Hagen/Sauerland/Siegen-Wittgenstein. Viele Geschäfte dürfen nach dem Corona-Lockdown wieder öffnen: Wie es am ersten Tag in den Innenstädten lief und was die Menschen sagen.

Es kommt wieder Leben in die Geschäftswelt in der Region. Ob im Sauerland, in der Großstadt Hagen oder in Siegen-Wittgenstein und dem Ennepe-Ruhr-Kreis: Alle Geschäfte, die nicht größer als 800 Quadratmeter sind, dürfen wieder öffnen. Wochenlang mussten sie in der Corona-Krise ihre Türen geschlossen halten. Doch wird das Angebot auch genutzt? Erste Einschätzungen aus der Region.

„Es rechnet niemand mit dem großen Ansturm auf die Geschäfte“, sagt Karina Brühmann vom Einzelhandelsverband Südwestfalen. Die Ladeninhaber wüssten, was sie zu tun hätten, welche Abstände einzuhalten seien. Die Vorgaben seien gut kommuniziert worden. „Sie haben ihre Beschäftigten mit Mundschutz ausgerüstet und achten darauf, dass nur wenige Kunden gleichzeitig im Geschäft sind.“ Viele würden auch darauf verzichten, das gesamte Sortiment zu präsentieren, um ausreichend Platz in den Ladenlokalen zu schaffen.

Beispiel Brilon: In der Briloner Einkaufszone ist es so voll, wie es die Einzelhändler vor dem Coronavirus an einem sonnigen Montagmittag kennen. „Heute waren ganz normal Kunden bei uns, wie wir es gewohnt sind“, sagt Maria Spranck von der Buchhandlung Podszun. In Zweiergrüppchen schlendern die Menschen durch die Straße. Manchmal stehen auch drei oder vier auf einem Fleck. Kaum jemand trägt eine Maske. Auf dem Marktplatz steht ein leerer Polizeiwagen, die Beamten scheinen auf Streife zu sein. Das Ordnungsamt verteilt Abstands-Schilder an die Geschäfte. „Bis jetzt läuft es ganz gut“, sagt Florian Hohmann vom Ordnungsamt. „Die Menschen sind entspannt, Verstöße in Geschäften haben wir bisher keine festgestellt.“

Beispiel Arnsberg-Neheim: Es herrscht wieder normale Kundenfrequenz in der Einkaufsstadt Neheim, wie man sie für einen Montagnachmittag kennt. Wer wieder öffnen durfte – und das sind etwa 90 Prozent der Läden – hat auch wieder geöffnet. Geschlossen sind in Neheim die H&M-Filiale, Zebra 21, Berlet sowie in Hüsten das Modezentrum Kress sowie in Alt-Arnsberg das Modehaus Cruse. Diese Geschäfte haben mehr als 800 Quadratmeter Verkaufsfläche.

Auch interessant

Beispiel Wetter/Herdecke: Bettina Reichel, Vorsitzende der Herdecker Werbegemeinschaft und Inhaberin von vier Geschäften, resümiert: „Ein Massenandrang ist das hier nicht. Aber man merkt: Die Leute haben wieder Lust, etwas zu kaufen.“„Es ist sehr übersichtlich. Mehr als vier Kunden waren nicht auf einmal hier“, so Ulrike Wittwer, Mode-Verkäuferin aus Wetter.

Beispiel Olpe: In der Stadt Olpe sind die Gehwege im Zentrum wieder gut gefüllt. Vereinzelt sind Menschen mit Schutzmasken und Einweghandschuhen zu sehen. Eine davon ist Ines Lind. Die 54-jährige Attendornerin sucht heute ein Hundebettchen für ihren Chihuahua. „Ich habe schon etwas mit mir gerungen, heute einkaufen zu gehen“, erzählt sie. „Mein Mann hatte einen Unfall und musste an der Lunge operiert werden. Da bin ich sehr vorsichtig.“ Einige Einzelhändler berichten von einem regen Andrang. So auch Georg Spielmann, Inhaber der Dreimann-Bücherei in Olpe. In der Bücherei sind Abstandhalter aufgebaut, Laufwege aufgeklebt, Schilder bitten die Menschen darum, Abstand zu halten und sich die Hände zu desinfizieren. „Wir hatten schon einige Kunden“, erzählt Spielmann. „Aber auch unser Onlineshop und unser Lieferservice werden gut genutzt, wofür wir sehr dankbar sind.“

Beispiel EN-Kreis: Ob Schwelm, Ennepetal oder Gevelsberg – in allen drei Städten gibt es bislang ein zaghaftes Erwachen, die Leute benehmen sich, das Ordnungsamt musste noch nicht einschreiten.

Beispiel Balve: Die Hauptstraße ist Balves Einzelhandelsmeile, doch Kundschaft war gegen 14.30 Uhr kaum zu sehen. Der Autoverkehr war übersichtlich. Das deckt sich mit Händler-Gesprächen – ganz gleich ob Boutique, Blumenladen, Schuhgeschäft oder Spielwaren-Shop. Immerhin sagen die Händler unisono: „Wir haben treue Kunden. Es hätte noch schlimmer kommen können.“

 Die Mescheder Fußgängerzone am Montag um 15 Uhr. Es sind deutlich mehr Menschen unterwegs als bisher, doch in den Geschäften ist es weiterhin leer.
 Die Mescheder Fußgängerzone am Montag um 15 Uhr. Es sind deutlich mehr Menschen unterwegs als bisher, doch in den Geschäften ist es weiterhin leer. © Unbekannt | Ute Tolksdorf

Beispiel Meschede: Die Mescheder Fußgängerzone am Montag um 15 Uhr. Es sind deutlich mehr Menschen unterwegs als bisher, doch in den Geschäften ist es weiterhin leer.

Beispiel Siegen: Die zwei großen Einkaufszentren, City Galerie und Siegerlandzentrum, haben geöffnet, die Zahl der Besucher hält sich aber in Grenzen. Menschen kaufen sich eher Essen „to go“. Das Siegerlandzentrum kontrolliert den Kundenstrom, indem sie Chips an den Eingängen verteilen und maximal 260 Kunden reinlassen. Die City-Galerie macht das nicht, hier sind die Läden selbst verantwortlich. In den Einkaufspassagen genießen Familien mit Kindern eher die Sonne, der klassische Einkaufsbummel bleibt aus.

Beispiel Wittgenstein: Auch in Wittgenstein (Bad Berleburg, Bad Laasphe, Erndtebrück) freuen sich Kunden wie auch Händler, dass die Geschäfte wieder offen sind. So sind am Vormittag in mehreren Läden erste Kunden unterwegs – mit Abstand. Vor den Geschäften weisen Schilder noch einmal daraufhin – zudem gibt es in den meisten Läden Desinfektionsmittel im Eingangsbereich und Plexiglasscheiben im Kassenbereich. Endlich wieder einkaufen – für viele Händler und Kunden ein Grund zum Aufatmen. „Das gibt einem ein Stück weit Normalität zurück“, sagt Sylvia Dickel, als sie Montagvormittag in der Berleburger NKD-Filiale unterwegs ist. In der Buchhandlung Mankelmuth freut man sich ebenfalls, dass die Kunden den Laden wieder betreten dürfen. Nach und nach holen sie sich dort ihre bestellten Bücher ab – so auch in Bad Laasphe bei der Bücherei Blöcher. Inhaberin Kerstin Blöcher hat sogar provisorische Gesichtsmasken für ihre Kunden gebastelt.

Und was sagen die Menschen in der Region, also die potenziellen Kunden? Via Facebook haben wir gefragt. Hier eine Auswahl der Antworten:

Aus dem Bereiche Menden:

  • „Nur die ganz normalen Einkäufe, die wir vorher auch getätigt haben, erledigen wir jetzt. Man muss denke ich nicht drauf los stürzen.“ Dana Neitzke
  • „Ich war heute in der City. Habe auch was gekauft im Blumenladen. Aber was mir aufgefallen ist: Die Kunden tragen nicht alle Maske oder ein Tuch vor Nase und Mund. Sollten die Verkäufer/rinnen vielleicht noch mal erinnern. Bea Heidenreich

Aus dem Bereich Arnsberg:

  • „Mit den Kindern möchte ich, wenn nicht zwingend nötig, auch nicht in die Geschäfte gehen. Da bleiben wir erst mal dabei, dass immer nur einer aus der Familie einkaufen geht.“ Imran Sönmez

Aus dem Ennepe-Ruhr-Kreis

  • „Ich habe Lebensmittel - das mit dem Shoppen gehen brauche ich nicht wirklich. Für mich eine der positiven Erfahrungen der letzten Wochen. Ich hoffe auch, dass die Lockerungen nicht zu früh sind und wir wieder zurückgeworfen werden, weil zu Viele rumlaufen. Für die Unternehmen freut mich natürlich, dass sie wieder verkaufen dürfen.“ Regina Goertz (Wuppertal)
  • „Es kehrt ein bisschen Normalität wieder ein. Und mit den kleinen Beschränkungen, wie: pro Person ein Einkaufswagen/Korb und Abstand halten, kann ich gut mit leben. Das hebt doch ein wenig die Stimmung. Andrea Schröder
  • „Garantiert gehe ich nicht shoppen. Ich finde es viel zu früh und halte mich weiterhin zurück. Nur zum schnellen Lebensmittel-Einkauf ‘raus, dann wieder nach Hause. Die Öffnung wird zu viele Menschen auf die Straße locken - zudem bei diesem schönen Wetter - die Fußgängerzone ist wieder voll und viele Leute werden keine Disziplin zeigen, man sah es schon in den letzten Tagen in den sozialen Medien, wie viele die Beschränkungen für Unsinn halten. Nein, Danke - nicht mit mir. Ich möchte auf keinem Fall den Virus einfangen. Bei meinen Vorerkrankungen hätte ich keine Chance. Monika Schwarz (Ennepetal)

Aus dem Altkreis Brilon:

  • „Ich war in der Mittagspause in meiner kleinen Lieblingsboutique und habe mir ein Frühlings T-Shirt gegönnt! Der Abstand war gewahrt, Desinfektionsmittel steht bereit und wurde benutzt und das Wichtigste: ein paar liebe nette Worte und Einnahmen für die Besitzerin, damit das Lädchen überleben kann.“ Sabine Schriek
  • „Wer ohne Grund in die Geschäfte geht, nur um sich die Langeweile zu vertreiben, handelt sehr verantwortungslos. Gefährdet sich und andere.“ Sven Müller aus Nuttlar
  • „Heute morgen in Brilon. Kaum ein Parkplatz an den Arkaden frei, Mütter die mit ihren Kindern shoppen gehen. Selten schützt sich jemand oder andere mit Mundschutz oder Abstand. Hoffentlich sind in 14 Tagen nicht wieder alle Läden zu, bei so einem Verhalten. Traurig. Sabrina Niggemann
  • „Man sollte es nicht übertreiben mit der Einkauferei, die Gefahr ist immer noch groß, daher auch immer noch die Kontaktsperre. Monika Schmidt
  • „Natürlich ist es es wichtig, den Einzelhandel nun zu unterstützen, da andernfalls der ein oder andere Laden auch ohne Lockdown in Kürze wieder seine Pforten schließen muss, aber man kann ja man kann ja nicht mal zwischendurch irgendwo gemütlich einen Kaffee trinken.“ Steve Brenke

Aus dem Bereich Hagen:

  • „Ich musste heute leider in die Stadt. Musste erstens zum Arzt und zweitens brauchte mein Sohn ganz dringend neue Schuhe. Bin nur schnell nach Deichmann, die erstbesten Schuhe genommen und wieder raus. Die Stadt war einfach so voll, es gibt gar nicht die Möglichkeit Abstand zu halten.“ Nadine Mendes Fernandes
  • „Nein, ich gehe auf keinen Fall, werde das so weiter durchziehen und zuhause bleiben. Bringt doch nichts und in zwei Wochen haben wir den Salat. Die Infektionen gehen wieder hoch ohne Ende. Ich verzichte auf Shopping, Gesundheit geht vor! Kann auch noch warten. Kerstin Schaefer (Wetter)
  • „Die Dortmunder Innenstadt ist brechend voll. Überall Menschen die bummeln. Ich arbeite in der Innenstadt habe die letzten Wochen nicht annähernd soviel Menschen gesehen wie heute.“ Nicole Zier aus Hagen
  • „Jetzt In die Stadt fahren ? Damit die letzten vier Wochen „zuhause sitzen“ und mehr oder weniger Däumchen drehen für die Katz war? Nein! Definitiv nicht! Das schleudert doch alles wie ein Bumerang zurück und es fängt wieder von vorne an: Geschäfte werden wieder dicht gemacht, Ausgangsbeschränkungen sowie Kontaktverbote wieder erweitert. Und das alles nur, weil manche Menschen meinen, sie müssten dringend wieder Elektro, Deko oder Kleidung shoppe. Wenn ich von einigen hier lese, wie voll die Stadt gerade ist, schüttelt es mich. Bitte bleibt zuhause! Da hilft kein Mindestabstand.“ Annika Brauckmann
  • „Wir waren bei kik und da haben sich manche Leute nicht an Regeln gehalten. Die Frauen haben alles gegeben und gesagt: "Bitte jeder ein Korb nehmen und Hände desinfizieren". Aber viele haben es gar nicht gemacht.“ Britta Messing

Aus dem Bereich Olpe

  • „Ich gehen nicht zum Zeitvertreib und mit Abstand einkaufen! Es werden nur notwendige Einkäufe erledigt. Allerdings habe ich mit einigem gewartet, bis der örtliche Einzelhandel wieder öffnet und mein Geld nicht Amazon hinterher geworfen.“ Klaus Clausen
  • „Nein das kann alles noch warten. Friseur und Fußpflege wieder zu öffnen wäre aus meiner Sicht sinnvoller gewesen, da ich sowas notwendiger finde.“ Claudia Kessler

Aus dem Bereich Meschede

  • „Bei uns bleibt es erst mal so wie vorher. Ich hab kein Bedürfnis zum Shoppen. Wenn das alle machen, gibt es in 14 Tagen das böse Erwachen und alles fängt von vorne an.“ Angelika Hanfland (Eversberg)
  • „Ich bleibe zu Hause, wie bisher. Habe überhaupt kein Interesse daran, shoppen zu gehen solange es noch Infizierte gibt.“ Heike Dudas