Arnsberg. Seit Freitagnachmittag können Kleinunternehmen beim Land NRW Soforthilfen beantragen. Die Nachfrage bringt die Behörden-Server zum Vibrieren.
Düsseldorf/Arnsberg. Es geht für viele kleine Unternehmen um wenige Tage. Ihre Hoffnung: in der kommenden Woche Soforthilfen vom Staat zu bekommen. Rund 700 Freiwillige in den Bezirksregierungen in NRW bearbeiten dafür am Wochenende die Anträge, die seit Freitag digital gestellt werden können. „10 pro Sekunde“, ruft Ferdinand Aßhoff kurz nach der Freischaltung in den Raum. Aßhoff ist Abteilungsleiter in der Bezirksregierung Arnsberg, die federführend das Antragssystem entwickelt hat – unter Hochdruck.
Bis zu 900.000 Anträge erwartet
Innerhalb von vier Tagen hat das Hilfsprogramm Bundeskabinett, Bundestag und heute auch den Bundesrat passiert. Die obligatorische Bund-Länder-Abstimmung hat bis zum frühen Freitagnachmittag gedauert. Letzte Änderungen. Die Programmierer in Arnsberg bekommen noch einmal etwas zu tun. Gut eine Stunde später ist das in Arnsberg für ganz NRW entwickelte Antragsformular abrufbar. Nach einer Stunde zählt die Behörde bereits 5000 Anträge. Wir rechnen in Nordrhein-Westfalen mit rund 700.000, vielleicht sogar 900.000 Anträgen auf Soforthilfe, davon knapp 200.000 im Regierungsbezirk Arnsberg“, sagt Hans-Josef Vogel, Präsident der Bezirksregierung.
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Es geht darum, möglichst viele Unternehmen und damit Jobs zu retten. Es geht um Tage. Dieses Wochenende ist eine Nagelprobe. „Das Verfahren ist rein digital. Sonst könnten wir die nötige Geschwindigkeit gar nicht gewährleisten“, erklärt der Behördenchef.
Rund eine Woche alt sind die Überlegungen in NRW, wie die Soforthilfe am schnellsten und trotzdem weitgehend sicher vor Betrügern auf die Beine gestellt werden könnte. Landeswirtschaftsminister Andreas Pinkwart hat die Arnsberger um die Entwicklung gebeten. Vermutlich, weil dort bereits seit geraumer Zeit mit der Digitalisierung der Behörde experimentiert wird. Das Ziel: Das Verfahren so einfach wie möglich machen: „Es sollte kein Blatt Papier gewendet werden müssen“, so Abteilungsleiter Aßhoff.
Echtes Geld fließt wohl erst in einer Woche
Rund 150 Freiwillige allein aus seiner Behörde werden an diesem Wochenende also durcharbeiten, um möglichst vielen Betrieben so schnell wie möglich zu helfen. Die ersten werden Anfang der Woche zumindest jeweils ihren Bescheid in den Händen halten, um der Hausbank Liquidität über den nächsten „1.“ des Monats hinaus versichern zu können.
Bis zu 9000 Euro gibt es für Soloselbstständige und Kleinunternehmen mit bis zu fünf Beschäftigten. Nächste Stufe: bis zu zehn Beschäftigte bedeuten bis zu 15.000 Euro Bundesgelder. Das Land NRW stockt das Programm auf und stellt für Betriebe bis zu 50 Mitarbeiter maximal 25.000 Euro zur Verfügung. „Das Geld wird für die ersten frühestens Mittwoch, wahrscheinlich erst Ende kommender Woche auf dem Konto sein“, schränkt Vogel ein. NRW arbeitet mit der Hessischen Landesbank (Helaba) zusammen seit es die West-LB nicht mehr gibt. „Das Geld loszuwerden war das Schwierigste“, sagt Aßhoff. Dafür hat die Bezirksregierung mit den Kollegen aus Detmold und Münster kooperiert, die sich um die sensible Schnittstelle zu den Finanzinstituten gekümmert haben.
Das „Arnsberger Verfahren“
Im „Arnsberger Verfahren“ sind verschiedene Sicherheitsstufen eingebaut, um bei der Verteilung der für die Unternehmen existenziellen Gelder nicht an die Falschen auszuzahlen, also in dieser Notsituation als Staat übers Ohr gehauen zu werden. Kann sein, dass es versucht wird. Aber die Behörde ist zuversichtlich, dass es kaum gelingen dürfte. Sie funktioniert in dieser Krise. Die Motivation: extrem hoch. Der Stolz beim Regierungspräsident, kaum minder. „Für solche Ausnahmesituationen ist der öffentliche Dienst geschaffen worden“, erinnert Vogel. Davon, ob es funktioniere, hänge nicht weniger ab als die Demokratie. „Es geht nicht nur um die wirtschaftliche, sondern auch die soziale Existenz vieler Leute.“
Der Behördenchef hofft darauf, den in den vergangenen Tagen entwickelten Schwung in Richtung Digitalisierung der Verwaltung über die Krise in die Zukunft retten zu können. Seine Erkenntnis: „Wir können auch schnell.“ Und weniger bürokratisch. Gerne ausbaufähig, auch in besseren Zeiten.
Kammern beraten auch am Wochenende
Seit Freitag, 27. März, können Solo-Selbständige und Unternehmen mit bis zu 50 Mitarbeitern Zuschüsse ausschließlich über ein Online-Formular unter www.wirtschaft.nrw/nrw-soforthilfe-2020 beantragen.
Die Industrie- und Handelskammern sowie die Handwerkskammern bieten dazu telefonische Begleitung an. Die Hotlines sind zum Teil auch an diesem Wochenende geschaltet: Die SIHK-Krisenhotline ist unter 02331 390-333 am Samstag von 9 bis 15 Uhr erreichbar. Die IHK Arnsberg ist unter 02931 878 555 Samstag und Sonntag von 10 bis 15 Uhr erreichbar.