Rio de Janeiro/Essen. Paris 2024 wird für Deutschlands Volleyballer Georg Grozer der krönende Abschluss seiner Karriere. Er führte das Team zu den Olympischen Spielen.
Fast vier Jahre ist es her, als Georg Grozer einen resoluten Schlussstrich unter seine grandiose Karriere in der deutschen Volleyball-Nationalmannschaft zog. „Da kann kommen, wer möchte, auch beten wird nicht helfen. Mit 35 reicht es für mich. Es ist an der Zeit, dass eine andere Generation übernimmt“, sagte die Schmetter-Legende Anfang Januar 2020 bitter enttäuscht. Sein Team hatte damals gerade das Finale des Olympia-Qualifikationsturniers in Berlin mit 0:3 gegen den späteren Olympiasieger Frankreich verloren und damit das Ticket zu den Sommerspielen von Tokio verpasst.
Aktuell ist die Stimmungslage bei Deutschlands Volleyballern im fernen Rio de Janeiro ganz anders. Glücklich tanzten sie am Wochenende nach einem 3:0 gegen Katar durch die Halle und feierten mit „Paris, Paris, wir fahren nach Paris“ das sensationell gelöste Olympia-Ticket für das Megaevent im kommenden Jahr. In der Nacht zu Montag wurde auch noch das siebte und letzte Spiel gegen die Ukraine mit 3:0 gewonnen.
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Mittendrin im Jubeltaumel: der ewige Georg Grozer. Bald 39 und der große Anführer auf dem Weg zur ersten deutschen Olympia-Teilnahme seit zwölf Jahren. „Das ist Wahnsinn, es ist ein unglaubliches Gefühl, ich kann es noch nicht ganz begreifen, ich bin einfach nur glücklich“, sagte der Zwei-Meter-Mann, dessen Vater Georg Grozer senior von 1988 bis 1996 für den Moerser SC geschmettert und dort sogar den Europapokal gewonnen hatte, ganz emotional. „Man sollte nie aufgeben, an seine Träume zu glauben, wir haben es einfach gemacht und jetzt fahren wir nach Paris!“ Damit gerechnet hatte vorher wirklich niemand. In der Nations League war Deutschland zu Saisonbeginn nach nur drei Siegen aus zwölf Spielen auf einem frustrierenden elften Platz gelandet.
Keine Überzeugungsarbeit bei Grozer nötig
Die letzte Chance schien die spektakuläre Rückholaktion von „Hammerschorsch“ Grozer zu sein. „Unseren Fixstern der letzten 15 Jahre“, wie ihn Kapitän Lukas Kampa beschrieb. Einen „der besten Crunchtime-Spieler der Welt“. Immer noch, mit fast 39. Deutschlands polnischer Cheftrainer Michal Winiarski, als Spieler Weltmeister von 2014, musste für ein Comeback des Schlüsselspielers nicht einmal beten: „Es war relativ leicht, Georg zur Rückkehr zu überreden.“ Bei der EM brachte das Anfang September zwar bessere Leistungen, aber mit dem 2:3 im Achtelfinale gegen die Niederlande eine erneute Enttäuschung. In der Weltrangliste bis auf Position 15 abgestürzt, fuhr Deutschland danach zur Olympia-Qualifikation nach Brasilien, als chancenlos eingestufter Außenseiter gegen vier in der Weltrangliste besser eingestufte Teams.
Grozer überragt in allen Spielen
Doch dann kam der alles überragende Grozer und riss sein Team mit. Die 3:1-Siege gegen den Iran (23 Punkte von Grozer) und Kuba (24 Punkte) waren schon eine große Überraschung, der 3:1-Triumph gegen den dreimaligen Olympiasieger und Gastgeber Brasilien vor 9000 heißblütigen Fans eine Sensation. Natürlich war Georg Grozer mit 27 Punkten der alles überragende Spieler, doch er setzte nicht einmal 24 Stunden später gegen den amtierenden Weltmeister Italien noch einen drauf. Dank seiner 31 Zähler feierte Deutschland den ersten Sieg gegen die Azzurri seit sechs Jahren. Der Rest war mit 3:0-Siegen gegen Tschechien, Katar und die Ukraine Formsache.
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Danach gab der Star des deutschen Volleyballs gewohnt zurückhaltend den Dank an sein Team weiter: „Wir haben gekämpft, wir waren eins.“ Vor allem die beiden Mittelblocker Anton Brehme (2,06 Meter) und Tobias Krick (2,13 Meter) bauten am Netz eine fast unüberwindbare deutsche Mauer auf. Doch auch die beiden Riesen wussten nach einem „Turnier wie im Rausch“ (Angreifer Moritz Reichert), wem sie am Ende besonders zu danken hatten. „Georg war einfach unglaublich“, schwärmte Brehme: „Er ist einfach eine Legende.“
WM-Bronze 2014, EM-Silber 2017 – für die grandiosen Triumphe des an Erfolgen armen deutschen Volleyballs war Georg Grozer der Schlüssel. Auch die Titel des Klub-Weltmeisters, Champions-League-Siegers, CEV-Cup-Gewinners und Meisters in fünf verschiedenen Ländern (Deutschland, Ungarn, Polen, Russland, China) stehen auf seiner einmaligen Erfolgsliste. Es fehlt nur eins: eine Medaille bei Olympia. Grozer: „Man darf einfach keine Angst vor diesem Turnier haben, sondern muss alles genießen und mitnehmen und das Beste rausholen. Meine Ziele sind mit der Qualifikation auch noch nicht am Ende, sondern ich hoffe, dass wir da eine Medaille holen können.“ 2012 bei seiner bisher einzigen Teilnahme scheiterte er mit dem deutschen Team im Viertelfinale an Bulgarien und landete auf Platz fünf.
Grozer mit Tochter zu Olympia in Paris?
Nun nimmt Grozer zum zweiten Mal und sicher letzten Mal Anlauf aufs Olympia-Podest: Nach Paris wird dann tatsächlich eine andere Generation den Staffelstab von ihm im deutschen Volleyball übernehmen. Georg Grozer hat allerdings vorgesorgt, dass sein Name dabei weiter eine Rolle spielt: Tochter Leana hat in diesem Jahr mit gerade einmal 16 Jahren ihr Debüt im deutschen Nationalteam gefeiert. Wird es ein gemeinsamer Familienausflug an die Seine? „Träumen darf man“, sagte Georg Grozer, die DVV-Frauen müssen sich aber noch über die Weltrangliste qualifizieren. „Vielleicht schafft sie es, in den Olympia-Kader zu kommen.“