster als Ersatz für Kapitän Johannes Golla einen durchaus formidablen Mittelblock in der Abwehr stellen kann. Auch dank starker Paraden von Andreas Wolff zog das deutsche Team bis zur Pause auf 20:15 davon. Den Treffer zum 19:14 markierte Fischer selbst. Gislason ging zufrieden zur Pausenansprache in die Kabine. Spielmacher Juri Knorr hatte einen guten Job gemacht (am Ende war er mit sechs Toren bester Werfer), auch Lukas Mertens hatte sich von der Außenposition treffsicher gezeigt. Die deutsche Mannschaft spielte schnell und variabel.
Abschied von Pekeler
Zu Beginn der zweiten Halbzeit kam auch Rückraumspieler Nils Lichtlein von den Füchsen Berlin zum Einsatz, David Späth ersetzte Andreas Wolff im Tor. Dem Rhythmus tat dies zunächst keinen Abbruch. Eine Sechs-Tore-Führung blieb lange bestehen, erst in der 46. Minute brachte Gislason seine Routiniers zurück, da es dann doch ein bisschen zu wild wurde und der Vorsprung schmolz. Johannes Golla und vor allem Kai Häfner sorgten in dieser Phase mit ihren Toren für Beruhigung, Andreas Wolff hielt stark - cool und abgeklärt brachte das deutsche Team den Sieg vor dem EM-Auftakt nach Hause.
Der Abend endete dann geschichtsträchtig und emotional, als passend zur Umgebung ein verdienter Nationalspieler des THW Kiel offiziell verabschiedet wurde. Hendrik Pekeler, 32 Jahre alt, Europameister von 2016 und in seinen 122 Länderspielen als Abwehrexperte und versierter Kreisläufer geschätzt, stand im Mittelkreis und nahm den Blumenstrauß von Axel Kromer, dem Vorstand Sport des Deutschen Handball-Bundes, entgegen. Eine Situation, die zugleich Blick zurück und Staffelstabübergabe war, denn bei der EM ab Mittwoch ist nun die jüngere Generation gefragt: Kapitän Johannes Golla (26 Jahre alt), Jannik Kohlbacher (28) und Justus Fischer (20). Auch wenn Alfred Gislason Pekeler gerne bei der EM dabeigehabt hätte und noch immer ein Hintertürchen für die Olympia-Qualifikation offenhält („Falls Johannes Golla und zwei weitere Kreisläufer kaputt gehen, würde er uns helfen“), ist der seit Olympia 2021 im Nationaldress pausierende Pekeler nun erst einmal Geschichte. Gefeiert wurde der Kieler noch lange. In der Ostseehalle, seiner Heimspielstätte. Diesem magischen Ort.