Hagen/Sauerland. Die AfD schwächelt bei der Kommunalwahl, auch die Grünen haben „weiße Flecken“. Woran das liegt und warum es Bürgermeister mit Job-Garantie gibt.
Eine Stadt, in der die SPD den Status einer Splitterpartei hat und es nur schafft, einen Bruchteil der Wahlkreise zu besetzen. Eine Handvoll Kommunen, in denen der Bürgermeister quasi schon vor der Wahl feststeht. Und viele, viele weiße Flecken für die AfD. Wenn man auf Südwestfalen schaut, dann gibt es viele Besonderheiten zur Kommunalwahl am 13. September. Wir zeigen sie auf.
Der Konkurrenzlose
Thomas Grosche zeigt sich zuversichtlich, aber keineswegs triumphierend. Dabei ist eigentlich schon so gut wie klar, dass er der Bürgermeister der 8000-Einwohnerstadt Medebach im Hochsauerlandkreis bleibt. Denn der 48-jährige CDU-Politiker hat keinen Gegenkandidaten. „Die anderen Fraktionen haben sich wohl gedacht: Den kann man doch einigermaßen gebrauchen“, sagt der verheiratete Vater von vier Kindern. Das freut ihn, die Situation macht ihn aber auch durchaus nachdenklich: „Wählen hat ja etwas mit Auswahl zu tun. Und natürlich weiß ich, dass es Menschen hier bei uns in Medebach gibt, die gern eine Auswahl hätten. Aber ich kann mir ja keinen Gegenkandidaten backen.“
Thomas Grosche weiß durchaus, was Wahlkampf ist: 2009 hatte er noch einen Gegenkandidaten, der als Unabhängiger angetreten war: „Das war relativ knapp, ich hatte am Ende rund 54 Prozent“, sagt der CDU-Mann. 2014 hatte er bei der ersten Wiederwahl dann schon keinen Gegenkandidaten mehr – und er fuhr 94,7 Prozent Zustimmung ein. Ein Rekordwert für Nordrhein-Westfalen. Wird es diesmal wieder so viel? „Nein, das glaube ich nicht“, sagt der gelernte Diplom-Verwaltungswirt. „Wenn man Entscheidungen treffen muss, dann gefallen die nicht immer allen.“
Aber auf ein hohes Maß an Zustimmung – der Wähler kann Ja oder Nein auf dem Wahlzettel ankreuzen – hofft er doch. Und er macht auch Wahlkampf. „Aber nicht mit einer eigenen Homepage oder eigenem Flyer. Sondern gemeinsam mit der CDU.“
Medebach ist übrigens kein Einzelfall: Auch in Breckerfeld (Ennepe-Ruhr-Kreis), Drolshagen (Kreis Olpe) und Neunkirchen (Kreis Siegen-Wittgenstein) haben die Amtsinhaber keine Gegenkandidaten.
Die SPD-Wüste
CDU und SPD treten flächendeckend an bei den Stadtratswahlen. Oder besser gesagt: Sie treten in allen Kommunen an. Denn auch tatsächlich alle Wahlbezirke besetzt zu haben, das kann (insgesamt 20.000 Kandidatinnen und Kandidaten ) nur die CDU NRW-weit für sich behaupten, nicht aber die SPD– und das liegt auch an Hallenberg im Hochsauerland. Eine absolute CDU-Hochburg, für die SPD dagegen eher eine Wüste, sie stellt auch aktuell nur zwei Ratsmitglieder. Aber bei der kommenden Wahl dürfte es schwierig werden, selbst das zu erreichen, denn die Partei tritt überhaupt nur in drei von zehn Wahlbezirken mit Kandidaten an. Dabei hat man sich bis zuletzt bemüht, in einem öffentlichen Aufruf auch Parteilose zu animieren, für die Sozialdemokraten anzutreten, um „eine Gegenseite zur allein regierenden CDU zu stellen“. Doch vergeblich.
„Hallenberg ist aber tatsächlich ein spezieller Fall“, sagt Dirk Wiese, Bundestagsabgeordneter und Vorsitzender des SPD-Unterbezirks Hochsauerlandkreis. „Überall anders treten wir an, meist auch mit Bürgermeisterkandidaten. Ich glaube auch, dass wir die Chance haben, noch mehr Rathäuser zu erobern.“
Die weißen Grünen-Löcher
Sie wird als die neue Volkspartei neben der CDU gehandelt. Über Kanzlerkandidaten der Grünen wird viel diskutiert. Aber die Öko-Partei schafft es bislang noch nicht, in allen Kommunen anzutreten, vor allem nicht in Südwestfalen: 396 Städte und Gemeinden gibt es in Nordrhein-Westfalen, in 18 davon wird es keinen grünen Kandidaten geben. Und exakt die Hälfte davon liegt in den Kreisen Olpe, Soest und Siegen-Wittgenstein sowie dem Märkischen Kreis und dem Hochsauerlandkreis.
Doch man habe im Vergleich zu den Kommunalwahlen 2014 deutlich an Präsenz zugelegt, so die Grünen-Landesvorsitzende Mona Neubaur: „In den letzten Monaten sind mit Bestwig und Brilon auch im Sauerland neue Ortsverbände hinzugekommen. Die Zahl der Mitglieder ist in Südwestfalen zuletzt stark gestiegen. In nur einem Jahr im Kreis Siegen-Wittgenstein um über 11, im Kreis Olpe um über 42 und im HSK sogar um über 53 Prozent.“
Die AfD ohne Präsenz
Es war ein Durchmarsch: In alle Landtage und auch in den Bundestag ist die Alternative für Deutschland (AfD) eingezogen. Doch in den Stadträten der Region wird dieser Durchmarsch versanden. Hier tritt die Partei nur in einem knappen Dutzend Kommunen überhaupt an. Im Kreis Olpe werden die Rechtspopulisten bei keiner Stadtratswahl auf dem Wahlzettel stehen, im Hochsauerlandkreis nur in Arnsberg. Und auch in anderen Kreisen gibt es nur vereinzelt Kandidaten.
Irmhild Boßdorf, die Sprecherin des AfD-Landesverbands verweist zwar darauf, dann man zumindest bei allen Kreistagswahlen in NRW antrete, darüber hinaus auch Landratsbewerber (etwa im Märkischen Kreis) und Bürgermeister-Kandidaten (etwa in Menden und Iserlohn) stelle. Aber letztlich seien nicht genug Leute bereit gewesen, für die AfD zu kandidieren. „Sie fürchten Nachteile im Beruf oder im sozialen Umfeld. Das ist nun mal so“, sagt Irmhild Boßdorf.
Der Streit um die Linken-Kandidatenliste
In wie vielen Städten der Region die Linke tatsächlich antreten wird, ist noch unklar. Denn im Hochsauerlandkreis gibt es derzeit einen heftigen Streit darüber, ob die Linke für die Stadtratswahl in Brilon antreten darf. Der dortige Wahlausschuss hat das abgelehnt, weil nach seiner Ansicht die Unterlagen von einem nicht dazu berechtigten Mitglied unterzeichnet wurden. Das könnte auch Folgen für andere Kommunen im Hochsauerlandkreis haben, weil es um den gesamten HSK-Kreisverband geht.
In Arnsberg und Olsberg ist der Wahlvorschlag der Linken durchgewunken worden. Ob das Bestand hat wird sich noch zeigen, das letzte Wort in der Sache, die inzwischen auch den Linken-Landesverband sehr beschäftigt, hat nächste Woche der Kreiswahlausschuss.
Das Sorgenkind der FDP
Die FDP, die in Umfragen derzeit bundesweit schwächelt, tritt in den Kreisen Siegen-Wittgenstein, Soest, Unna sowie in Hagen, dem Märkischen Kreis und dem Ennepe-Ruhr-Kreis flächendeckend zu den Stadtratswahlen an. Im Hochsauerlandkreis gibt es mit Bestwig und Marsberg nur zwei „weiße Flecken“, im Märkischen Kreis einen (Balve). Sorgenkind bleibt der Kreis Olpe, wo die FDP in fünf Kommunen (Drolshagen, Lennestadt, Finnentrop, Kirchhundem und Wenden) nicht antritt. NRW-FDP-Generalsekretär ist dennoch generell zufrieden: „Wir freuen uns, dass man in noch mehr Kommunen als bei der letzten Wahl die Freien Demokraten wählen kann.“