Hagen/Volkmarsen. „Das waren schreckliche Bilder.“ Elmar Schulten ist Reporter in Volkmarsen. Kurz nachdem ein Auto in einen Karnevalszug fuhr, war er vor Ort.

Seit 35 Jahren ist Elmar Schulten Lokalredakteur. Für die Waldeckische Landeszeitung hat er schon viele Male den großen Karnevalsumzug in Volkmarsen fotografiert und über die ausgelassene Stimmung berichtet. Das war auch in diesem Jahr so. „Ich hatte selten so viele schöne Wagen gesehen. Am Rathaus war der Festzug schon vorbeigezogen, ich war auf dem Rückweg. Da rief mich meine Tochter an: ‘Papa, hier ist was passiert, du musst sofort zurückkommen.’“

Das, was dort in dem 7000-Einwohner-Städtchen in Nordhessen, knapp 30 Kilometer hinter der Landesgrenze zu Nordrhein-Westfalen, geschehen ist, bewegt nun ganz Deutschland. Ein 29-Jähriger ist offensichtlich mit Absicht in die Zuschauermenge am Rande der Straße gefahren. Unter den 52 Verletzten sind 18 Kinder. Insgesamt befanden sich nach der Fahrt eines Autos in eine Menschenmenge noch 35 Menschen in stationärer Behandlung im Krankenhaus, wie die Polizei in Kassel am Dienstagmorgen mitteilte. 17 weitere Menschen wurden demnach ambulant behandelt und konnten das Krankenhaus verlassen.

Augenzeuge in Volkmarsen: „Das waren schreckliche Bilder“

„Ich bin dann sofort zurückgelaufen, da kamen mir schon die ersten Menschen entgegen“, erinnert sich Elmar Schulten an die Minuten direkt nach der Tat. Auch Kinder hätten mit ihren Eltern am Straßenrand gesessen, teils blutend. „Das waren schreckliche Bilder.“

Elmar Schulten, Reporter der Waldeckischen Landeszeitung, berichtet vom Anschlag auf den Rosenmontagszug in Volkmarsen.
Elmar Schulten, Reporter der Waldeckischen Landeszeitung, berichtet vom Anschlag auf den Rosenmontagszug in Volkmarsen. © Waldeckische Landeszeitung | Waldeckische Landeszeitung


Trotz der Dramatik dieser Minuten hätten sich die Menschen sehr besonnen verhalten, so Elmar Schulten: „Da war keine Panik. Alle waren sehr gefasst, haben sich sehr vernünftig verhalten. Die Festzugssteilnehmer haben sofort die Straße geräumt, damit die Rettungskräfte Platz hatten. Und Passanten haben sich um die Verletzten gekümmert. Der Unglücksort liegt direkt an einer Apotheke. Von dort wurde Verbandsmaterial geholt. Ich muss sagen: Die Menschen haben sich hier wirklich richtig verhalten.“

900 bis 1000 Teilnehmer hat der Karnevalsumzug jedes Jahr. „Ich schätze, dass noch einmal 5000 Menschen als Zuschauer am Straßenrand standen“, sagt Elmar Schulten. „Das ist hier immer eine große Sache.“

Neben dem Bürgermeister waren auch viele Feuerwehrleute Teilnehmer an dem Karnevalsumzug. „Da sind viele zu der Unglücksstelle gekommen, haben sich von den Kameraden eine Jacke geben lassen und dann sofort mitgeholfen“, sagt Elmar Schulten. Immer mehr Rettungskräfte seien gekommen. Zunächst aus dem Kreis Waldeck-Frankenberg, dann aber auch aus Kassel, Höxter und dem Hochsauerlandkreis.

Verdächtiger soll gezielt in die Zuschauer gefahren sein

Der 29-Jährige, der dieses Unglück ganz offensichtlich zu verantworten hat, kommt aus Volkmarsen. Am frühen Abend durchsuchten Spezialeinsatzkräfte der Polizei seine Wohnung. Sein Name machte am Montag dann auch schnell die Runde in der Stadt. Doch viel weiß man trotzdem nicht über ihn. „Niemand, mit dem ich gesprochen hab, kennt ihn“, sagt Elmar Schulten.

Nach ersten Erkenntnissen hatte er wohl noch an einer Schranke gewartet, als diese hochging, soll er sich an zwei Polizeiautos vorbei geschlängelt haben. „Augenzeuge wollen gesehen haben, dass er dann gezielt auf die Zuschauer losgefahren ist“, sagt der erfahrene Lokalredakteur.

Reporter: Betonpoller sind nicht übertrieben

Elmar Schulten tat direkt nach der Tat das, was ein Reporter tut: fotografieren, recherchieren, schreiben. Aber auch für ihn war es ein einschneidendes Erlebnis: „Wir haben hier in der Nähe den Viehmarkt in Bad Arolsen. Da gibt es jetzt auch diese Betonpoller, aus Sicherheitsgründen. Ich habe mich noch gefragt, ob das nicht alles übertrieben ist. Jetzt weiß ich: Das ist es nicht.“

Am Rosenmontag hätten die Menschen in Volkmarsen eigentlich in der Nordhessenhalle am Abend weiter Karneval feiern wollen. Doch die wurde zum Hauptquartier für die vielen Polizeikräfte, die nun die Umstände dieser Tat untersuchen müssen.