Hagen. Donald Trump gelingt ein Comeback. Der 78-Jährige wird wieder US-Präsident. Kommt das wirklich überraschend? Die Folgen und die Lehren.

Für den Rest der Welt mag das eine Überraschung sein, für viele Menschen in den Vereinigten Staaten von Amerika nicht: Donald Trump wird wieder Präsident des immer noch mächtigsten Landes auf der Erde. Ja, er siegt sogar erdrutschartig. Erstmals stimmte nicht nur die Mehrheit der Wahlmänner und -frauen in den Bundesstaaten für ihn, sondern auch die Mehrheit des Volkes. Sogar Bevölkerungsgruppen, die Kamala Harris relativ sicher auf ihrer Seite glaubte, etwa Latinos und Schwarze, machten das Kreuz hinter dem Namen des 78-Jährigen. Begreifen können wir das hierzulande nicht. Denn wir leben in einer anderen Welt.

„It’s the economy, stupid!“ Diesen Satz prägte Bill Clintons Wahlkampfberater Jim Carville schon im Jahr 1992. Die Wirtschaft zählt, sonst nichts. Trump, der vor vier Jahren als Paria aus Washington geworfen wurde, hat den Wählern glaubhaft versichert (wir würden sagen: weisgemacht), dass es ihnen besser gehen würde, sollte er erneut gewählt werden: geringere Inflation (vor allem billigeres Benzin), weniger illegale Einwanderer (die den Amerikanern die Jobs wegnehmen), weniger Drogenabhängige auf den Straßen, weniger Kriminalität, mehr Nationalstolz.

Selbstverständlich wird er diese Versprechungen nicht in Gänze umsetzen können, vielleicht sogar gar nicht, aber darum geht es nicht. Trump rückte die Grundbedürfnisse der Menschen in den Mittelpunkt, ja, ihre Instinkte, Kamala Harris nicht. Die Demokratin machte denselben Fehler, der hierzulande vielen Grünen nachgesagt wird: Sie wirkte häufig belehrend, abgehoben, unglaubwürdig. Der Klimawandel etwa interessiert in den USA nur die Bildungselite (die aber trotzdem auf Teufel komm raus mit dem Flugzeug verreist), der Arbeiter denkt zuerst an seine Geldbörse.

Die USA und Deutschland sind nur bedingt vergleichbar. Gleichwohl wird Trumps Taktik Folgen für den Bundestagswahlkampf haben. Die Bedürfnisse der Menschen müssen deutlicher in den Mittelpunkt rücken. Nicht als leeres Versprechen wie bei Trump, sondern als echte Motivation für politisches Handeln.

Und nun, Europa?

Jetzt wiederholt sich Geschichte: Nach der ersten Wahl Trumps waren sich die meisten Staatenlenker in der Europäischen Union einig, dass dem Egomanen aus Florida mit Stärke begegnet werden muss. Trump bestraft Schwäche. In seiner Welt werden Schwächlinge gefeuert. Und? Spielt Europa nun, acht Jahre später, verteidigungs- und wirtschaftspolitisch global eine größere Rolle? Agiert die Union einstimmig? Nein, das tut sie nicht. Die EU hat wichtige Jahre verloren.

Und nun, Deutschland?

Trumps Wahl kommt uns teuer zu stehen. Für die Nato wird er mehr Geld fordern, die Unterstützung der Ukraine im Krieg gegen Russland will er zurückfahren, im schlimmsten Fall sogar einstellen. Dann müssen auch wir in die Bresche springen – oder die Ukraine wird Putin zum Fraß vorgeworfen. Wie drastisch Trump seine Drohung wahr macht, massiv Strafzölle zu erheben, bleibt abzuwarten. Vielleicht fällt ihm schnell auf, dass er damit der eigenen Wirtschaft schadet und die Inflation in die Höhe treibt. Eher aber ist erneut ein Handelsstreit zu befürchten. Und deutsche Unternehmen, die sich mit energie-effizienten und klimafreundlichen Entwicklungen einen Namen gemacht haben, dürften nun in den USA einen schweren Stand haben.

Um so wichtiger ist eine stabile Regierung in Berlin. Jetzt gilt erst recht: Einigkeit macht stark, Streit schwach. Die Ampel sollte zeitnah für klare Verhältnisse sorgen – also abtreten. Oder ideologische und parteitaktische Egoismen über Bord werfen, zum Wohl des Landes.

Nach den Bundestagswahlen, wann immer die auch sein mögen, wird Trumps deutscher Gesprächspartner ohnehin wohl nicht Olaf Scholz heißen. Sondern vielleicht Friedrich Merz, ehemaliger Vorsitzender der Atlantikbrücke. Möglicherweise verhilft die US-Wahl dem Sauerländer sogar ins Amt, weil eine Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger vermuten könnte, dass er eher in der Lage ist, Trump 2.0 auf Augenhöhe zu begegnen.