Warstein.. Die Empfehlung kam am Freitag aus dem Kreishaus: “Reisen in das Stadtgebiet Warstein, die nicht zwingend notwendig sind, sollten vermieden werden.“ Wie reagieren die Bürger auf so eine Aussage? Viele Warsteiner sprechen von Panikmache. Sie drängen auf Auklärung bei der Legionellen-Suche. Ein Lagebericht von dem Wochenende, als Warstein zur Sperrzone wurde.

Samstag morgen, eine Tankstelle in Belecke an der B55: Keine 200 Meter sind es von hier bis zu der Anlage, die als Erste in Verdacht geraten war, die Quelle der Legionellen zu sein. Trotzdem steht an jeder Zapfsäule ein Auto. Die Kennzeichen verraten: Es sind nicht nur Warsteiner, die sich hier heute aufhalten – in einem Gebiet, von dessen Besuch der Kreis Soest seit Freitag abend abrät. 

Ein Kölner tankt seinen Wagen voll, aus dem HSK fährt gerade ein Auto auf das Gelände, zeitgleich rollt ein Auto mit Ulmer Kennzeichen von der Tankstelle. Ausgerechnet Ulm, die Stadt, in der sich 2010 der bisher größte Legionellen-Ausbruch Deutschlands ereignete – übertroffen nur von der Krankheitswelle in Warstein. Manchmal hat der Zufall einen seltsamen Sinn für Ironie.

Im Kassenhäuschen läuft das Radio. „Die hatten gerade unseren Bürgermeister dran, wegen der Warnung.“ Die Kassiererin schüttelt den Kopf: „Das kommt doch alles viel zu spät.“ Ein Handwerker aus Belecke bezahlt, er wohnt oberhalb der B55, nur wenige Meter Luftlinie von der vermeintlich gefährlichen Anlage entfernt. „Ich merke noch nichts, das ist doch jetzt wirklich Panikmache.“ Seine Frau arbeite bei der Stadt, als die Meldung kam, hätten sie sich gefragt: „Was soll das denn jetzt?

Warsteiner Wochenmarkt läuft trotz der Reisewarnung

Drei Kilometer weiter, auf dem Marktplatz in Warstein ist Wochenmarkt. Alle Marktbeschicker sind da, trotz der Reisewarnung. Auf den ersten Blick sieht es wie immer aus: Kunden stehen an den Ständen, Kinder fahren Fahrrad, niemand trägt eine Mundschutzmaske. Doch die Gespräche drehen sich nur um eins: Die Warnung des Kreises. Herbert Sprenger steht am Kartoffelstand direkt vor der Stadtkirche, während er seine Kartoffeln bezahlt, regt er sich auf: „Wenn das so schlimm wäre, dann hätten sie das doch viel früher machen sollen. Ich habe jetzt keine Angst, was soll ich denn machen? Ich muss doch rausgehen und einkaufen.“

Der Warsteiner ärgert sich über die Informationen, die vom Kreis kommen: „Das muss was anderes sein als diese Anlage im Wästertal, das Ding ist doch schon seit Tagen abgeschaltet. Wieso finden die nichts? Die haben doch mittlerweile so viel Technik. Es kann doch nicht sein, dass hier Mittwoch die Schulen starten und unsere Kinder dadurch geschickt werden. Ich wünsche mir endlich konkrete Hinweise!“

Auch für Marita Arle kommen die am Freitag geäußerten Empfehlungen des Kreises zu spät: „ Spätestens an dem Donnerstag, als es immer mehr Fälle mit Lungenentzündung wurden, hätte man diese Warnung rausgeben müssen, noch bevor die Montgolfiade überhaupt abgesagt wurde. Man spürt jetzt überall diese Unruhe. Woanders hätte man diese Warnung schon längst rausgegeben, der Kreis Soest macht hier etwas falsch! Das ist doch jetzt alles nur noch Taktik, diese Warnungen. Ich bin mir sicher, dass es mehr als eine Quelle gibt.“

Etwas einsam steht Ewald Arens an seinem Stand, der Mülheimer verkauft Honig auf dem Markt. Ihm sind vor allem fehlende Kunden aus Belecke aufgefallen: „Vielleicht trauen die sich wirklich nicht hierhin zu fahren. Bis zehn Uhr waren kaum Leute da.“ Er ist aus dem Möhnetal gekommen, trotz der Warnung. „Ich bin vergangene Woche nicht gekommen, weil mir das Ganze unheimlich war, da gab es ja schon so viele Fälle und man wusste nicht, wo und was es ist. Aber Freitagabend, als die Meldung kam, da hatte ich meinen Wagen schon vollgepackt, da habe ich gedacht: ‘Du fährst morgen, ganz egal, was die sagen.’Ich habe keine Angst, dass mir was passiert. Aber es muss doch jetzt langsam mal was gefunden werden. Für die Geschäftsleute ist das doch eine Katastrophe.“

Kritik am Krisenmanagement des Kreises Soest

Auch Marie-Luise Gödde gehört zu denen, die der Zeitpunkt der Warnung verunsichert hat: „Das beunruhigt einen doch jetzt. Wieso kommt diese Warnung so spät? Meine Tochter ist mit ihrer kleinen Tochter aus Braunschweig gekommen, trotz der Warnung. Man weiß es ja nicht. Freunde von uns wollten eigentlich zur Montgolfiade kommen, die kommen jetzt auch trotz der Absage und der Warnung.“ Verunsicherung und zunehmend lauter werdende Kritik am Krisenmanagement des Kreises Soest – die Warsteiner drängen auf Aufklärung.