Hagen. Oppositionsführer Merz macht dem Kanzler einen vergifteten Vorschlag. Scholz kann nicht zustimmen, sonst riskiert er die Koalition.
Ja, vielleicht ist es wirklich die tiefe Sorge um unser Land, die Friedrich Merz antreibt. Unser Land hat tiefe Sorgen verdient, und der Sauerländer will nach Solingen nicht zur Tagesordnung übergehen. Das ist gut.
Aber es stehen eben auch Landtagswahlen an, und es ist nicht seine erste Aufforderung an jene, „die guten Willens sind“, die Ampel-Koalition zu beenden. Merz weiß, dass die Regierung einpacken kann, sollten SPD und Union gemeinsam für eine Verschärfung des Asylrechts stimmen, gegen FDP und gegen Grüne. Dazu wird es nicht kommen, noch ist der Wunsch nach Machterhalt im Dreierbündnis stärker als die Einsicht, dass sich Mega-Probleme wie die Einwanderung in einer anderen Konstellation vielleicht besser lösen ließen. Ganz nebenbei: Bei Neuwahlen würden viele Ampel-Abgeordnete ihren Job verlieren.
Merz’ Taktik birgt auch Risiken, aber kalkulierbare. Er distanziert sich einmal mehr von jenen, die aus seiner Sicht eben nicht „guten Willens“ sind – und das sind die möglichen künftigen Koalitionspartner FDP und Grüne. Inhaltlich schwinden die Schnittmengen der Union mit diesen Parteien zusehens.
Friedrich Merz treibt die Regierung vor sich her, jetzt hat er das Tempo noch einmal erhöht. Dem Kanzler in kleiner Runde die Zusammenarbeit anzubieten und ihm anschließend in der Öffentlichkeit den Maximalvorwurf zu präsentieren, ihm entgleite das Land, dürfte Scholz’ Entgegenkommen nicht gerade fördern.
Der Bundeskanzler ist wieder dort, wo ihn viele Kritiker ohnehin sehen: in der Defensive. Eine Tagesordnung gibt es nicht mehr, und nach den Wahlen in den drei ostdeutschen Bundesländern werden die Karten sowieso neu gemischt.