Brilon/Hagen. Wahl-Analyse: Warum Merz wohl kaum Minister wird, wo die Grünen schwächeln und in welchen Kreisen es nun mehr Abgeordnete geben wird.

Auch wenn er sich noch nicht in die Karten schauen lässt: So hatte sich Friedrich Merz seine Rückkehr in den Deutschen Bundestag sicher nicht vorgestellt. Das CDU-Bundesergebnis zwar klar getoppt, aber den eigenen Ansprüchen mit 40,4 Prozent nicht gerecht geworden. Mehr als 45 Prozent hätten es schon werden dürfen, so war das prominente CDU-Aushängeschild aus dem Sauerland angetreten. Im Weg standen ihm der allgemeine Trend und ein starker SPD-Kontrahent Dirk Wiese, der als bodenständiger Klinkenputzer Stimmen sammelte – und das auch im bürgerlichen Milieu sowie bei Erstwählern.

Wäre in einem Jamaika-Kabinett überhaupt Platz für Merz?

Das historisch schwache Ergebnis der Union dürfte die bundespolitischen Karriere-Ambitionen von Friedrich Merz deutlich bremsen. Dass er gerne Minister werden möchte, am besten im Ressort Wirtschaft, hat der Arnsberger nie verhehlt. Allerdings dürfte die Union mit 24 Prozent und zwei Juniorpartnern, die zusammen größer sind, nun deutlich weniger Posten zugesprochen bekommen als erhofft, zumal auch die CSU bedient werden möchte, sollte sie überhaupt die Regierung bilden. Zudem ist Merz ein Mann, und in einer Koalition mit FDP und Grünen sollte sicher nicht die Ökopartei allein die Frauen stellen.

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Auch der Regionalproporz spricht gegen Merz: Viele, wohl zu viele Christdemokraten aus NRW beanspruchen in Berlin eine wichtige Rolle. Merz ist nicht Mitglied des CDU-Präsidiums; das koppelt ihn von Netzwerken ab. Fraktionsvorsitzender wird er nicht: Da steht Amtsinhaber Ralph Brinkhaus gegen – und wohl auch die Fraktion. Die CDU muss sich nach der deftigen Wahlschlappe erneuern, viele sagen sogar: verjüngen. Merz ist 65...

Warum Merz-Vorgänger Sensburg vorerst im Parlament bleibt

Übrigens: Sein Vorgänger und Nachfolger als MdB, Patrick Sensburg, darf bekanntermaßen nicht mehr im Bundestag Platz nehmen, wird aber erst einmal trotzdem dem Hohen Haus verbunden bleiben. Er ist nämlich Mitglied im Parlamentarischen Kontrollgremium, das unter anderem die Geheimdienste kontrolliert. Um die Kontinuität zu wahren, bleiben die Mitglieder dort im Amt, bis sich das neue Gremium konstituiert hat. Und das kann dauern.

Die Besonderheiten bei der Wahl in Südwestfalen

Welche Besonderheiten gibt es sonst in Südwestfalen? Die SPD hat in ganz NRW den stärksten Zweitstimmen-Zuwachs im Hochsauerlandkreis mit 5,9 Prozentpunkten mehr im Vergleich zur Wahl 2017 erzielen können. Die Grünen hingegen haben überall in NRW zum Teil kräftig zugelegt, die geringsten Zuwächse gab es aber in zwei Südwestfalen-Wahlkreisen: Hochsauerlandkreis (+5,2) und Olpe/Märkischer Kreis (+5,4). Die AfD wiederum, die überall in NRW verloren hat, war in diesen beiden Wahlkreise mit einem Minus von jeweils 0,6 Prozentpunkten am stabilsten.

Freuen können sich zwei CDU-Männer in Südwestfalen, die ihre SPD-Gegenkandidatinnen schlagen konnten, obwohl die Sozialdemokraten bei den Zweitstimmen vorne lagen: Volkmar Klein in Siegen-Wittgenstein schaffte das mit 33,6 Prozent der Erststimmen, obwohl seine CDU nur 26,2 % (SPD: 31,3 %) holte. Paul Ziemiak luchste gar der SPD im Märkischen Kreis das Direktmandat mit 33,6 % der Erststimmen ab, obwohl seine CDU nur 28,3 % erhielt (SPD: 29,6 %).

Diese Abgeordneten vertreten künftig die Region

Insgesamt wird die Region mehr Abgeordnete nach Berlin schicken – und seit langem sind auch wieder Grüne dabei. Der Überblick.

  • Siegen-Wittgenstein: Bislang gab es zwei Abgeordnete (CDU, Linke), jetzt werden es drei sein: Volkmar Klein (CDU) als Wahlkreis-Sieger sowie Luiza Licina-Bode (SPD) und Laura Kraft (Grüne) über die Reservelisten der Parteien.
  • Olpe/Märkischer Kreis I: Es bleibt bei drei Abgeordneten: Florian Müller (CDU) ist neu und gewinnt den Wahlkreis direkt, Nezahat Baradari (SPD) und Johannes Vogel (FDP) ziehen über die Liste ein.
  • Hochsauerlandkreis: Es bleibt bei drei Abgeordneten, neben Wahlkreis-Sieger Friedrich Merz (CDU) ziehen Dirk Wiese (SPD) und Julius Cronenberg (FDP) über die Liste ein.
  • Hagen/Ennepe-Ruhr I: Bislang gab es zwei Abgeordnete (SPD/FDP), künftig werden es drei sein. Neben Wahlkreis-Sieger Timo Schisanowski (SPD) kommen über die Liste Katrin Helling-Plahr (FDP) und Janosch Dahmen (Grüne).
  • Ennepe-Ruhr-Kreis II: Nur Wahlkreis-Sieger Axel Echeverria zieht in den Bundestag ein.
  • Unna I: Neben Wahlkreis-Sieger Oliver Kaczmarek (SPD) kommen Hubert Hüppe (CDU) und Michael Sander (Grüne) in den Bundestag.
  • Dortmund: Neben den Wahlkreissiegern Sabine Poschmann und Jens Peick (SPD) vertritt Marcus Kurth (Grüne) die Westfalen-Metropole im Bundestag.