Essen. Claudia Neumann kommentiert das Champions-League-Finale zwischen Manchester City und Inter Mailand im ZDF. Viele Zuschauer sind sauer.

Twitter-User "Stadioneck" hatte es schnell bemerkt: "Der Hass auf Claudia Neumann hat dafür gesorgt, dass Till Lindemann nach zehn Tagen nicht mehr ganz oben in den Twitter-Trends steht", schrieb er. Tatsächlich tauchte der Name der ZDF-Kommentatorin schon vor dem Anpfiff des Champions-League-Endspiels zwischen Manchester City und Inter Mailand (1:0) ganz oben bei den "Twitter-Trends" auf, also bei jenen Themen, für die sich Nutzer des Kurznachrichtendienstes am meisten interessieren. Wenige Minuten nachdem Neumann ihre Arbeit am Samstagabend in Istanbul aufgenommen hatte, waren die Missbrauchsvorwürfe gegen Rammstein-Sänger Till Lindemann nicht mehr das bestimmende Thema im Twitter-Universum.

Claudia Neumann kommentiert als erste Frau Champions-League-Finale

Die 59-jährige Neumann kommentierte als erste Frau im deutschen Fernsehen ein Champions-League-Finale. 2011 war die gebürtige Dürenerin bereits die erste WM-Kommentatorin in Deutschland bei der Endrunde der Frauen, 2016 bei der Europameisterschaft war sie die erste deutsche Frau, die bei einem großen Männerturnier als TV-Live-Reporterin im Einsatz war. An Erfahrung mangelt es ihr nicht.

Für viele Zuschauer ist sie dennoch seit Jahren ein Hassobjekt. Die reflexartige Pöbelei im Netz ist nicht neu. Gleich mit Beginn der Final-Übertragung beim ZDF wurde auch dieses Mal kräftig gepoltert. "Ein Schlag ins Gesicht für jeden Fußball-Fan" sei Neumanns Nominierung. "Wenn Claudia Neumann kommentiert, wird die Audiodeskription-Option Pflicht!", schrieb ein anderer User. Zwar gab es auch Zuspruch für die Kommentatorin, doch die Pöbelfraktion war eindeutig in der Überzahl.

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Absurde Kritik gab es für Neumann, weil sie die hochpeinliche Glitzer-Show vor dem Anpfiff kommentierend begleitete. „Claudia Neumann schafft es nicht mal, nicht in den Live-Act reinzuquatschen", kritisierte eine Userin. Dieser "Live-Act", bestehend aus der brasilianischen Sängerin Anitta und dem Nigerianer "Burna Boy", wäre bei einem Auftritt während eines DFB-Pokalendspiels oder eines Bundesligaspiels innerhalb von Sekunden aus dem Stadion gebrüllt worden. Der Hass auf Claudia Neumann war eben größer als dieses schwer erträgliche Geplimper in Istanbul.

Komplett ungerechtfertigt war die Kritik an ihrer Arbeit aber nicht. Zugegebenermaßen hätte die eine oder andere Sprechpause der Kommentatorin während des Spiels der Übertragung nicht geschadet. Auch war nicht jeder Satz Neumanns eine Offenbarung ("Er hat einen Moment Platz"). Der Name von City-Verteidiger Kyle Walker war ihr zudem wohl nicht bekannt. Zum Ende des Spiels unterlief ihr ein Bock, als sie fälschlicherweise anmerkte, dass Inter-Trainer Simone Inzaghi beim Stand von 0:1 für sein Team "wollte, dass abgepfiffen wird". Sehr unglücklich. Für weitere Topspiele dieser Größenordnung hat sich Neumann nicht empfohlen.

Claudia Neumann: Kritik ist berechtigt, der Shitstorm aber ist überzogen

Der reflexartige Shitstorm bei Twitter mit zum Teil persönlichen Anfeindungen schon zu Beginn der Übertragung war jedoch maßlos überzogen und ungerecht. Die Verhältnismäßigkeit geht im Umgang mit Claudia Neumann komplett verloren. Im Vergleich zu jüngeren Schreihälsen wie Sky-Kommentator Wolff-Christoph Fuss war die Performance von Neumann bei diesem Finale durchaus in einem erträglichen Rahmen.