Hagen/Arnsberg. Michaela Pfeifer, bei der Bezirksregierung Arnsberg für Digitalisierung an Schulen zuständig, zum Vorwurf der schlechten Vorbereitung.

Michaela Pfeifer ist Regierungsschuldirektorin bei der Bezirksregierung Arnsberg und seit März zuständig auch für den Bereich Digitalisierung an Schulen. Die rund 50 Lehrer, die neben ihrem Job stundenweise als Medienberater im gesamten Regierungsbezirk arbeiten, versorgen sie mit Informationen. Ein Gespräch über die Tücken und Chancen des Distanzunterrichts, der nun in der Corona-Pandemie nach den Ferien wieder ausgerufen wird.

Erneut werden Schulen und Klassen geschlossen bleiben und aus der Distanz unterrichtet – und der Eindruck vieler Menschen ist, dass Schulen und Lehrer trotz monatelanger Vorlaufzeit nicht ausreichend vorbereitet sind. Was antworten Sie auf diesen Vorwurf?

Zum einen denke ich, dass wir jetzt sehr viel weiter sind als noch im März. Es hat sich viel getan. Zum anderen stellt sich das so mancher Kritiker zu leicht vor. Wir haben viele Schulen, die technisch gut ausgestattet sind, die personell gut aufgestellt sind, die Konzepte für digitalen Unterricht erstellt haben und Schüler zu eigenverantwortlichem Lernen gebracht haben. Diese Schulen kommen mit digitaler Unterstützung gut durch diese Zeit – aber auch in den anderen gibt es viele kreative Unterrichtsansätze. Wenn man die digitaler aufgestellten Schulen aber als Maßstab nimmt, dann kann ich verstehen, dass es Eltern gibt, die das sehen, es mit der Schule ihrer Kinder vergleichen und enttäuscht sagen: Bei uns sieht das aber anders aus.

Warum ist das so?

Alle müssen zu diesem Kulturwandel beitragen, da sind auch Schulleiter, Lehrkräfte, Schulträger, Schülerinnen und Schüler und Eltern im Boot. Obwohl das Land NRW viel Geld zur Verfügung gestellt hat braucht es Zeit. Wir sind auf einem guten Weg, der gemeinsam weitergegangen wird.

Wie sind Schulen und Lehrer denn aktuell vorbereitet? Wie wurden die vergangenen Monate genutzt?

Vom Land gibt es neben den Soforthilfen für technische Geräte auch jede Menge Handreichungen für Lehrkräfte: Didaktische Hinweise für Distanzunterricht, Best-Practice-Beispiele, Videos. Die Voraussetzungen sind an jeder Schule aber anders sind. Manche haben WLAN und Laptops, bei anderen ist die technische Ausstattung noch ganz am Anfang. Was ich aber sagen kann: Die Einsatzbereitschaft der Lehrerinnen und Lehrer ist sehr groß. Es ist ihnen ein Anliegen, die Schülerinnen und Schüler zu fördern.

Woran merken Sie das?

Die Bereitschaft, Schulungen zu besuchen und sich in dem Bereich Digitalisierung fortzubilden, ist groß. Da hatten wir durchweg hohe Teilnehmerzahlen. Zudem wissen wir, dass der Austausch zwischen den Kollegen sehr intensiv ist. Das ist eine sehr positive Entwicklung. Sie unterhalten sich darüber, was funktioniert und was nicht. Das sind Mikrofortbildungen, wenn man so will.

Sind und waren Schulungen verpflichtend?

Lehrkräfte haben eine Fortbildungspflicht. Welche Fortbildung genau besucht wird, legt die Bezirksregierung nicht fest. Aber das muss sie auch nicht. Die Eigenmotivation der Lehrkräfte ist groß genug.

Welche Hindernisse gibt es beim digitalen Lernen aus der Ferne?

Zum einen gibt es Schüler, deren technische Ausstattung noch immer nicht ausreichend ist, die auch nicht gewohnt sind, sich selbst zu organisieren und denen nicht unbedingt jemand dabei hilft und helfen kann, weil die Eltern zum Beispiel berufstätig sind.

Und aus Sicht der Lehrkräfte?

Aus der Sicht des Lehrers muss ein Umdenken erfolgen, weil digitaler Unterricht - oder auch eine Mischform aus Präsenz- und Distanzunterreicht - ein völlig anderer ist als Präsenzunterricht. Und natürlich stellen sich Lehrer immer wieder die Frage, ob sie auf diese Weise alle gleichermaßen erreichen. Sie sind gewohnt, ihre Schülerinnen und Schüler vor sich zu haben.

Inwieweit hat die Rolle der Medienberater an Bedeutung gewonnen?

Unsere Medienberater sind derzeit sehr gefordert, werden spontan gefragt, weil viele Fragen auftauchen. Man darf nicht vergessen: Das sind Lehrer, die 3 und bis zu 14 Stunden weniger Unterreicht in der Woche geben, um digitale Schulentwicklung zu betreiben. Natürlich sind die gerade stark beansprucht: Sie müssen ihren eigenen Unterricht konzipieren, werden von ihren Schulen eingebunden und sind zudem noch Ansprechpartner für andere Schulen in der betreffenden Region. Wir sind darauf bedacht, Medienberater gut verteilt über die Region und die Schulformen einzusetzen, damit alle Bedürfnisse abgedeckt sind.

Gibt es bei den Lehrkräften einen Unterschied zwischen Alt und Jung bei der Frage, wie Distanzunterricht umgesetzt wird?

Es ist, denke ich, nicht per se eine Frage des Alters. Es mag sein, dass die jüngeren Kollegen einen Vorteil haben, weil sie in der Ausbildung andere Erfahrungen haben sammeln dürfen. Aber das ist nichts, was sich ältere Kollegen nicht auch aneignen können und wollen. Wir bekommen ganz viele positive Rückmeldungen von Lehrkräften, die die neuen Möglichkeiten loben. Diese Pandemie ist in der Hinsicht eine riesige Chance: Wir müssen die positiven Aspekte mitnehmen und weiterentwickeln.