Die Phantomdebatte um „Menstruationsurlaub“ offenbart viel über Klischees, Vorurteile und sexistischen Ausgrenzung.
Allein schon der Begriff, der sich im Deutschen für „Menstrual leave“ eingebürgert hat, macht deutlich, dass die weibliche Menstruation immer noch für sexuelle Diskriminierung herhalten muss. „Menstruationsurlaub“ sollen die Frauen in Spanien künftig kriegen. Natürlich geht es in dem Gesetzentwurf gar nicht um Urlaub. Es geht um Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Die gibt es in Spanien bisher erst ab dem vierten Tag. Wer mit Unterleibskrämpfen einen Tag zuhause bleibt, erhält also kein Geld. Das soll sich künftig ändern.
Daraus zeigt sich, dass eine Diskussion, ob Krankheitstage wegen Periodenbeschwerden in Deutschland auch eingeführt werden sollen, unsinnig ist. Es gibt sie ja schon. Ob Weibchen oder Männchen, wer an einem Tag nicht gut dran, ist, aus welchen Gründen auch immer, und sich auf der Arbeit krank meldet, erhält sein volles Gehalt.
Der Begriff Menstruationsurlaub suggeriert allerdings, dass es um Sonderrechte geht, nicht um ernsthafte medizinische Beschwerden und reiht sich damit nahtlos ein in die Liste der Tabus und Vorurteile gegenüber menstruierenden Frauen seit dem frühen Christentum. Gott hat Eva für den Sündenfall mit der Monatsblutung bestraft. Menstruation wird als ein Indiz dafür herangezogen, dass Frauen das schwächere Geschlecht sind und deshalb nicht Chefin werden können. Wird eine doch Chefin und es fällt ihr ein Tampon aus der Tasche, verliert sie ihre Autorität, egal ob ihre Mitarbeiter Anzug tragen oder Blaumann. Jede Frau erlebt es, dass ihre Argumente im Streitfall als hysterisch verächtlich gemacht werden, mit dem Spruch: Du hast wohl Deine Tage. So wundert es nicht, dass die Diskussion über „Menstruationsurlaub“ wider besseres Wissen mit dem Unterton geführt wird, jetzt wollten sich die Emanzen mal wieder eine Extrawurst gönnen.
Menstruation ist über die Jahrhunderte hinweg ein Tabu geblieben, auch wenn Frauen längst bewiesen habe, dass sie einen Airbus genauso sicher fliegen können wie ein Mann. Wie sonst ist zu erklären, dass auf deutschen Toiletten keine freien Tampons und Binden ausliegen? Vor über 30 Jahren verlor Steffi Graf das Finale der French Open. Eine deutsche Boulevard-Zeitung titelte damals gehässig: „Steffis Geständnis. Ich hatte meine Tage.“ Die Empörung über diese journalistische Übergriffigkeit war groß; an der Abqualifizierung von Frauen wegen biologischer Merkmale hat sich seither nichts geändert.
Jetzt führen wir also eine Phantomdebatte über etwas, was es bei uns längst gibt: die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall ab Tag 1. Das zeigt, wie zerbrechlich Gleichberechtigung immer noch ist und wie sehr Frauen weiter Klischees, Vorurteilen und sexistischen Ausgrenzungen ausgesetzt sind.