Arnsberg/Meschede.. Ein 26-Jähriger muss sich zum zweiten Mal vor Gericht wegen eines tödlichen Autounfalls verantworten. In erster Instanz kam er mit Bewährung davon.

Die Geburtstagsparty in der Schützenhalle Meschede-Berge am 15. Februar 2014 verlief „völlig normal, ruhig und harmonisch“, wie zwei Gastgeber als Zeugen vor dem Landgericht Arnsberg berichten. „Wenn das Glas leer war, gab es das nächste“, ergänzt ein Teilnehmer, „es wurde etwas mehr getrunken. Wie es im Sauerland so ist.“ Am Ende hatten „100 bis 120 Gäste 300 bis 350 Liter Bier und 70 bis 80 Pullen Schnaps“ getrunken. Einer der Gäste setzte sich mit einem errechneten Blutalkoholgehalt von 2,98 Promille für die noch nicht einmal zwei Kilometer zu seiner Wohnung ins Auto. Gegen 4.40 Uhr überfuhr er auf der L 840 zwischen Berge und Visbeck ein junges Paar, das die Fete zu Fuß verlassen hatte. Ein 25-Jähriger - ein „Kumpel“ des Fahrers - war sofort tot, dessen Lebensgefährtin wurde schwer verletzt.

Urteil löste Diskussionen aus

Die tragischen Ereignisse beschäftigen seit Montag die 1. Kleine Strafkammer des Landgerichts. Im vergangenen November war der heute 26 Jahre alte Unfallfahrer wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung vom Amtsgericht Meschede zu einer zweijährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Auf Bewährung. Das Urteil hatte Diskussionen ausgelöst. Die Staatsanwaltschaft legte Berufung ein. Ihre Sicht: Eine Straftat im betrunkenen Zustand, bei der ein Mensch stirbt, erfordert eine Haftstrafe ohne Bewährung.

Sieben Jahre war die Visbeckerin, die bei dem Unfall wohl dauerhafte Einschränkungen an der linken Schulter davongetragen hat, mit ihrem getöteten Freund zusammen. „Es geht mir gerade schlecht“, sagt die 27-Jährige, die als Nebenklägerin auftritt. Auch wenn sie keine Erinnerungen an den Unfall hat, hat sie der bevorstehende Verhandlungstermin in den letzten Tagen aufgewühlt. Ansonsten: „Man lernt, damit umzugehen“, sagt sie und blickt mit traurigen Augen zur Richterbank.

Ihr gegenüber sitzt der Angeklagte regungslos. Ein Mann mit einem gepflegten Äußeren. „Er hat durch den Unfall sein soziales Umfeld verloren“, zitiert Richter Hans-Joachim Grunwald aus der Urteilsbegründung der Vorinstanz. Mittlerweile hat der 26-Jährige seinen Arbeitsplatz nach Schleswig-Holstein verlegt. Auf seine Trinkgewohnheiten vor dem Unfall angesprochen, sagt er: „Nur zwischendurch. Ich bin im Sport- und Schützenverein und bei der Feuerwehr. Da trinkt man schon mal eine Flasche Bier oder zwei.“ Ein Filmriss, wie rund um den Unfall, sei unüblich. „Eigentlich weiß ich immer alles.“ Er könne sich in besagter Feten-Nacht nur bis etwa halb Eins erinnern, sagt der Angeklagte. Zeugen berichten, dass er zu später Stunde nicht auffällig übermäßig betrunken gewesen sei und man auch seine Worte habe noch verstehen können.

Starker Regen in der Unfallnacht

In der Unfallnacht hatte es auf der L 840 stark geregnet. Die Sicht war schlecht auf der Straße ohne ­Geschwindigkeitsbeschränkung. Dennoch hätte der Mann am Steuer des VW Passat, so ein Unfallsachverständiger, den beiden Fußgängern, die ausgerechnet auf seiner Fahrbahn unterwegs waren, locker ausweichen können.

Als der 26-Jährige vor der Geburtstagsparty seinen Wagen auf einem Hof in der Nähe der Schützenhalle abstellte, schickte er einem „Kumpel“ noch eine Sms, dass er den Pkw dort über Nacht stehen lassen wolle. Kurz nach halb Fünf setzte er sich doch in den Wagen, fuhr dann zunächst einen Außenspiegel an einem Geländer ab und prallte beim Rückwärts­fahren gegen eine Mauer. Mit ­zerbrochener Heckscheibe setzte er die Fahrt fort. Richter Grunwald: „Spätestens da hätte Ihnen doch Ihre absolute Fahruntüchtigkeit nicht verborgen bleiben ­dürfen.“

Der Prozess geht am kommenden Donnerstag weiter.