Kinobetreiber aus Südwestfalen erklären, warum sie nach siebenmonatigem Lockdown, immer noch nicht geöffnet haben.
Hagen. Die meisten Kinobetreiber in Südwestfalen öffnen ihre Säle erst am 1. Juli. Sie halten sich an den gemeinsam abgesprochenen Öffnungstermin von Kino- und Verleihverbänden in Deutschland. Macht anders für viele auch wenig Sinn, da die großen Verleihfirmen und Studios ihre Filme erst freigeben, wenn diese deutschlandweit gezeigt werden können. Die Vorbereitungen laufen einer Umfrage zufolge auf Hochtouren: Neue 450-Euro-Kräfte werden eingearbeitet, Snacks und Getränke geordert, die Technik hochgefahren.
Ausnahme Filmtheater Winterberg
Das Filmtheater Winterberg ist da eine Ausnahme. Inhaber Joachim Wahle hat am 17. Juni geöffnet. „Die Resonanz ist noch sehr verhalten“, berichtet der 61-Jährige. Die warmen Sommertage und die Fußball-EM hätten so manchen vom Besuch abgehalten. Wahle sieht es als Probelauf: „Wir hatten sieben Monate geschlossen, da muss sich erst viel wieder einspielen.“ Nun warte man auf „noch schlechteres Wetter, damit die Kinobesucher unser frisch renoviertes und ausgebautes Foyer bewundern können“. 100 Prozent - so beziffert er den Einnahmeausfall. Die November- und Dezemberhilfen hätten aber einen Großteil der Verluste aufgefangen. „Die staatliche Unterstützung hat uns tatsächlich geholfen. Da können wir nicht meckern.“
Sorgen bereiten dem 61-Jährigen eher die Verträge zwischen den Streamingdiensten und den Studios. Viele Blockbuster werden zeitgleich in den Kinos und bei den Streamingdiensten gezeigt. „Will man ins Kino, muss man sich aufraffen und das Sofa verlassen“, sagt er. Diejenigen allerdings, die sein Filmtheater bereits besucht haben, seien „einfach nur glückselig“. „War das mal wieder schön“, habe er oft gehört.
Stabile Ticketpreise
Den Kinobesuchern verspricht Wahle gleichbleibende Ticketpreise wie vor der Pandemie. „Nur die Snacks, die werden etwas teurer, weil der Einkaufspreis gestiegen ist.“ Er selbst freut sich auf den neuen James Bond, der am 30. September in Winterberg präsentiert wird. Das Programm sei breit angelegt – von der fantasievollen Abenteuerkomödie „Catweazle“ bis zum Actionreißer „The Fast and the Furious 9“ sei alles dabei.
Sebastian Boos, Inhaber des Kinocenters Schwelm, öffnet erst am 15. Juli. „Vorher schaffen wir das nicht. Wir wollen erst einmal schauen, wie es bei den anderen läuft.“ Ein großer Teil der 450-Euro-Kräfte sei im siebenmonatigen Lockdown „abgewandert“. „Wir suchen zurzeit neue Bewerber.“
Bundesweite Einigung
Das Lichtspielhaus Lennestadt von Christin Cordes startet am 1. Juli. „Wir halten uns an die bundesweite Einigung“, berichtet sie. Sie bräuchten den Vorlauf, um das neue Personal einzuarbeiten. „Da hat fast acht Monate lang alles brach gelegen.“ Über den Filmstau freut sie sich: „Für uns und die Kinobesucher ist das gut, weil das Angebot so vielfältig wie nie zu dieser Jahreszeit ist.“
Klaus Fiukowski, Inhaber des Filmrisskinos in Gevelsberg, bestätigt, dass sein Haus bis September geschlossen bleibt. „Wir nutzen die Zeit für Renovierungsarbeiten.“ Ohne staatliche Hilfen und dem zweiten Standbein, dem Autokino Gevelsberg, hätte man es nicht geschafft. „Das hat uns tatsächlich den Kopf über Wasser gehalten.“ Im Autokino wird am Samstag die romantische Komödie von Maria Schrader „Ich bin dein Mensch“ gezeigt. Darauf, so Klaus Fiukowski, der Arthousefilme liebt, freue er sich besonders.
Franzosen als Vorbild
Kim Ludolf Koch, Geschäftsführer Cineplex mit Sitz in Wuppertal, die auch mehrere Kinosälen in Südwestfalen betreiben, hofft, dass die Vier-Monate-Exklusivität der Kinofilme nicht weiter untergraben wird. „Das hätte nach der Pandemie-Zeit Folgen für die ganze Branche.“ Von den Politikern fordert er, nicht nur die kleinen Kinos als schützenswert zu betrachten. Das empfindet Koch als ungerecht. Die Franzosen, die gingen mit gutem Beispiel voran: „Kino ist dort immer Kultur, egal wie groß das Kino ist.“