München. Beim 2:1 gegen Galatasaray zeigt der Mittelstürmer erneut seinen Wert für den FC Bayern als wichtigster Teil der Offensive.
Wie gut gelaunt sie beim FC Bayern nach dem vorzeitigen Einzug ins Achtelfinale der Champions League samt Gruppensieg sind, war in vielen heiteren Momenten zu beobachten. Bei Mittelfeldspieler Leon Goretzka zum Beispiel, der über seine derzeit regelmäßigen Aushilfsdienste in der Innenverteidigung nach Dayot Upamecanos Auswechselungen scherzte: „Ich wäre schon froh, wenn Upa mal wieder über 90 Minuten spielen könnte.“
Auch der zuletzt bärbeißige Thomas Tuchel war nun äußerst fröhlich gestimmt und zu lustigen Sprüchen aufgelegt. Wie bei der Frage über die anstehende Länderspielpause nach dem Heimspiel gegen Heidenheim am Samstag. „Für Trainer ist das sensationell. Vor allem sind bis auf Bouna Sarr alle weg“, sagte Tuchel lachend, „deshalb kann man mit gutem Gewissen ein paar Tage Urlaub machen.“ Ganz stimmte das zwar nicht, weil die Torhüter Manuel Neuer und Sven Ulreich ebenfalls in München bleiben werden. Doch an Tuchels Urlaubsplan änderte das ebenso wenig wie die Anspielung des DAZN-Experten Sami Khedira auf Julian Nagelsmanns Entlassung beim FC Bayern in der Länderspielpause im vergangenen März, als Tuchel angeheuert wurde. „Aber fahr nicht zu weit weg, es kann immer der Anruf kommen“, witzelte Khedira. Tuchel lachte.
15 Pflichtspieleinsätze, 19 Tore
Der Hauptverantwortliche für die gute Laune hatte diese keineswegs mit dem berühmten englischen Humor herbeigeführt, sondern mit seinem bemerkenswert zuverlässigen Dasein als Mittelstürmer. Beide Tore der Bayern hatte Harry Kane beim 2:1 (0:0) gegen Galatasaray in der 80. und 86. Minute erzielt, ehe Istanbuls Cedric Bakambu traf (90.+3). Am Samstag beim 4:0-Sieg in Dortmund hatte Kane sogar drei Tore und damit seinen bereits dritten Dreierpack geschafft. Seit der 30-Jährige im August als teuerster Zugang der Bundesliga-Geschichte für insgesamt mehr als 100 Millionen Euro Ablöse aus Tottenham verpflichtet wurde, hat er in seinen 15 Pflichtspieleinsätzen 19 Tore erzielt und sieben vorbereitet.
Dass sein erstes Tor gegen Galatasaray sogar zweimal vom VAR überprüft wurde, sorgte zumindest im Nachhinein auch bei Kane für ein Schmunzeln. „Ich habe das Tor fast dreimal gefeiert“, sagte er. Ob er überrascht sei, dass es so gut laufe? „Überrascht würde ich nicht sagen, ich bin sehr glücklich. Man weiß nie, wie man reinkommt in einem neuen Klub“, antwortete Kane und verwies auf das fast blinde Verständnis mit den Kollegen, besonders mit der Stammbesetzung in der Offensive, mit Leroy Sané, Kingsley Coman und Jamal Musiala. „Ich lerne die Jungs von Spiel zu Spiel immer besser kennen“, sagte Kane.
In Pokalspielen gar nicht eingesetzt
In jedem der zehn Bundesligaspiele traf mindestens einer aus dem Quartett. Von den bisher 38 Ligatoren, Rekord zu diesem Zeitpunkt, erzielten Kane (15), Sané (8), Coman (3) und Musiala (2) insgesamt 28. In den insgesamt 17 Pflichtspielen dieser Saison blieben die Fanta 4 der Bayern nur in drei Partien ohne Tor: beim Pokal-Aus beim Drittligisten Saarbrücken, in der ersten Pokal-Runde in Münster und bei der 0:3-Niederlage gegen Leipzig im Supercup. Das lag auch daran, dass Kane in den Pokalspielen gar nicht eingesetzt wurde und im Supercup nur am Ende.
Gegen Galatasaray hatte er erneut seinen immensen Wert für Tuchels Mannschaft gezeigt. Kanes Tore seien „eine Erlösung“ gewesen, sagte Neuer, „er ist ein Phänomen. Wir sind froh und stolz, dass er Teil unserer Mannschaft ist.“ Der Kapitän hob Kanes mannschaftsdienliche Spielweise fernab seiner Tore hervor. „Wie er nach hinten arbeitet, wie er die Bälle festmacht, das ist gerade bei so einer Mannschaft wie gegen Gala wichtig“, sagte Neuer und verwies auf die Manndeckung und das Pressing des türkischen Meisters.
Musiala ist verletzt
So soll das aus Sicht der Münchener am Samstag gegen Heidenheim weitergehen. Allerdings wird dann Musiala fehlen, weil er sich eine Muskelverletzung im Oberschenkel zugezogen hat und vorerst ausfällt. Auch die Pläne von Bundestrainer Julian Nagelsmann für den Jahresabschluss sind über den Haufen geworfen. Seinen Kader für die Spiele gegen die Türkei (18. November in Berlin) und Österreich (21. November in Wien) wird Nagelsmann am Freitag wohl ohne den am Oberschenkel verletzten Hochbegabten präsentieren müssen. Wie gegen Galatasaray dürfte Thomas Müller seine Zehnerrolle und damit die Zulieferdienste für Kane übernehmen. Ob er dem Mittelstürmer zutraue, Robert Lewandowskis Bundesligarekord von 41 Toren aus der Saison 2020/21 zu überbieten? „Zutrauen tue ich ihm alles. Wir müssen ihn nur oft genug in Position bringen“, sagte Müller. Hält King Kane seinen Ligaschnitt von 1,5 Toren pro Spiel, käme er am Saisonende übrigens auf 51 Treffer.