Hagen. In Krankenhäusern werden Personalausfälle zum aktuellen Thema. So sind in den Märkischen Kliniken 59 Mitarbeiter an Covid-19 erkrankt.

Auf der Startseite der Märkischen Kliniken im Internet lächelt ein junger Mann die Nutzer an. Neben ihm findet sich ein roter Kreis mit der Aufschrift: „Finde Deine Lieblingsstelle. Arbeiten, wie es zu Dir passt.“ Das mit dem Arbeiten ist derzeit so eine Sache. 59 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Märkischen Kliniken mit zwei Standorten (Klinikum Lüdenscheid und Stadtklinikum Werdohl) sind an Covid-19 erkrankt und fallen aus. Zwei weitere können ebenfalls derzeit nicht zum Dienst erscheinen – sie befinden sich wegen der Erkrankung einer Kontaktperson in häuslicher Quarantäne.

Wegen des Personalausfalls mussten bereits drei von 36 Stationen geschlossen werden. „Die Versorgung in allen Abteilungen ist gewährleistet“, betont die Geschäftsführung, gesteht aber ein: „Die Gesamtsituation ist angespannt.“ Dennoch: „Noch liegen die Ausfälle beim Klinikpersonal nicht in einem kritischen Bereich.“

Ein Blick nach Großbritannien verheißt nichts Gutes

Womöglich liegt die Betonung auf „noch“: Weil die Corona-Variante Omikron sich rasant verbreitet, geht die seit Wochen theoretisch geführte Diskussion um drohende Personalengpässe in Einrichtungen der kritischen Infrastruktur wie Krankenhäusern so langsam in den Praxis-Modus über.

Um festzustellen, was das Land erwarten könnte, reicht ein Blick nach Großbritannien, das Deutschland bei der Infektionsentwicklung um einige Wochen voraus ist. Zu Weihnachten wurden 24.000 Krankenhausmitarbeiter gezählt, die aufgrund von Infektionen oder häuslicher Quarantäne ausfielen. Ende November waren es noch weniger als 12.000.

Höhepunkt der Omikron-Welle Mitte Februar

Am Mittwoch hieß es von der Krankenhausgesellschaft NRW, dass derzeit die Auswirkungen von Omikron auf die Arbeitsfähigkeit der Kliniken noch überschaubar seien. In zwei, drei Wochen dürfte dies schon ganz anders aussehen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach erwartet den Höhepunkt der Omikron-Welle für Mitte Februar.

Wenn sich der Krisenstab der Märkischen Kliniken trifft, geht in diesen Tagen vermutlich der erste Blick auf die Zahl der Krankmeldungen. Am Montag waren es noch 48 Infizierte unter dem Personal, am Mittwoch waren bereits 59 Mitarbeitende positiv auf Covid-19 getestet. Die Märkischen Kliniken haben 2200 Beschäftigte.

Notfallpläne im Bedarfsfall

Im Hochsauerland scheint in dieser Hinsicht die Welt noch etwas anders auszusehen. Im Klinikum Hochsauerland, so Sprecher Richard Bornkeßel, seien aktuell nur vereinzelte krankheitsbedingte Personalausfälle zu verzeichnen. Die Kliniken und Stationen befänden sich im regulären Betrieb: „Zuletzt verlief die Corona-Situation im Hochsauerlandkreis glücklicherweise weniger dramatisch als in anderen Regionen.“

Auf einen möglichen Anstieg der Inzidenz sei man vorbereitet, so Bornkeßel weiter. Sollte die Entwicklung der pandemischen Lage in der Region dies erforderlich machen, könnten die in früheren Wellen der Pandemie erprobten Notfallpläne sukzessive in Kraft gesetzt werde: „Aufgrund der dezentralen Struktur des Klinikums Hochsauerland können dabei im Bedarfsfall Personalkapazitäten auch standortübergreifend gebündelt oder verschoben werden.“

Erfahrungen in der Pandemie gesammelt

Auch am St. Marien-Krankenhaus in Siegen mit seinen 1300 Beschäftigten ist die Lage noch stabil: „Aktuell beobachten wir einen moderaten Anstieg. Wir zählen zehn infizierte Mitarbeitende, wobei wir seit Januar davon ausgehen, dass sich nur noch Omikron-Fälle hierunter verbergen“, berichtet Christian Stoffers von der Marien Gesellschaft Siegen. Aber man sorge sich angesichts der sich auftürmenden Omikron-Welle. „Die Kurve mit dem Covid-19-Patienten geht auch bei uns nach oben.“ Die Verantwortlichen gingen davon aus, führt Stoffers fort, „dass der Kelch nicht an uns vorüberzieht“.

In zwei Jahren Pandemie habe das St. Marien-Krankenhaus aber wichtige Erfahrungen gesammelt und sei besser vorbereitet als noch Anfang 2021, als ein größerer Ausbruch die Klinik im Griff hatte. „Wir mussten damals alles herunterfahren. Nicht notwendige Operationen verschieben, einen Belegungsstopp verhängen.“ Zwei Wochen habe der Ausnahmezustand gedauert.

Pflege-Ausbildung intensiviert

Zu Delta-Zeiten sei die Intensivstation der Flaschenhals gewesen. „Mittlerweile sind wir gewappnet.“ Es gebe Notfallpläne, die vor allem aufzeigten, wo Arbeiten auf bestimmten Stationen so gedrosselt werden könnten, ohne dass der Betrieb insgesamt gefährdet werde. Vorausschauend bilde man im eigenen Pflege-Ausbildungsinstitut über Bedarf aus und ermögliche auch kürzere Ausbildungszeiten: „Wir passen unser elektives Geschehen so an, dass uns die Mitarbeitenden nicht ausbrennen. Das ist wesentlich wichtiger als die Bewältigung einer Ad hoc-Situation, die eintreten kann.“

Das Ausbildungsinstitut der Marien Gesellschaft habe 500 Plätze für den Bereich Pflege. Zum üblichen Start im Oktober sei für einen Ausbildungsgang ein zusätzlicher Frühlingskurs hinzugekommen. „Das wird sich lange nach der letzten Mutante noch positiv auf den Personalstand auswirken“, ist sich Stoffers sicher.

Personalsituation hat sich allgemein verschlechtert

Denn so manches Krankenhaus hierzulande klagt darüber, dass angesichts der anspruchsvollen medizinischen und pflegerischen Aufgaben in der Pandemie sich die allgemeine Personal-Lage verschlechtert habe. Hinzu kommt die bundesweite Impfpflicht für Klinikpersonal, die am 15. März startet. Dann könnten durch nicht-geimpftes Personal weitere Engpässe drohen.

Diskutiert wird, wie man einer Überlastung des Gesundheitssystems vorbeugen könnte. Zuletzt sagte Prof. Thomas Uhlig, Klinik-Direktor für Anästhesie bei den Märkischen Kliniken: „In der Regel ist man nach einer Erkrankung mit der Omikron-Variante nach drei bis fünf Tagen nicht mehr ansteckend. Deshalb macht es durchaus Sinn, über eine Verkürzung der Quarantäne nachzudenken.“