Iserlohn. Landes-Bauministerin Ina Scharrenbach informiert sich in Iserlohn über Luftfilter an Schulen. Warum die Kinder trotzdem weiter frieren müssen.
Wenn Politik möglichst anpackend ist, dann kommt das gut an. Ina Scharrenbach (CDU) weiß das. „Sollen wir den Hammer schonmal holen?“, scherzt sie am Montagmorgen in Raum U58 der Realschule Hemberg in Iserlohn. Die Bauministerin des Landes Nordrhein-Westfalen ist ins Sauerland gekommen, weil es da ein Thema gibt, das drängt: Luftfilter an Schulen. Wo sollen sie stehen und wo nicht? Für welche Anschaffung wird es die Fördermittel geben?
Luftfilter im Klassenzimmer? Neues Schuljahr, alte Probleme
Der Raum, in dem Ina Scharrenbach steht, ist ein Informatik-Raum. Viele Computer, keine Fenster und eine Lüftungsanlage, deren Leistungsfähigkeit weder ausreichend ist noch erweitert werden kann. Was tun? Eine Detailfrage gewiss, aber eine von Tausenden, vor der viele Schulen etwas mehr als eine Woche vor dem Start des neuen Schuljahres stehen – auch anderthalb Jahre nach dem Beginn der Corona-Pandemie in Deutschland.
Der Informatikraum verläuft an einer Seite entlang der Außenwand. Ein Durchbruch dort wäre vielleicht eine Lösung für die Zukunft. Deswegen kramt die Ministerin gedanklich schon das brachiale Werkzeug hervor. Eine einfache bauliche Maßnahme sei das, für die es sicherlich Fördergelder geben würde. Nebenan in Raum U1/B müsste die Elektrik des Informatikraums hinter einer Blende verschwinden, damit die Fenster gefahrlos geöffnet werden könnten. Ebenso: hohe Förderwahrscheinlichkeit.
90,4 Millionen Euro Fördermittel von Land und Bund
Geld ist ja da.Land und Bund haben weitere Fördermittel bereitgestellt: 90,4 Millionen Euro liegen parat, um Kitas und Schulen für Kinder unter 12 Jahren virensicherer zu machen – zumindest in Räumen, die nicht oder schwerlich zu lüften sind. Denn eines müsse allen klar sein, sagt Scharrenbach: „Luftreinigungsgeräte sind kein Ersatz für das Lüften.“ Das bedeutet: Auch in diesem Winter werden viele Kinder wieder an geöffneten Fenstern sitzen und frieren. Da können Eltern und Lehrerverbände protestieren und aufbegehren wie sie wollen.
Irgendwo zwischen fünf und zehn Prozent der Räume kommen im Iserlohner Stadtgebiet überhaupt infrage, um mit dem Geld des neuen Programmes gefördert zu werden, sagt Bürgermeister Michael Joithe, der Scharrenbachs Besuch begleitet. Schon zum Jahreswechsel waren 50 Millionen Euro aus Landesmitteln bereitgestellt worden, von denen aber nur 15 Millionen durch die Kommunen abgerufen worden waren.
Luftfilteranlage für 5000 Euro gekauft
Die Realschule Hemberg hat ein Luftfiltergerät zu Testzwecken angeschafft – schon im vergangenen Herbst. In Raum E88 steht es: zwei Meter hoch, einen halben Meter breit, ein weißer Schrank, der leise vor sich hin brummt. Der Raum verfügt lediglich über Oberlichter, ein Luftaustausch alle 20 Minuten ist schwer möglich. Erfahrungswerte mit dem Trox Luftreiniger, rund 5000 Euro teuer, sind wegen der langen Lockdownzeit aber gering. Fragen nach Wartung, Stromverbrauch, Geräuschentwicklung und allgemeinem Nutzen gilt es zu beantworten.
Aber: Müssten die nicht längst beantwortet sein? Dauert das nicht alles wieder unglaublich lang? „Die Vorbereitung auf eine pandemiesichere Bildung im zweiten Corona-Herbst und -Winter wurde verschlafen“, sagte jüngst Sebastian Krebs, stellvertretender Landesvorsitzender der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Auch in belüftbaren Räumen seien ergänzende Luftfilteranlagen sinnvoll. „Den Vorwurf, dass nichts getan worden wäre, kann ich nicht stehenlassen“, sagt Scharrenbach und verweist u.a. auf die Abfrage des Landes aus 2020 an Städte und Gemeinden, wo es überhaupt Förderbedarf gäbe.
Klare Ansagen vom Land
„Es hilft uns, dass nun vom Land klare Ansagen kommen, um sinnvoll investieren zu können“, sagt Schuldezernent Martin Stolte, der ebenfalls zum Besuch von Ina Scharrenbach gekommen ist. Die Realschule Hemberg stehe stellvertretend für viele andere Schulen im Land und habe die gleichen Probleme. „Unsere Schulen sind zwischen 1900 und 2019 gebaut worden. Es ist logisch, dass jede anders ist und jede andere Spezialfälle hervorbringt“, sagt Stolte. In jeden Klassenraum eine Filteranlage zu stellen, sei jedoch Aktionismus.
Doch so ganz klar ist noch nicht, was nun eigentlich gefördert wird und was nicht, darauf verweist auch Ina Scharrenbach. Ihr fehle das Verständnis dafür, dass der Bund seine Förderrichtlinien noch nicht ausgearbeitet habe. „Erst dann“, sagt Scharrenbach, „können auch wir starten. Wir haben den Finger schon auf dem Knopf.“ Bis dahin heißt es also an allen Schulen: weiter warten.