Hagen.. Reporter Daniel Berg möchte eine Pflanze adoptieren, schließlich landet eine Kiste Zitronen bei ihm. Damit fördert er Bauer Juan in Spanien.
Tja, das nachhaltige Internet. Darum soll es hier gehen. Steht seit Wochen fest. Es ist Ihnen klar, wie ich die Sache anfange, oder? Ich brauche ja erstmal ein paar Informationen. Wissenswertes. Einlesen in die Thematik. Ich bin ja kein Nachhaltigkeitsexperte, wie Sie mittlerweile wissen. Was mache ich also: Laptop auf, Internet an, bei Google Antworten suchen.
Ich ahne ja nicht einmal, dass das schon der erste „Fehler“ ist. Aber dazu etwas später mehr.
Pflanzen adoptieren
Erst einmal lande ich mit meiner Anfrage über Umwege in Spanien, unweit von Feldern und Plantagen. Dort in Valencia liegt der Ursprung von Crowdfarming. Die Brüder Gabriel und Gonzalo Úrculo entschieden sich dazu, die nach dem Tod ihres Großvaters verlassene und heruntergewirtschaftete Orangenplantage del Carmen im Jahr 2010 zu übernehmen. Sie überlegten, wie sie ihre Orangen am besten und direkt zu den Käufern bekämen. Natürlich: über das Internet. Es entstand ein Portal, auf dem ich Pflanzen adoptieren oder Früchte direkt vom Baum bestellen kann. Ende 2015 wurden die ersten Bäume adoptiert. Über 10.000 neue Pflanzungen wurden dank der Adoption von Menschen aus ganz Europa möglich. Mittlerweile wird die gesamte Orangenernte direkt vom Baum an die Endverbraucher verkauft und geschickt.
Orangen, Granatäpfel, Olivenöl
Das Angebot auf der Seite ist reichhaltig. Kaffee, Pistazien, Sommerblüten-Honig? Oder doch lieber Orangen, Granatäpfel, Olivenöl? Mangos fänd‘ ich toll, die mögen die Kinder auch gern. Draufgeklickt.
„Du kommst genau richtig. Adoptiere einen Mangobaum“, steht da.
Toll.
Lieferung allerdings erst im Oktober. Zu spät für mich, schließlich will ich heute darüber schreiben können.
Nächster Versuch: Zitronen. Draufgeklickt. Zu spät für eine Adoption, aber gerade rechtzeitig, um eine Kiste zu bestellen. Ernte läuft also gerade oder ist schon abgeschlossen.
Juan lächelt mich von der Internetseite aus an. So heißt der Landwirt, der die Früchte seit 1998 anbaut. Seine Plantage befindet sich nahe Almeria in Spanien. Drei Generationen seiner Familie helfen bei der Ernte. 27 Euro kosten sechs Kilogramm Zitronen – teure Sache! Der Kilopreis im Supermarkt derzeit: etwa 1,10 Euro – allerdings sind Juans Zitronen Bio-Ware: keine Pestizide, keine Herbizide, alles ökologisch. Heißt: die Schale kann bedenkenlos mitverwertet werden. Bestellt am 6. Juni, verladen am 10. Juni, erhalten am 14. Juni. Alles problemlos und einfach.
Süße, saure Freunde
Da liegen sie im Pappkarton meine süßen, sauren Freunde: gelb, saftig und auch noch ein paar Wochen haltbar. Eis haben wir daraus gemacht. Getränke gehen auch. Oder Marmelade. Ganz lecker.
Aber mal im Ernst: Es soll nachhaltiger sein, sich seine Früchte aus Spanien direkt zuschicken zu lassen, als die aus dem Supermarkt zu kaufen?
Ich frage Juan. „Dieses Projekt hat unser Leben sehr verändert, denn es erfordert großen Einsatz und viel Arbeit. Am Wochenende kommen wir jetzt als Familie zusammen, um mit der größtmöglichen Hingabe die Bestellungen zu organisieren und vorzubereiten“, lässt er mich wissen. „Wir sind sehr glücklich natürliche, biologische, frische und qualitativ hochwertige Früchte direkt an den Endkonsumenten schicken zu dürfen und eine biologische und umweltschonende Landwirtschaft fördern zu können.“
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Meine Zitronen sind mit dem Lkw geliefert worden. Einmal in der Woche werden die Früchte auf Juans Plantage abgeholt, um mehrere Bestellungen sammeln zu können und den Transport effizienter zu machen. „Es ist davon auszugehen, dass das Unternehmen allein schon aus ökonomischen Gründen den Transport so professionell betreibt, dass er auch ökologisch unbedenklich ist“, sagt Dr. Melanie Speck vom Wuppertal Institut, Expertin für nachhaltiges Produzieren und Konsumieren. „Und: Die Zitronen kommen doch sonst auch aus Spanien oder anderen südlichen Ländern. In diesem Fall wird der Einkauf auch um die soziale Komponente erweitert, dass sie genau wissen, von wo und von wem die Zitronen kommen.“ Der Kunde hat jederzeit die Möglichkeit, seinen Landwirt zu besuchen und sich seinen adoptierten Baum zeigen zu lassen.
Zwischenhändler umgangen
Weiterer Vorteile: Die lange Kette an Zwischenhändlern wird aufgebrochen und Landwirte haben frühzeitige Planungssicherheit. So soll der Verschwendung von Lebensmitteln vorgebeugt werden. Zudem wächst die Bindung an das Produkt.
Weiterer Vorteil für den Kunden: Die Früchte werden geerntet, wenn sie reif sind und kommen auf direktem Wege zum Käufer. Ein Qualitätsunterschied, den man schmeckt. „Mit einem solchen Einkauf haben sie aus nachhaltiger Sicht eigentlich alles richtig gemacht, weil sie einen Bauern direkt fördern. Das ist vergleichbar mit dem Gemüse vom Landwirt von nebenan“, sagt Frau Speck. Was im Internet übrigens auch geht: Kühe und Bienen adoptieren, um von deren Erzeugnissen zu profitieren. Können Sie ja mal googeln. Oder die Alternative ausprobieren.
Ökologische Schwester von Google
Denn der Marktführer versteht fraglos seinen Job und hat so ziemlich jede Information immer auf seinen Servern bereitliegen. Jede einzelne Suchanfrage kostet 0,3 Wattstunden. Nicht viel, aber bei rund einer Milliarde Abfragen täglich summiert sich der Strombedarf der Google-Datenzentren auf 260 Millionen Watt. Das entspricht dem Bedarf einer Großstadt mit 200.000 Einwohnern.
Was kaum jemand weiß – und ich erst seit kurzem: Google hat eine ökologische Schwester. Ihr Name: Ecosia. Eine Suchmaschine, die den allergrößten Teil ihres Gewinns für gemeinnützige Naturschutzorganisationen spendet. Derzeit werden mit dem Geld Bäume in Burkina Faso gepflanzt. Insgesamt – das verkündete Ecosia im Februar – habe das Unternehmen seit es vor zehn Jahren an den Start ging 50 Millionen Bäume aufgestellt. Die Ergebnisse liefert bing.com.
Gexsi ist auch eine Suchmaschine und sie funktioniert ähnlich. Die Einnahmen werden dort in nachhaltige Projekte wie solarbetriebene Wasseraufbereitung, Müllbeutel aus Müll und schwimmende Solaranlagen investiert.