Schmallenberg. Der Schmallenberger Fotograf Klaus-Peter Kappest hat Bilder schon vor Augen, bevor er sie im Kasten hat. Was für ihn so schön am Warten ist:


Um ein Haar hätte Klaus-Peter Kappest den magischen Moment verpasst. Den Moment, auf den er 25 Jahre lang gewartet hatte. Gerade erst war er angekommen in dem Haus in Lappland im Norden Finnlands, das er schon so viele Jahre besucht. Er packte seine Sachen aus, als ein Hund ans Fenster kam. „Er legte seine Vorderpfoten auf das Fensterbrett und stieß mit der Schnauze von Außen an die Scheibe, klopfte und jaulte. Nach dem Motto: Komm mal raus!“, sagt der
Schmallenberger
Fotograf und schmunzelt.

Er folgte diesem Befehl und bekam das zu sehen, worauf er so lang gewartet hatte. Leuchtende Polarlichter über dem verschneiten Haus am See. Unzählige Male stand er schon vor dem Haus, aber die Polarlichter – wenn sie sich denn zeigten – befanden sich nie an der richtigen Stelle. Die Wirklichkeit passte nicht zu dem Bild, das er im Kopf hatte. Dass es nach 25 Jahren im Jahr 2018 endlich klappte, ist einer der magischen Momente in Klaus-Peter Kappest Berufsleben. Das Warten, sagt er, sei das Schönste am Fotografieren.

Fotograf Klaus-Peter Kappest: Polarlichter bilden gewaltiges Getanze am Himmel

Ein Rentier ist vor einer stark von der Sonne beleuchteten Wolke zu sehen. Klaus-Peter Kappest hatte dieses Bild schon lange im Kopf
Ein Rentier ist vor einer stark von der Sonne beleuchteten Wolke zu sehen. Klaus-Peter Kappest hatte dieses Bild schon lange im Kopf © Klaus-Peter Kappest | Klaus-Peter Kappest



„Für mich ist das Fotografieren vor allem Zeichnen mit Licht“, sagt der 59-Jährige. Es ist das Zentrum seiner Arbeit und gleichzeitig das Unberechenbarste. Nicht immer muss er warten. In dem Haus in Lappland, das einem Freund gehört, saßen sie eines Abends zusammen. Kappest schaute eher zufällig aus dem Fenster. Er zog spontan mit seiner Kamera los und fing an zu fotografieren.

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„Es war eine derart wahnsinnige Nacht. Es war das beste Polarlicht, das ich jemals gesehen habe. Intensivste, bunteste Farben und gewaltiges Getanze – das Polarlicht so hell, dass man problemlos eine Zeitung hätte lesen können.“ Seine Worte überschlagen sich. Die Erinnerungen sind noch so wach, als ob es gestern war. Er lacht und sagt: „Dann habe ich über zwölf Stunden am Stück fotografiert, ohne überhaupt zu merken, wie die Zeit vergeht.“ So entstanden wunderschöne Bilder, ganz unverhofft.

Nicht immer, aber manchmal hat er das Motiv im Kopf noch bevor es ihm die Wirklichkeit beschert. Er nennt das seinen „Spleen“. Der treibt ihn an. „Ich wollte zum Beispiel die Silhouette eines Rentiers fotografieren, vor einer stark orange beleuchteten Wolke. Da hat es auch lange gedauert, bis ich das Foto hatte, weil die Wolke nicht die richtige Farbe hatte oder das Rentier nicht in der richtigen Weise stand “, erzählt er. Er nimmt es mit Humor, dass er manchmal länger warten muss. Er erzwingt diese Fotos nicht, sondern behält sie stets im Hinterkopf. „Der Moment kommt schon irgendwann“, sagt er.

Sauerland und Lappland sind das Spezialgebiet von Klaus-Peter Kappest


Das Warten sei ja auch das wahrlich Schöne. Er genießt das, sagt er. „Es hat etwas Meditatives. Das sind die Momente, in denen ich mal Ruhe habe und die Alltagshektik abebben kann. Ich werde am kreativsten, wenn ich Zeit habe.“ Er ruht in diesen Momenten in sich und liebt es, bei seiner Landschaftsfotografie den Geräuschen der Natur zu lauschen, draußen zu sein. Manchmal friert ihm dabei der Bart um den Mund herum ein, zumindest in Lappland.


Seit 1998 arbeitet er nun als freischaffender Fotograf – vor allem im
Sauerland
und in Lappland. Angefangen hat alles damals, als sein Vater mit seiner Leica Messsucherkamera nicht umgehen konnte und sie seinem Sohn vermachte. „Die hat mich dermaßen begeistert, dass ich Jahrzehnte nur noch mit Leica fotografiert habe. Mein Vater hat den Funken für die Fotografie entfacht.“

Er denkt mittlerweile in Bildern. Wie diesem: Ein Eisbär, der von einer Eisscholle zur nächsten springt. In der Antarktis kam ihm die Idee. Tiere sind aber nun mal eigenwillig. „Entweder drehte mir der Eisbär den Hintern zu oder die Eisscholle wackelte. Es dauerte, bis er genauso sprang, wie ich es haben wollte“, sagt Kappest. „Manchmal ist der Eisbär auch einfach ins Wasser geplumpst.“ Auch hübsch, aber nicht das gewünschte Motiv.

Klaus-Peter Kappest aus Schmallenberg kommt für Fotos mehrmals zurück

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Das Warten ist sein ständiger Begleiter. „Es gibt eine Reihe von Motiven, für die ich mehrfach hingefahren bin, um ein Foto zu machen“, sagt er. Zum Beispiel, als er den Dunst einer Inversionswetterlage im Latrop-Tal am Rothaarsteig fotografieren wollte. „Da bin ich zwölf Mal an denselben Punkt gefahren“, erzählt der 59-Jährige.


Ihm hilft, dass er die Bedingungen in der Natur im
Sauerland
und in Lappland gut kennt. „Wenn man auf die perfekten Polarlichter wartet, kann das bedeuten, dass man schon mal mehrere Stunden draußen steht. Der farbenprächtigste Moment dauert dann manchmal nur 30 Sekunden.“ Kurz genug, um ihn zu verpassen, wenn einen der Hund nicht warnt.



Mehr Infos über den Fotografen Klaus-Peter Kappest finden Interessierte unter

www.kappest.de

. Dort sind auch seine Workshop-Termine zu finden.

>> INFO: Adventsserie beschäftigt sich mit dem Warten


  • Das Wort
    Advent
    hat seinen Ursprung im Lateinischen. Es bedeutet:
    Ankunft
    . Mit einer Ankunft verbunden ist: das Warten, auch das Erwarten.


  • Worte, die im Zentrum dieser Adventsserie stehen. Jeden Tag erzählt uns ein Mensch, der wartet, seine Geschichte. Immer andere Menschen,
    immer ein anderes Warten
    : vorfreudig, ängstlich, traurig, lustig, tragisch oder banal. In der Regel sind es kurze Geschichten, seltener längere.

  • So warten wir gemeinsam mit Ihnen, lieber Leserinnen und Leser, auf den Heiligen Abend und die Ankunft von
    Weihnachten
    .