Frankfurt/Main. Auch 2024 kämpft der DFB mit finanziellen und sportlichen Problemen. Weiteres heikles Thema: die WM-Vergabe 2034 an Saudi-Arabien.
Man will sich öffnen beim Deutschen Fußball-Bund. Das hat man schon oft gehört in den vergangenen Jahren, aber dieses Mal ist es ernst. Es geht ja dieses Mal auch nicht um so große Worte wie Transparenz, mit denen der Verband so gern hantiert, denen er dann aber nicht immer gerecht wird – noch immer fragt sich die Welt ja, warum einst im Zuge der Bewerbung um die Weltmeisterschaft 2006 auf dunklen Kanälen 6,7 Millionen Euro nach Katar flossen.
Nein, dieses Mal geht es um profanere Dinge: Der DFB will seinen Campus öffnen, will seine schicken Konferenzräume vermieten und im Winter auch mal die gewaltige Fußballhalle vermieten an Vereine, die sonst nicht trainieren können. Das soll Geld in die klammen Kassen spülen, denn Geld bleibt ja auch 2024 ein Thema beim Verband. Man hat zwar ordentlich gespart in der Frankfurter Verbandszentrale, der jüngst veröffentlichte Finanzbericht für 2022 weist ein Minus von nur noch 4,2 Millionen Euro, 2023 soll sogar eine schwarze Null stehen. Doch dabei halfen Sondereffekte wie die Auflösung eines Rentenfonds, die Finanzlage bleibt angespannt.
Fifa-Präsident Gianni Infantino überrumpelte auch den DFB
Zu den finanziellen Problemen und den sportlich dürftigen Auftritten der Nationalmannschaft werden im neuen Jahr verstärkt politische Themen kommen, DFB-Präsident Bernd Neuendorf wird viele Fragen zu Saudi-Arabien beantworten müssen. Denn der 62-Jährige war dabei,
, er sitzt ja inzwischen im Fifa-Rat, dem mächtigen Entscheidungsgremium. Wobei, genauer muss man schon sagen: Neuendorf war dabei, als der große Impresario, Fifa-Präsident Gianni Infantino, wieder einmal alle überrumpelte und insbesondere die europäischen Verbände mit ihren lästigen Moralvorstellungen am Nasenring durch die Manege zog.
Anfang Oktober tauchte auf der Tagesordnung der Ratssitzung wenige Tage vorher nicht nur die erwartete Entscheidung über die WM 2030 auf, sondern auch über die WM 2034. Die verdutzten Europäer hätten das einerseits gern verhindert, andererseits wollte der portugiesische Kollege Fernando Gomes seine Chancen auf die WM 2030 gemeinsam mit Spanien nicht gefährden, zudem hofft Neuendorf auf die Frauen-WM 2027 in Deutschland, Belgien und den Niederlanden – da tut man sich mit Fundamentalopposition keinen Gefallen.
Wie die Fifa Saudi-Arabien den Weg bereitete
Und so winkten die Europäer zähneknirschend durch, was Infantino erdacht hatte: die Dreikontinente-WM 2030 in Europa mit ein paar Spielen in Afrika und Südamerika, was, oh Wunder, bedeutete, dass 2034 der asiatische Verband an der Reihe ist. Dazu räumte die Fifa gerade einmal vier Wochen Bewerbungsfrist ein, was es für einen demokratisch verfassten Staat wie Australien so gut wie unmöglich machte, alle benötigten Regierungsgarantien und Verträge beizubringen. Saudi-Arabien dagegen war wundersamerweise sehr schnell bereit. Dass die Fifa eigentlich die Einhaltung der UN-Menschenrechtskonvention zur Bedingung für das Austragen von Turnieren macht und dass Saudi-Arabien in der Hinsicht eine eher noch schlechtere Bilanz als Katar hat? Tja nun, Papier ist geduldig.
Wer nun auf eine deutliche Reaktion des DFB wartet, wartet vergeblich, der Ton ist ein ganz anderer als damals vor der WM in Katar. „Niemand wird sagen, dass die Menschenrechtssituation in Saudi-Arabien in irgendeiner Weise befriedigend ist“, sagt Neuendorf zwar, er sagt aber auch: „Ich nehme mir heraus, mir ein differenziertes Bild machen zu dürfen. Deshalb reden wir mit Vertretern von Menschenrechtsorganisationen, von Regierungen, auch mit den Saudis selbst, um zu hören: Was habt ihr genau vor mit dem Turnier?“
DFB-Präsident Bernd Neuendorf sucht das Gespräch mit Saudi-Arabien
Bernd Neuendorf, seit gut 20 Monaten im Amt, hat in Katar lernen müssen, dass man mit Fundamentalopposition und deutlicher Kritik schnell vor eine Wand läuft und dass daran auch ein Sitz im Fifa-Rat wenig ändert. Nun versucht er es mit stiller Diplomatie, traf am Rande der Ratssitzung im Rahmen der Klub-WM in Saudi-Arabien den Präsidenten des saudischen Fußballverbandes Yasser Al-Misehal, suchte auch das persönliche Gespräch mit Infantino. Eine öffentliche Einschätzung, so hört man zwischen den Zeilen, wird es vom Verband erst geben, wenn bis Juli 2024 die offizielle Bewerbung eingereicht ist und nachzulesen ist, wie der potenzielle Gastgeber mit dem Thema Menschenrechte umgehen will.
Klar ist aber schon jetzt, dass Saudi-Arabien die Menschenrechtskonvention bis dahin nicht einhalten wird, was den DFB in eine veritable Zwickmühle bringt: Einerseits erwartet die deutsche Öffentlichkeit dann eine deutliche Reaktion, andererseits weiß man im Verband spätestens seit Katar, dass man sich damit im Weltfußball keine Freunde macht. Neuendorf meint zwar: „Wenn wir mit einer starken europäischen Position auf bestimmte Dinge hinweisen, wird sich die Fifa das auch anhören. Letztlich geht ja in dem gesamten Prozess darum, dass die in vielerlei Hinsicht sehr ambitionierten Bestimmungen und Regeln der Fifa auch tatsächlich eingehalten werden.“ Bislang aber hat Infantino noch immer eine Volte gefunden, um die Europäer lässig ins Leere laufen zu lassen.