Hagen. Familie Büttner aus Hagen möchte in den Sommerferien den ersten Urlaub seit zwei Jahren machen. In Spanien, seit Sonntag Risikogebiet.

Kristina Büttner weiß auch nicht so genau, was sie sagen soll, wenn ihre Töchter mal wieder fragen: „Wann fahren wir denn in den Urlaub?“ Jonna ist sechs, Yara ist zwölf. Die Mama würde gern sagen, dass es jetzt nicht mehr lang ist, dass sie bald in Spanien an der Costa Brava sein werden und in den Pool springen können. Gebucht ist das alles schon lange.

Aber sie weiß wegen der Infektionszahlen eben nicht, ob alles so kommen wird. „Für die Kinder täte es mir besonders leid. Sie mussten in den vergangenen Monaten am meisten zurückstecken. Das wäre das Schlimmste“, sagt Kristina Büttner.

Boom bei Urlaubsreisen

Wie der Hagenerin geht es Tausenden Menschen in ganz Deutschland. Reiseanbieter berichten seit Juni von einem regelrechten Boom bei Urlaubsreisen, die Buchungszahlen lagen bisweilen auf und sogar über denen des Vergleichszeitraums 2019, als eine weltweite Pandemie nur eine Utopie aus beängstigenden Hollywoodfilmen war. Alle wollen weg, was anderes sehen. Besonders beliebt bei Flugreisen: Mittelmeer, Spanien.

Sonne.

Sommer.

Strand.

Hochrisikogebiet?

Spanien wieder als Risikogebiet eingestuft

Ein Auge hat Kristina Büttner derzeit immer auf die Zahlen in Spanien. Sie weiß, dass sie ansteigen, dass die Bundesregierung am Sonntag das Land wieder als Risikogebiet eingestuft hat. „Diese Unsicherheit trübt die Vorfreude auf den Urlaub natürlich. Wer braucht wann einen Test? Wie läuft das am Flughafen? Brauche ich besondere Formulare?“ Niemand hat sie gezwungen, diesen Urlaub zu buchen, das weiß sie. Aber er täte ihr und den Kindern doch so gut.

Die sechsjährige Joanna kommt nach den Sommerferien in die Schule.
Die sechsjährige Joanna kommt nach den Sommerferien in die Schule. © FUNKE Foto Services | Ralf Rottmann

Kristina Büttner hat extra keine Pauschalreise gebucht, sondern ein Ferienhaus, damit ihre Reisegruppe – abgesehen vom Flug – nicht zu vielen Kontakten ausgesetzt ist. Ihre Eltern kommen mit nach Spanien. „Wir werden dort leben, wie hier auch: Ausflüge werden wir keine machen, nur mal einkaufen gehen“, sagt sie.

Die Erwachsenen sind durchgeimpft. Trotzdem ist der Urlaub und dessen Planung längst zum Nervenspiel geworden. Sie versucht, sich nicht zu sehr verrückt zu machen: „Hauptsache wir können hin.“ Angst hat sie keine. Andererseits: „Wir wollen und werden kein Risiko eingehen.“

Der erste Urlaub seit zwei Jahren

Es wäre der erste Urlaub seit zwei Jahren für die alleinerziehende Mutter und ihre Kinder. Sie arbeitet Vollzeit als Tagesmutter in der Großtagespflege. Die Zwölfjährige, sagt sie, sei in den zurückliegenden Monaten viel auf sich gestellt gewesen und habe das alles so toll gemacht. „Die Kinder waren ja die Leidtragenden der Pandemie“, sagt sie.

Die Kleine ging bis zu dem Beginn der Sommerferien in den Kindergarten und kommt jetzt in die Schule. Doch das birgt das nächste Problem: Die Frage nämlich ist ja nicht nur, wie man an den Urlaubsort gelangt und wie die Verhältnisse dort sind, sondern unter welchen Bedingungen man auch wieder zurückkehrt.

Spielregeln können sich wieder ändern

Denn sollte Spanien vom Risikogebiet zum Hochinzidenzgebiet oder sogar zum Virusvariantengebiet erklärt werden, dann ändern sich die Spielregeln wieder. Stand jetzt muss die Familie eine digitale Einreiseanmeldung vornehmen und kann die nachfolgende Quarantäne mit einem negativen Test bzw. einem Impfnachweis vorzeitig beenden. Bei Rückreise aus einem Hochinzidenzgebiet müsste die Familie in eine zehntägige Quarantäne gehen, die aber nach fünf Tagen mit einem negativen Corona-Test vorzeitig beendet werden könnte.

Abseits jener schon ausreichend wichtigen Abwägungen ist all das auch noch eine Frage des Geldes. Denn der Reisepreis ist bereits vollständig beglichen. Eine Rückerstattung wird nur dann möglich, wenn das Auswärtige Amt eine offizielle Reisewarnung für Spanien ausspricht und nicht wie bislang einen Hinweis darauf, dass von nicht notwendigen Reisen abgeraten wird.

Der Familienrat könnte einberufen werden

Was dann passiert? „Dann wird der Familienrat noch einmal tagen müssen, um zu entscheiden, was wir tun“, sagt Kristina Büttner. Die Kinder werden dabei sicher auch ihre Meinung sagen dürfen. Zumindest die Große weiß nach anderthalb Jahren Pandemie: „Du kannst ja nichts dafür, Mama.“

Hintergrund

Drei Kategorien:

Hochinzidenzgebiete haben besonders hohe Fallzahlen. Dazu zählen in der Regel Länder mit einem Inzidenzwert über 200 (mehr als 200 Neuinfizierte pro 100.000 Einwohner in den letzten sieben Tagen). Reiserückkehrer müssen einen Test haben, der nicht älter als 48 Stunden ist. Wer nicht geimpft oder genesen ist, muss für fünf bis zehn Tage in Quarantäne – auch wenn ein negativer Test vorliegt.

Virusvarianten-Gebiete sind Gebiete, in denen sich hochansteckende Varianten des Coronavirus stark ausbreiten. Reiserückkehrer müssen bei der Einreise einen Test haben (nicht älter als 48 Stunden). Nach einem Aufenthalt dauert die Quarantäne 14 Tage – vorzeitige Beendigung nicht möglich.

Normale Risikogebiete sind Länder oder Regionen mit einem Inzidenzwert von mehr als 50 Neuinfektionen auf 100.000 Einwohner in den letzten sieben Tagen. Reiserückkehrer müssen sich spätestens 48 Stunden nach Einreise auf Corona testen lassen und in häusliche Quarantäne. Diese kann beendet werden, wenn ein negativer Test, ein Genesenen- oder Impfnachweis vorgelegt wird.

Infos zu Einreisebeschrän-kungen, Test- und Quarantäne­pflicht in Deutschland: rki.de und auswaertiges-amt.de