Hagen. Umfrage NRW-Check: Die Menschen in NRW bewerten die Corona-Maßnahmen zunehmend kritisch. Besonders skeptisch ist man im Sauer- und Siegerland.

Auch wenn die Corona-Pandemie für die Menschen in Nordrhein-Westfalen das mit Abstand wichtigste Problem bleibt: Gerade im Sauerland und Siegerland sehen mehr Menschen die Corona-Maßnahmen kritisch als im NRW-Durchschnitt. Das ist ein Ergebnis des NRW-Checks, einer großen repräsentativen Meinungsumfrage, die das Institut Forsa im Auftrag der WESTFALENPOST und 38 weiterer Tageszeitung in NRW erhoben hat. 2006 Menschen ab 18 Jahren wurde dazu befragt

Corona bleibt das wichtigste Problem für die Menschen in NRW

Wie gesagt: Die Corona-Pandemie bleibt für die Menschen in NRW das mit Abstand wichtigste Problem, jedoch scheint das Virus trotz der zuletzt explodierenden Infektionszahlen für viele an Schrecken verloren zu haben. 56 Prozent aller Befragten setzten die Pandemie ganz oben auf die Liste der größten Probleme, beim ersten NRW-Check im Dezember nannten noch 64 Prozent die Pandemie als das wichtigste Thema im Land.

Zwischen den verschiedenen Altersgruppen zeigen sich indes leichte Unterschiede. So sehen jüngere Menschen die Pandemie offenbar mit etwas größerer Sorge: Immerhin 66 Prozent der 18- bis 29-Jährigen bezeichneten die Pandemie als das größte Problem des Landes, bei den 45- bis 59-Jährigen waren es lediglich 49 Prozent. Zwischen den Anhängerinnen und Anhängern der einzelnen Parteien zeigte die Erhebung in dieser Frage keine gravierenden Unterschiede. Auffällig: Nur 44 Prozent der AfD-Anhänger sehen in der Pandemie das größte Problem in NRW.

Im Sauer- und Siegerland sind die Menschen skeptischer

Während das Thema Corona gegenüber Dezember etwas an Bedeutung verloren hat, ergeben sich mit Blick auf die Bewertung der Pandemie-Maßnahmen deutliche Verschiebungen. Gingen im Dezember noch 63 Prozent der Bürgerinnen und Bürger in NRW die getroffenen Maßnahmen nicht weit genug, sagten dies im Februar nur noch 30 Prozent. Dagegen halten nun deutlich mehr Menschen als im Dezember (18 %) die Maßnahmen derzeit für angemessen (39 %).

Und hier zeigen sich dann doch einige regionale Unterschiede: Im Sauer- und Siegerland sind die Menschen deutlich weniger zufrieden mit den Corona-Maßnahmen - und die Kritik kommt von beiden Seiten. Als angemessen bewerten sie hier nur 33 Prozent( NRW: 39 %). 31 Prozent gehen sie zu weit (NRW 25 %), noch mehr Menschen, nämlich 35 Prozent (NRW: 30 %) gehen die Maßnahmen dagegen nicht weit genug. Nur im Bergischen Land weichen die Werte im Vergleich der acht NRW-Regionen noch deutlicher vom Landesschnitt ab: Hier überwiegen aber die Corona-Maßnahmen-Skeptiker mit 40 Prozent. Im Ruhrgebiet, zu dem auch Hagen und der Ennepe-Ruhr-Kreis zählen, liegen die Werte dagegen nah am NRW-Schnitt.

Dieser Trend zieht sich durchaus auch bei anderen Fragen durch. Beim NRW-Check wurde gefragt, ob bei weiter steigenden Infektionszahlen auch ein Lockdown mit Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen sowie Geschäftsschließungen und dem verbot von Großveranstaltungen für richtig gehalten wird. Während im Dezember noch 63 Prozent in NRW dafür waren, sind es nun nur noch 51 %. Aber das ist immerhin landesweit noch eine knappe Mehrheit. Für die Region Sauer- und Siegerland stimmt das allerdings nicht mehr: Hier sind nur 45 Prozent im Zweifel dafür, eine Mehrheit von 51 Prozent aber dagegen. Das Ruhrgebiet, zu dem auch Hagen und der Ennepe-Ruhr-Kreis gehören, liegt dagegen fast genau auf NRW-Schnitt.

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Allgemeine Impfpflicht findet weniger Befürworter

Eine deutliche Mehrheit unterstützt weiterhin eine allgemeine Impfpflicht, doch ist die Zustimmung gegenüber dem ersten NRW-Check im Dezember landesweit von 73 Prozent auf aktuell 63 Prozent gesunken. Dies entspricht etwa dem Bundestrend. 31 Prozent der Befragten in NRW sprechen sich gegen eine allgemeine Impfpflicht aus, im Dezember waren es 24 Prozent.

Auch hier zeigen sich wieder Unterschiede je nach Region. So lehnen im Bergischen Land (41 %) und an der Rheinschiene (34 %) überdurchschnittlich viele Menschen eine Impfpflicht ab. Im Ruhrgebiet sind 62 Prozent für die Impfpflicht, 32 Prozent sind dagegen. Auch hier wieder eine Auffälligkeit im Sauer- und Siegerland: Trotz der generell kritischen Haltung zur Corona-Politik ist die Zustimmung zur Impfpflicht leicht überdurchschnittlich: 66 Prozent sind dafür, 30 Prozent dagegen.

Menschen in NRW wegen der Omikron-Variante nicht stark besorgt

Die hoch ansteckende Omikron-Variante des Corona-Virus scheint die Bürgerinnen und Bürger nicht mehr übermäßig zu schrecken. 41 Prozent der Befragten gaben an, wegen Omikron weniger besorgt oder beunruhigt zu sein im Vergleich zu früheren Corona-Varianten. 42 Prozent sagten, sie seien genauso besorgt wie zuvor. Nur 14 Prozent sind wegen Omikron mehr beunruhigt. Das Ruhrgebiet ist hier wieder ziemlich genau auf NRW-Schnitt, im Sauer- und Siegerland hingegen sind die Menschen etwas unbesorgter: 47 Prozent (NRW: 41%) zeigen sich bezüglich Omikron weniger besorgt als bei früheren Varianten.

Dass jedes der 16 Bundesländer eigene Regelungen zur Bekämpfung der Pandemie treffen soll, befürworten lediglich 29 Prozent der Befragten. Eine Mehrheit von zwei Dritteln (66 %) ist hingegen der Ansicht, dass Corona-Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung einheitlich bundesweit gelten sollten. Dafür spricht sich in allen Regionen, Bevölkerungs- und Wählergruppen eine deutliche Mehrheit aus. Lediglich die AfD-Anhänger sind in dieser Frage gespalten.

Sorgen um den gesellschaftlichen Zusammenhalt

Querdenker, Verschwörungsgläubige, Corona-Leugner, Impfgegner - die Corona-Pandemie hat Konflikte erzeugt und Gräben aufgerissen. 51 Prozent der Befragten sind der Ansicht, dass der Zusammenhalt der Menschen in den vergangenen zwei Jahren der Pandemie schwächer geworden sei. Nur zehn Prozent haben den Eindruck, dass die Menschen in der Pandemie zusammengerückt sind. 33 Prozent sagen, die Situation habe sich nicht wesentlich verändert.

Dass der gesellschaftliche Zusammenhalt gelitten hat, meinen am häufigsten die 30- bis 44-Jährigen (60 %), Arbeiter (66 %) und Selbstständige (61 %) sowie vor allem die Anhänger der AfD (84 %).

Viele Menschen sehen gesellschaftliches Miteinander beschädigt

Dass sich die Gesellschaft in der Debatte um den richtigen Umgang mit der Pandemie in zwei etwa gleich große Lager gespalten hat, meint nur etwa ein Viertel der Bürgerinnen und Bürger in NRW. Die große Mehrheit der Bevölkerung (71 %) ist hingegen der Meinung, dass es sich bei den Gegnerinnen und Gegnern der Impfungen und der Corona-Maßnahmen um eine kleine Minderheit handelt.

Dass sich Befürworter und Gegner von Impfungen und Corona-Maßnahmen nach der Pandemie wieder versöhnen werden, glauben hingegen nur 34 Prozent der Menschen in NRW. 55 Prozent meinen hingegen, das gesellschaftliche Miteinander werde langfristig beschädigt sein. Im Ruhrgebiet äußerten diese Befürchtung sogar 61 Prozent. Auch im Sauer- und Siegerland (62 %) sehen die Menschen die Zukunft des Zusammenlebens eher skeptisch.

Nur wenig Verständnis für Impfgegner

Viele Menschen (43 %) äußerten die Ansicht, dass sich die Politik zu viel mit den Meinungen der Gegner von Corona-Maßnahmen und Impfungen beschäftigt. Das spricht womöglich für den Wunsch nach mehr Gelassenheit im Umgang mit den Kritikerinnen und Kritikern. 23 Prozent der Befragten sagten hingegen, die Politik beschäftige sich zu wenig mit den Gegnern der Regelungen.

Bei der Frage nach der Notwendigkeit von Impfungen zeigt sich im NRW-Check ein recht einheitliches Bild: 74 Prozent der Befragten haben kein Verständnis dafür, dass sich viele Menschen in Deutschland nicht gegen das Corona-Virus impfen lassen. Fast ein Viertel (23 %) der Bürgerinnen und Bürger in NRW haben hingegen Verständnis für die Impfgegner. Im Bergischen Land ist das Verständnis für Impfgegner mit 43 Prozent landesweit am größten.

>> HINTERGRUND: Zum NRW-Check

  • NRW-Check ist eine repräsentative Befragung des Forsa-Instituts. Auftraggeber sind 39 Zeitungstitel aus NRW, darunter die WESTFALENPOST und die WAZ. Die Titel haben eine tägliche gedruckte Auflage von rund zwei Millionen Exemplaren und eine durchschnittliche wöchentliche Gesamtreichweite in gedruckten wie digitalen Angeboten von rund 9,8 Millionen Leserinnen und Lesern.
  • Die Befragung findet in vier Teilen statt - nach dem ersten Aufschlag im Dezember 2021 ist dies der zweite Teil.
  • Für die aktuelle Erhebung sind 2.006, nach einem systematischen Zufallsverfahren ausgewählte Wahlberechtigte ab 18 Jahren in Nordrhein-Westfalen befragt worden. Sie wurde vom 26. Januar bis 2. Februar 2022 im Rahmen des repräsentativen Panels „Forsa.omninet“ durchgeführt.
  • Um die Ergebnisse auf die Gesamtheit der wahlberechtigten Bevölkerung in NRW zu übertragen, sind man wie bei allen Stichprobenerhebung mögliche Fehlertoleranzen zu berücksichtigen. Im vorliegenden Fall liegt die Fehlertoleranz bei +/- 2,2 Prozentpunkte.