Kirchhundem. Fast wäre der Panorama-Park 2007 geschlossen worden. Längst hat die Sauerländer Familie Hamm den Park, der 60 wird, in ruhige Bahnen geführt.

Als kleiner Junge hat Ingo Hamm gebannt die Abenteuer der Pippi Langstrumpf im Fernsehen verfolgt. Besonders angetan war er von dem schmächtigen Affen namens „Herr Nilsson“.

Der Panorama-Park aus der Vogelperspektive: Das Ausflugsziel feiert in diesem Jahr sein 60-jähriges Bestehen.
Der Panorama-Park aus der Vogelperspektive: Das Ausflugsziel feiert in diesem Jahr sein 60-jähriges Bestehen. © FUNKE Foto Services | Ralf Rottmann

Hamms Augen leuchten. „Wer hat nicht als Kind von einem Affen auf der Schulter geträumt“, fragt der Sauerländer, öffnet die Tür zum Lemurendorf im „Panorama-Park Sauerland Wildpark“ bei Kirchhundem-Rinsecke und bittet zum buchstäblich hautnahen Kontakt zu den acht quicklebendigen Exemplaren der Primaten-Art aus Madagaskar („das erleben Sie nicht alle Tage“).

Mit Weintrauben anlocken

Kaum hat er die Kattas, die einzige tagaktive Lemurenart, mit Weintrauben angelockt, spaziert auch schon der erste mit dem langen, schwarz-weißen Schwanz auf seiner Schulter umher. Hamm kommt aus einem Strahlen nicht heraus: „Mit den Lemuren habe ich mir einen Kindheitstraum erfüllt.“ Wenn man so will, hat er sich mit dem gesamten Panorama-Park einen Kindheitstraum erfüllt.

Ingo Hamm wird in diesem Jahr 50, er wurde zehn Jahre nach der Gründung des Panaroma-Parks durch die Familie Schulte-Wrede geboren. Im Jubiläumsjahr ist er zusammen mit Bruder Heiko Inhaber des beliebten Ausflugsziels.

Ingo Hamm ist von der filigranen Bauweise des Wichteldorfs begeistert. Hier können Kinder nach Herzenslust klettern und spielen.
Ingo Hamm ist von der filigranen Bauweise des Wichteldorfs begeistert. Hier können Kinder nach Herzenslust klettern und spielen. © FUNKE Foto Services | Ralf Rottmann

Schon als Kind ist er mit dem Rad zu dem Park gefahren, kann sich noch schwach daran erinnern, wie er mit großen Augen auf die Bimmelbahn geschaut hat.

„Der Lokomotivführer war größer als die Lok“, sagt Hamm und hinterlässt beim begeisterten Schwelgen in Erinnerungen den Eindruck, dass er bis heute sein Glück auf einer 80-Hektar-Fläche kaum fassen kann.

Als Parkplatzeinweiser tätig

Als Heranwachsender besserte er sich rund um das Gelände sein Taschengeld auf – als Parkplatzeinweiser oder unsichtbarer Helfer, der die bestens haftenden Aufkleber mit der „Panorama-Park“-Aufschrift an der Windschutzscheibe der Besucherautos anbrachte.

„Alle in der Region haben irgendwann mal im Park gearbeitet“, sagt der heutige Chef.

900 Kilogramm schwerer Bison

Schon früh hat Hamm die Bisons in ihrem Gehege beobachtet. Bis heute faszinieren ihn die mächtigen Wildrinder. Also klatscht er und pfeift, um den „dicken Johnny“, den 900 Kilo schweren Bullen von Kirchhundem, an den Zaun zu locken. „Das ist eine richtige Klamotte“, schwärmt er, „seine Birne ist so groß wie unser Oberkörper.“

Die Bisonherde ist eine der Attraktionen auf der Anlage.
Die Bisonherde ist eine der Attraktionen auf der Anlage. © FUNKE Foto Services | Ralf Rottmann

Ingo Hamm hat keine Angst vor großen Tieren. Er entstammt einer tierliebenden Familie. Als er fünf, sechs Jahre alt war habe sein Vater – er spricht sauerländisch korrekt von „Vatter“ – einen jungen Löwen angeschleppt. Einem Discothekenbesitzer in der Umgebung abgeschwatzt, der das Raubtier als Attraktion unter der Disco-Kugel präsentieren wollte. „Wir haben ihn Sheila genannt“, so Hamm, „er saß mit uns auf der Couch und schaute Fernsehen.“

2007: Gerüchte um Schließung

Nach einem halben Jahr war das Gastspiel vorbei. Sheila wurde geschlechtsreif, höchste Zeit, den Löwen aus Sicherheitsgründen abzugeben.

„Vatter“ Siegfried Hamm, in Parknähe wohnender Unternehmer im Bereich der Gebäudereinigung, war es, der 2007 den Panorama-Park erwarb. Zuvor hatte es Gerüchte gegeben, dass die damalige Besitzerin, die französische Grévin-&-Cie-Gruppe, den Freizeitpark mit vielen Fahrgeschäften schließen wollte.

Ingo Hamm am höchsten Punkt des Panorama-Parks unweit der Bergstation des Sessellifts. Von hier aus – auf 630 Metern Höhe – hat man einen traumhaften Blick auf das Sauerland.
Ingo Hamm am höchsten Punkt des Panorama-Parks unweit der Bergstation des Sessellifts. Von hier aus – auf 630 Metern Höhe – hat man einen traumhaften Blick auf das Sauerland. © FUNKE Foto Services | Ralf Rottmann

Das Unternehmen, ebenfalls Besitzer des Fort Fun Abenteuerlandes in Bestwig, war offenbar der Meinung, dass zwei Parks mit einem ähnlichen Konzept zu viel für die Region seien. „Vatter“, erzählt Ingo Hamm, „war da 64. Er suchte eine Beschäftigung fürs Alter.“

Auch dieser Mackenzie-Wolf ist neu im Panoramapark.
Auch dieser Mackenzie-Wolf ist neu im Panoramapark. © FUNKE Foto Services | Ralf Rottmann

Ein Grund für das Engagement der Familie war und ist die Verbundenheit mit ihrer Heimat. „Der Park war immer Mittelpunkt der Region“, sagt Hamm, „wenn er geschlossen worden wäre, hätte dies ein Riesenloch gerissen. Es musste einfach weitergehen. Das Sauerland braucht solche Attraktionen.“

„Heftige“ Anfangsjahre

Familienoberhaupt Siegfried Hamm starb Ende 2008, nur ein halbes Jahr nach der Wiedereröffnung des Parks. Seine Söhne Ingo und Heiko mussten fortan die volle Verantwortung tragen.

„Die ersten drei Jahre waren schon heftig“, sagt Ingo Hamm, „wir haben uns gefragt, was wir uns da für einen Klotz ans Bein gebunden haben.“ Es musste sich erst ruckeln, zumal Hamm ein „typischer Quereinsteiger“ war, wie er sagt: „Ich war in der Industriewartung für die Autobranche tätig.“

Die Familie hielt zusammen und stemmte das Projekt, das mit Ausnahme der Sommerrodelbahn „Fichtenflitzer“ und dem dazugehörigen Sessellift ohne die bisherigen Fahr-Attraktionen auskommen musste. Die Grévin-Gruppe hatte zur Konkurrenzvermeidung verkaufsvertrags-gemäß die Fahrgeschäfte abgebaut.

Besucher bekommen beim Rundgang durch den Park auch Mufflons, Sika-, Dam-, Rot- und Schwarzwild zu Gesicht.
Besucher bekommen beim Rundgang durch den Park auch Mufflons, Sika-, Dam-, Rot- und Schwarzwild zu Gesicht. © FUNKE Foto Services | Ralf Rottmann

„Insbesondere die Presse hat uns damals zerrissen, nicht an uns geglaubt“, sagt Hamm, „das hat uns zusätzlich motiviert. Und wir wollten natürlich beweisen, dass Vatter Recht hatte mit seiner Einschätzung, dass an diesem Ort ein Familien-, Freizeit- und Wildpark überleben kann“, so Ingo Hamm.

Herausforderung Pandemie

Wie bei allen Unternehmen der Freizeit-Branche haben Pandemie und Inflation auch den Panorama-Park vor große Herausforderungen gestellt. Was ihn dennoch bis heute passabel am Leben hält und „an guten Tagen 3000 bis 4000 Besucher“ beschert, ist die damalige Konzeptänderung.

Ging es bis zum Kauf durch die Familie Hamm vornehmlich um Action für ältere Kinder und Jugendliche, stehen jetzt Natur- und Tiererleben für die ganze Familie sowie Fahrgeschäfte für Kinder von zwei bis zwölf Jahren im Vordergrund. Das aktive Mitmachen ist gewollt. Nicht zu vergessen der Streichelzoo. „Tiere sind für Kinder das Größte. In Zeiten, in denen die Kleinen nicht mehr wissen, was Hühner oder Ziegen sind, behält der allemal seine Berechtigung“, sagt Ingo Hamm.

Zwei neue Wölfe im Park

Im Jubiläumsjahr haben sich drei neue Fahrgeschäfte, zwei neue Mackenzie-Wölfe und eben die Lemuren zu Fichtenflitzer, Rutschenparadies, Spiel- und Kletterburgen, Luchsen, verschiedenen Wildarten, Erdmännchen und Alpakas gesellt. Als die acht Lemuren ihr neues Daheim auf dem Gelände des Panorama-Parks bezogen, ist Ingo Hamm abends noch lange bei ihnen geblieben, hat beruhigend auf sie eingeredet und mit Hilfe von Weintrauben & Co. zahm und zutraulich gemacht.

Der dreifache Familienvater brennt für seinen Park, kann sich nicht sattsehen am Wichteldorf, an der Rhododendronallee, am traumhaften Panoramablick auf das Sauerland von der Bergstation auf 630 Metern Höhe. „Ich habe mein Hobby zum Beruf gemacht“, schwärmt der Park-Chef ein weiteres Mal an diesem Tag. „Gibt es etwas Schöneres?“

Hintergrund:

Der „Panorama-Park Sauerland Wildpark“ in Kirchhundem ist bis zum Ende der Herbstferien geöffnet (in der Hauptsaison sind bis zu 65 Mitarbeiter beschäftigt). Öffnungstage: panopark.de/oeffnungszeiten

Der Eintritt in den Panorama-Park kostet für Erwachsene und Kinder ab 2 Jahre 17 Euro. Kinder unter 2 Jahren haben freien Eintritt.